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In den Fußstapfen des Kaisers: Valentin Habsburg-Lothringen über Bad Ischl und seine Vergangenheit

Katharina Wimmer, 13.08.2024 18:00

BAD ISCHL. Rund um den 18. August – dem Geburtstag von Kaiser Franz Joseph I. – erlebt der Kaiser-Kult in Bad Ischl seinen Höhepunkt. Im Gespräch erzählt Valentin Habsburg-Lothringen, Ururenkel des Kaisers, von seiner Sicht auf die Geschichte und was er am Sisi-Hype befremdlich findet.

Valentin Habsburg-Lothringen mit seiner Frau Christina und einer ihrer drei Töchter. (Foto: B. Futter)
Valentin Habsburg-Lothringen mit seiner Frau Christina und einer ihrer drei Töchter. (Foto: B. Futter)

„Man kann sich nicht aussuchen, in welche Familie man geboren wird“, beschreibt Valentin Habsburg-Lothringen, Ururenkel von Kaiser Franz Joseph I., das Erbe seines Nachnamens und einer Familie, die wie keine andere die Geschichte Mitteleuropas mitgeprägt hat.  Habsburg-Lothringen lebt seit seiner Geburt in der Kaiservilla in Bad Ischl. Bereits als Kind habe er viel mitgeholfen, erzählt er. Besonders bei technischen Arbeiten, wie etwa Rasenmähen, der Telefonanlage und dem Computer. Heute lebt er mit seiner Frau und seinen drei Töchtern in den privaten Räumlichkeiten der Kaiservilla.

Im Feldbett des Kaisers schlafen

Trotz seines tiefen Bezugs zur Vergangenheit seiner Familie, vermeidet Habsburg-Lothringen sentimentale Verklärungen. Er beschreibt etwa das Schlafzimmer seines berühmten Vorfahren mit einer Mischung aus Respekt und Pragmatismus: „Im Schlafzimmer seiner Majestät lege ich mich nicht zu Bett. Franz Joseph war ja sehr spartanisch, er hat immer im Feldbett geschlafen - nicht ganz der Komfortstandard, den wir heute gewohnt sind“, lacht er. Er erzählt auch von den Umbauten, die Marie Valerie, die jüngste Tochter des Kaisers, nach der Geburt ihrer zehn Kinder vornahm, um mehr Platz zu schaffen. „Glücklicherweise sind einige Räume erhalten geblieben und heute zu besichtigen“, meint Habsburg-Lothringen.

Manifest „An meine Völker“ bereits 110 Jahre her

Vor 110 Jahren, am 28. Juli 1914, verfasste Kaiser Franz Joseph im Arbeitszimmer der Kaiservilla das Manifest „An meine Völker“, wodurch letztlich der erste Weltkrieg ausgelöst wurde. Im Gespräch reflektiert Habsburg-Lothringen dieses Ereignis samt dessen Folgen. Er glaube, dass es „für Franz Joseph damals nicht klar vorhersehbar war, welche Konsequenzen das mit sich zieht. Heute, im Nachhinein, ist es einfach, die Punkte auf der Karte zu verbinden und zu sagen, dieses hat zu jenem geführt.“

Geschichtliche Aufarbeitung für Habsburg-Lothringen wichtig

Anlässlich des Jahrestags fand eine Diskussion unter dem Titel „k.u.k. – Kritisch und Kontrovers“ in der Kaiservilla statt, bei der ein hochkarätiges Podium über die Folgen des Manifests diskutierte. Valentin selbst sieht sich als neutral in historischen Debatten: „Ich kenne die Tiefen der Quellen bei weitem nicht so gut wie die Historiker, höre aber sehr interessiert zu. Ich bin ein Freund der Wissenschaft und freue mich, wenn man sich damit auseinandersetzt.“ Er betont auch, dass eine fundierte geschichtliche Aufarbeitung wichtig sei – politisierte Interpretationen hingegen betrachte er kritisch.

Wichtige Erfindungen in der Herrschaft unter Kaiser Franz Joseph I.

Jede Zeit hat ihre positiven und negativen Seiten – so auch die Kaiserzeit. Habsburg-Lothringen reflektiert, dass unter der Zeit Kaiser Franz Josephs der Wohlstand in der Bevölkerung gestiegen sei. Es wurden wichtige Erfindungen wie etwa die Eisenbahn vorangetrieben. Bad Ischl trage noch heute die Handschrift des Kaisers, als Beispiel nennt er etwa Bauten wie den Bahnhof, das Postgebäude und die Stadtpfarrkirche. Freilich habe jede Epoche auch ihre Schattenseiten: „Viele Dinge sind mit dem heutigen Verständnis von Geschichte und Gesellschaft nicht mehr vereinbar“, erkennt er.

Nicht zu vergessen: Der Sisi-Hype um Kaiserin Elisabeth

Neben Kaiser Franz Joseph darf seine Frau Elisabeth „Sisi“ freilich nicht untergehen. Um das Leben der Kaiserin herrscht ein regelrechter Hype, man nehme etwa die Sisi-Filme, die seit Jahrzehnten erfolgreich im Fernsehen laufen. Dazu findet Habsburg-Lothringen vor allem das Gemälde, dass das mutmaßliche Hochzeitskleid der Kaiserin zeigt und derzeit in der Kaiservilla besichtigt werden kann, besonders interessant. „Der spannendste Aspekt dabei ist für mich die geschichtliche Aufarbeitung, wie der Maler zu dem Bild gekommen ist“, so Habsburg-Lothringen, denn „bei der Hochzeit selbst war ja nur der engste Familienkreis dabei“ – zumindest gebe es bisher keine Belege für das Gegenteil.

Der Personenkult um Sisi arte zum Teil etwas aus: Habsburg-Lothringen erzählt, dass es öfter vorkomme, dass sich Mädchen und Frauen „in Bekleidungen entsprechend der Zeit“ vor der Kaiservilla fotografieren und dass das „für mich als Familienmitglied etwas befremdlich ist“.

Kaiser wird zum Teil „marketingmäßig ausgeschlachtet“

Dass Bad Ischl die Kaiserzeit touristisch hochleben lässt, sieht Habsburg-Lothringen keineswegs als Nachteil, denn „am Ende des Tages ist der Tourismus der wesentlichste Wirtschaftszweig Bad Ischls“. Sehr wohl kritisch betrachtet er aber, dass in der Kaiserwoche Dinge „mit dem Kaiserlogo angestrichen werden“, die keinen Bezug dazu haben. Trotzdem freue er sich jedes Jahr über die Kaisertage, da viele besondere Veranstaltungen in der Zeit stattfinden. Sein persönliches Highlight ist freilich die festliche Kaisermesse am Sonntag, 18. August – am Kaiser Geburtstag – in der Stadtpfarrkirche. „Da kommen auch immer viele Ischler, was mich sehr freut“, erzählt er.

Pragmatischer Blick auf die Vergangenheit und Liebe für Bad Ischl

Schlussendlich bleibt Valentin Habsburg-Lothringen stiller Beobachter, der die Geschichte seiner Familie mit Respekt und einer gesunden Portion Pragmatismus betrachtet. Sein Blick auf die Vergangenheit ist durchwoben von einem tiefen Verständnis für die Verantwortung, die mit seinem Namen einhergeht, und einer ebenso tiefen Liebe für die Stadt, die seine Vorfahren einst zu ihrem Sommerrefugium machten. In diesem Sinne – fröhliche Kaisertage!


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