„Es geht für viele Bauern um die Existenz“
LINZ/OÖ. Michaela Langer-Weninger folgte am 27. Juni als erste Präsidentin der Landwirtschaftskammer OÖ auf Franz Reisecker. Die 40-Jährige aus Innerschwand am Mondsee (Bezirk Vöcklabruck) spricht im Tips-Talk über die Existenz-Bedrohungen der Bauern durch Käfer und Schädlinge, ebenso über die Herausforderungen der Landwirte durch den Klimawandel und drohende Förderkürzungen.
Tips: Nicht nur in Österreich gibt es oft das Vorurteil, wonach die Führungsriegen alte Herrenrunden sind. Als junge Frau und Biobäuerin verkörpern Sie genau das Gegenteil. Wie geht es Ihnen da in dieser Rolle?
Michaela Langer-Weninger: In dieser Rolle geht es mir eigentlich sehr gut. Natürlich kenne ich dieses Bild, das gezeichnet wird von dieser alten Herrenriege. Ich habe es eigentlich selten so empfunden, denn alle, die irgendwo Funktionen haben und in Funktionen tätig sind, bemühen sich ja für sich selbst und für ihr Klientel, eine gute Arbeit zu leisten und so sehe auch ich meinen Auftrag: Eine gute Interessenvertretung für die Bäuerinnen und Bauern zu leben.
Tips: Welche Themen stehen auf Ihrer Prioritätenliste ganz oben?
Langer-Weninger: Die großen Themen, die wir bäuerlich in Oberösterreich haben, sind im Grünland die Engerling-Diskussion und im Forst mit der Borkenkäfer-Situation und generell mit der Schadholz-Diskussion, durch Schneedruck- und Sturmkalamitätenn, die uns beschäftigen. Dazu kommt die innerpolitische Situation, da wir ja vor Neuwahlen stehen und ein großes Entlastungspaket für die Landwirtschaft auf den Weg gebracht worden wäre, noch bevor die Regierung dann gestürzt worden ist. Da da haben wir momentan Stillstand.
Tips: Wie können Sie als Landwirtschaftskammer bei einem Thema wie dem Borkenkäfer unterstützen, wo aktiv werden?
Langer-Weninger: Es geht in erster Linie darum, einmal hin zu horchen, welche Probleme es gibt und wo es Möglichkeiten zu Hilfestellungen gibt. Gerade die Bauern, die Waldbesitzer sind, haben mit einer schwierigen Situation zu kämpfen, weil es sehr oft auch um die Existenz der Betriebe geht, denn der Wald ist immer die Sparkasse eines Bauernhofes. Hier gilt es, die entsprechenden Entlastungspakete auf Bundesebene zu schnüren, da ist die Landwirtschaftskammer gerade dran. Ein erster Schritt war die Aufstockung der Aufforstungsförderung.
Tips: Wenn man über die Landwirtschaft in den Medien liest, geht es in erster Linie um Probleme. Man hat den Eindruck, die Landwirtschaft besteht nur aus Problemen. Ist das wirklich so?
Langer-Weninger: Die Landwirtschaft besteht bestimmt nicht nur aus Problemen, aber natürlich sind wir in einer Zeit, wo wir alle über den Klimawandel und die Folgen diskutieren. Wir als Bauern sind als Erster betroffen von diesen Folgen, weil wir unter freiem Himmel arbeiten und leben. Der Wald und das Grünland sind die Ersten, die die Folgen des Klimawandels zu spüren bekommen, mit Folgen, die uns in der Landwirtschaft stark betreffen, weil wir unsere Flächen, unseren Grund und Boden, unsere Wirtschaftsexistenz unter freiem Himmel haben.
Tips: Konsumenten werden zum Teil verunsichert durch Kennzeichnungen, wo die Ursprungsländer nicht wirklich die Länder sind, wo das Tier aufgewachsen ist. Gibt es da Lösungen?
Langer-Weninger: Ein klarer Lösungsansatz ist das AMA-Gütesiegel. Es spricht für klare Qualität aus Österreich. Hier geboren, hier aufgezogen und hier geschlachtet. Das heißt, da kann man sich darauf verlassen, dass es sich hier um österreichische Qualität handelt. Wo Aufholbedarf herrscht, ist im Bereich der verarbeitenden Waren, etwa bei Wurst- und Teigwaren, wo wir diese Kennzeichnung noch nicht durchgehend haben.
Tips: Wie sehen Sie den Vorwurf, dass Kleinbauern aussterben, da Großbauern und Agrakonzerne massiv gefördert werden?
Langer-Weninger: Das System in Österreich ist folgendes: Die Einkommenssituation setzt sich aus den Markterlösen, die wir erzielen können für unsere Produkte sowie Ausgleichszahlungen, die für Bewirtschaftungsnachteile wie Kleinstrukturiertheit bereit gestellt werden. Nun steht aber die zweite Säule vor großen Kürzungen, es stehen minus 15 Prozent im Raum. Das beeinflusst direkt unser Umweltprogramm und die Zahlungen für die Bergbauern, die Bio- und die Junglandwirte. Wenn wir weiter bäuerliche Familienbetriebe haben wollen, anstelle von Agrarkonzernen, muss es weiter entsprechende Mittel geben.
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