
REICHENAU. Die 26-jährige Viktoria Schartmüller aus Reichenau ist Mutter einer Tochter im Kleinkindalter. Vor der Geburt ihres Kindes war sie hauptberuflich als Elementarpädagogin in einem Kindergarten tätig. Nun hat sie sich als zertifizierte Kursleiterin auf die „Zwergen-Sprache“ spezialisiert. Dabei begleitet sie kleine Kinder ab etwa sechs Monaten auf ihrem Weg zum Sprechen. Was das genau bedeutet, erklärt die Expertin der „Baby-Zeichensprache“ im Tips-Talk.
Warum Rätsel raten, wenn man mit seinem Baby ganz deutlich kommunizieren kann - auch ganz ohne dass es sprechen kann? Darauf gibt Viktoria Schartmüller, Expertin für Zwergen-Sprache, folgende Antwort: „Kinder benutzen von Natur aus ihre Hände, um mit den Erwachsenen zu kommunizieren, lange bevor sie überhaupt sprechen können.“
„Baby-Zeichensprache ist für alle Familien, die ein bisschen mehr wollen. Mehr Kommunikation mit ihrem Kind, mehr Verständnis für ihr Kind und vor allem mehr Herzensmomente als Familie. Mit Herzensmomenten meine ich jene Momente in unserem Familienalltag, die einen Berühren, die uns direkt ins Herz gehen“, betont die fesche Reichenauerin.
Kommunikation dank Zeichen
Doch was genau meint sie damit? „Sprechen lernen ist ein komplizierter Entwicklungsschritt und erfordert das genaue Zusammenspiel verschiedenster Muskeln. Kinder können ihre Hände viel früher gezielt einsetzen als ihre Stimme. Sie greifen, sie ertasten die Welt und machen sie sich begreifbar. Mit den speziell für kleine Hände ausgewählten Handzeichen unterstützen wir dieses kindliche Interesse. Für uns Erwachsene ist wichtig, dass wir die Zeichen immer parallel zur Lautsprache benutzen, denn nur so kann eine Verbindung zwischen dem gesprochenen Inhalt und dem Zeichen aufgebaut werden“, berichtet die 26-Jährige aus Erfahrung.
Und genau diese Verbindung ist für das Kind entscheidend und ausschlaggebend für seine Fähigkeit, sich mit dem Zeichen auszudrücken: „Unsere Kinder haben uns so viel zu erzählen, sie beobachten den ganzen Tag, haben Gefühle und Bedürfnisse und wollen die Welt verstehen. Kinder die Babyzeichen als aktives Kommunikationsmittel zur Verfügung haben, erleben, dass das, was sie zu sagen haben wichtig ist und gehört wird. Sie erleben sich als selbstwirksam indem sie sich aktiv einbringen können. Unsere Tochter zum Beispiel liebt es, in ihren Hochstand in unserer Küche zu klettern und ihr Essen auszusuchen, ob Apfel, Käsebrot, Wasser oder Rosine, für alles hat sie ein Zeichen parat“, berichtet Viktoria Schartmüller.
„Was will sie denn bloß? Tja, diese Fragen stellen wir uns so gut wie nie, denn selbst wenn sie kein konkretes Zeichen für etwas zur Hand hat, lässt sich unsere Tochter eines einfallen, um uns ihr Anliegen mitzuteilen, sie dehnt ihre eigenen Grenzen der Kommunikation einfach aus und muss sich so weniger Frustration aussetzen“, ist die gelernte Elementarpädagogin selbst beeindruckt.
