Scorpions-Interview: 30 Jahre nach dem Mauerfall erklingt Wende-Hymne über der Burg Clam
BURG CLAM. Mit ihrem 1989 noch vor dem Fall der Berliner Mauer komponierten Song „Wind Of Change“ landeten die Scorpions einen Welthit, der in puncto Verkaufszahlen bis heute von keiner anderen deutschen Band übertroffen wurde. Vor dem mit Spannung erwarteten Clam-Auftritt bat Tips den Band-Mitgründer Rudolf Schenker zum Gespräch.
Tips: Ihr füllt seit Jahrzehnten rund um den Globus riesige Konzertarenen und Stadien, am 2. August seid ihr nun das erste Mal in der Burgarena der 918 Einwohner zählenden Gemeinde Klam in Oberösterreich zu Gast. Habt ihr schon mal in so einem kleinen Ort gespielt?
Schenker: Da fällt mir sofort Wacken ein. Das ist auch ein kleines Dorf. Beim dortigen Festival haben wir auch gespielt und hatten 85.000 Leute. Ich freu mich aber genauso auf rund 10.000 in Klam.
Tips: Seit 2017 seid ihr im Zuge eurer bis heuer im November andauernden Crazy-World-Tournee auf der ganzen Welt unterwegs, was waren bislang deine persönlichen Highlights?
Schenker: Für mich war es der Aufritt in Athen, wo wir im ersten Olympiastadion, das jemals gebaut wurde, gespielt haben. Da dort alles in Marmor gehalten ist, waren die Auflagen sehr streng. Wir durften dort etwa keinen Alkohol oder Wein trinken, damit nichts kaputt gemacht wird. Rund 32.000 Karten waren für den Verkauf genehmigt; als wir zu spielen begonnen haben, kamen auf einmal die Leute von überall her über die Mauern geklettert und binnen kürzester Zeit waren auf einmal geschätzt doppelt so viele Leute drinnen. Wir haben unter dem Motto Sport trifft Rockmusik unser Bestes gegeben und konnten dabei die alte Tradition, die alte Geschichte spüren.
Tips: Nach so vielen Jahren auf der Bühne kann man als Außenstehender meinen, dass die Auftritte mittlerweile zur Routine werden. Ist das so oder kribbelt es noch immer, wenn man beim Betreten der Bühne in die Gesichter tausender Fans blickt?
Schenker: Die Routine ist das Schlimmste, was sich ein Mensch antun kann. Aus der Routine wird eine mechanische Form, da ist der Mensch nicht mehr dabei, das Jetzt zu empfinden, dann wird er eines Tages – wenn er auf dem Totenbett liegt, es sehr bedauern – dass er das Leben nicht in vollen Zügen genossen hat. Nicht nur jeder Auftritt, sondern alles was man macht sind ganz wichtige Faktoren, um das Leben zu bereichern. In jeder Aufgabe wartet eine neue Überraschung Es gilt also immer Neues zu machen und Neues zu suchen.
Tips: Ihr habt ja den Rock-Olymp schon erklommen….Viele junge Rockbands versuchen es, die wenigsten von ihnen schaffen es aber, sich nachhaltig im Musikbusiness zu etablieren. Welchen Überlebenstipp kannst du Jungmusikern und jungen Bands mit auf den Weg geben?
Schenker: Man sollte schon ein gewisses musikalisches Feingefühl haben, muss aber nicht unbedingt der beste Musiker sein. Man sollte Lebensfreude haben, flexibel und ein kleiner Abenteurer sein und auch mal den Mut haben, sich gegen einen Strom zu bewegen. In Deutschland hatten wir zu unserer Anfangszeit noch keinen Erfolg und haben unser Glück in Belgien, Holland, Frankreich oder England versucht. Nach und nach drangen die Wahnsinnskritiken bis nach Hause durch und die Leute horchten auf: Hey, die sind ja aus Deutschland, das gibt“s doch gar nicht. Wo ein Wille, ist auch ein Weg. Eine gewisse Chemie muss man innerhalb einer Band auf jeden Fall wahren; man sieht aber ohnehin meist sofort ob jemand reinpasst und die Gruppe positiv mitgestalten kann. Das macht Spaß und das ist eigentlich das, worum es geht im Leben. Spaß zu haben und auch den anderen Menschen was zu geben. Brücken zu bauen, wie es die Scorpions gemacht haben. Wir sind als erste Band nach Russland gegangen und haben die Veränderung des Lebens und der Geschichte miterlebt. Wind Of Change hatten wir schon komponiert, bevor die Mauer gefallen war. Wir haben das bereits gespürt. Damals, als vor 30 Jahren die Mauer fiel, war die Welt „Crazy“ und das ist sie in gewisser Hinsicht heute auch, aber halt in einer anderen Richtung… deswegen heißt unsere aktuelle Tournee auch „Crazy World“-Tour. Unter anderem auch, weil wir daran erinnern wollen, wie gut und schön es war, als sich in Europa die Pakte gelöst haben und sich die Leute gefreut haben, dass Europa wieder zusammenwächst. Wir wollen den Leuten sagen: Denkt daran, es geht auch anders. Crazy … es muss sich nicht jeder versperrt geben und alles abschotten. Alle Menschen weltweit sind gleich.
Tips: Am 2. August werden neben euch auch Europe auf der Bühne rocken – auf was dürfen sich die Fans besonders freuen?
Schenker: Auf jeden Fall auf tolle Shows. Wir haben mit Europe bereits in der Vergangenheit eine Tournee gespielt, das sind Hammer-Leute, Hammer-Musiker! Wir haben uns bestens verstanden, sind zusammen essen gegangen und hatten eine richtige Spaßtour mit ihnen. Das ist nicht mit jeder Band so, ich freue mich daher, dass es für Clam mit einem Wiedersehen klappt. Wir können euch garantieren, dass wir euch wie ein Hurricane rocken werden!
Kommentare sind nur für eingeloggte User verfügbar.
Jetzt anmelden