Baby-Zeichensprache: Beispiele aus dem Alltag
Schartmüller gibt hier einen ganz privaten Einblick in das Familienleben: „Beim Wickeln sieht sich unsere Tochter gerne Bücher an. So auch vor dem Mittagsschlaf. Ich wickle sie also und sie ist vertieft in ihr Buch. Wenn ich fertig bin sage ich zu ihr, dass sie das Buch bitte auf den Wickeltisch legen soll, da ich sie runterheben möchte. Sie legt das Buch zur Seite und klettert im Anschluss in ihr Bett, da bleibt sie sitzen und sieht mich direkt an. Ich frage sie, ob sie noch etwas braucht, weil sie sich nicht wie gewohnt hinlegt und wartet bis ich mich zu ihr lege. Und da kommt es, das Zeichen für Buch und ihr Blick geht Richtung Wickeltisch. Mir ist beim Wickeln schon aufgefallen, dass sie die letzten zwei Seiten nicht angesehen hat. Ich kann das Zeichen und den Blick verbinden und gebe ihr das Buch noch einmal. Sie sieht sich die letzten beiden Seiten an, faltet das Buch zu, gibt es mir und legt sich hin.“
Mythos: Baby-Zeichensprache macht Kinder sprechfaul?
Die Babyzeichensprache wurde speziell für hörende Kinder als Unterstützung auf ihrem Weg zur Lautsprache entwickelt. Die Befürchtung, dass Kinder sprechfaul werden, kann Schartmüller deutlich entkräften, denn jedes Kind hat ein natürliches Mitteilungsbedürfnis und dieses wird es immer erfüllen wollen. Sofern das Kind in einem Umfeld aufwächst in dem Lautsprache die Hauptkommunikationsform ist, wird es immer motiviert sein diese zu lernen, es will ja mitreden können. Außerdem können Zeichen nur dann eingesetzt werden, wenn das Gegenüber im Sichtbereich ist und je älter Kinder werden, desto mobiler werden sie und diese neue Fähigkeit bringt auch die Anforderung sich lautsprachlich auszudrücken.
„Das Ziel der Baby-Zeichensprache-Kurse ist es, den Kindern eine Unterstützung anzubieten, wo es noch an Wörtern fehlt und weniger die Gebärdensprache in ihrem grammatikalischen Aufbau, jedoch sensibilisiert man automatisch auch für diese“, hält die Reichenauerin fest.
Kurse und Workshops
Die Kurse zum Erlernen der Baby-Zeichensprache von Viktoria Schartmüller sind so aufgebaut, dass man sich einmal wöchentlich über zehn Wochen trifft und die wichtigsten Grundzeichen für den Alltag mit dem Baby in spielerischen, musikalischen Kontexten gemeinsam erarbeitet. Jede Kurseinheit steht unter einem anderen Thema - wie zum Beispiel Rituale (Essen, Zähneputzen, etc.) oder die Natur. Die Kursgruppen sind bewusst klein gehalten, da die 26-Jährige nach dem Motto „Qualität vor Quantität“ arbeitet.
„Ich nehme mir für die Fragen und Anliegen in jeder Kurseinheit Zeit und möchte den Familien eine Wohlfühlatmosphäre bieten. Ich empfehle den Kurs für Babys ab ca. sechs Monaten, gleichzeitig sind auch Kleinkinder oder Geschwister herzlich Willkommen.“
Für interessierte Familien bietet sie auch Workshops an. Öffentliche Workshops werden auf ihrer Kursleiter-Homepage und Instagram (herzensmomente.vs) ausgeschrieben. Es besteht auch die Möglichkeit, einen Home-Workshop zu machen. Dabei kommt Viktoria Schartmüller zu den Familien nach Hause und gibt im gewohnten Umfeld im kleinen Kreis einen Einblick in ihre Arbeit mit der Babyzeichensprache.
Die Reichenauerin hält Kurse in den Bezirken Urfahr-Umgebung und Freistadt. Für Schnupperstunden kann man Schartmüller per E-Mail kontaktieren.
Die nächste Termine
14. April bis 16. Juni: Grundkurs Baby-Zeichensprache-Kurs in Freistadt
22. April: Workshop in Altenberg
13. Mai: Workshop in Zwettl/Rodl