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Spätes Bruderglück mit 89 Jahren - eine herzergreifende Lebensgeschichte

Leserartikel Eva Leutgeb, 05.07.2019 12:00

ZWETTL/ARDAGGER. Herbert Enengl aus Zwettl ist mit 14 Jahren Vollwaise geworden. Aufgewachsen ist er in Ardagger an der Donau und später ist er aus beruflichen Gründen nach Zwettl gezogen. Dort hat er die Waldviertler Jagdstube mit Angler- und Jagd-Zubehör als Büchsenmacher-Meister erfolgreich geführt, die nun sein Sohn Klaus weiterleitet. Geschwister hat Herbert Enengl keine. Das dachte er zumindest bis jetzt zu seinem 89. Lebensjahr.

Herbert Enengl mit seinem Halbbruder Siegfried Tannheim; Foto: Enengl
photo_library Herbert Enengl mit seinem Halbbruder Siegfried Tannheim; Foto: Enengl

Die Geschichte dazu ist eher einem Zufall zu verdanken und endet in einem schönen Happy-End. Aber zurück zum Anfang: Herbert Enengl wurde 1930 geboren und wuchs ebenso wie seine Eltern in Ardagger an der Donau auf. Seine Mutter Marianne Enengl war seinerzeit in Waidhofen an der Ybbs im Krankenhaus beschäftigt, wie auch sein Vater Hugo Tannheim, der dort Arzt war. Das war der Beginn einer Liebesgeschichte, geheiratet haben die beiden jedoch nie.

Mit 14 Jahren Vollweise

Herbert Enengls Mutter wurde bei einem Bombenangriff im Zweiten Weltkrieg schwer verwundet. An den Folgen ist sie knapp nach Kriegsende dann auch verstorben. Da war Herbert Enengl 14 Jahre alt. Ab 1938 war Hugo Tannheim dann im Krieg als Arzt tätig. Seitdem galt er als vermisst. Danach lebte Herbert Enengl bei den Großeltern mütterlicherseits am Bauernhof. Die Großeltern haben acht Kinder gehabt. Diese sind wie Geschwister mit Herbert Enengl aufgewachsen. „Das war damals eine schlechte Zeit. Wir haben oft nicht einmal Schuhe gehabt und mussten barfuß laufen“, blickt Enengl zurück.

Durch Zufall aufgespürt

Herbert Enengls Tochter Sabine Strommer-Waldbauer ist in Marbach zu Hause. Sie befasste sich mit Ahnenforschung, schließlich möchte doch jeder gerne seinen Stammbaum kennen. Auf der Suche nach dem Namen „Tannheim“ ist sie zufällig auf ein Inserat in der Augsburger Allgemeinen Zeitung von 2017 gestoßen. Dort hatte ein Mann namens Siegfried Tannheim eine große Anzeige zum 95. Geburtstag seiner Mutter aufgegeben. Darin standen auch Informationen zu dessen Vater Hugo Tannheim, ein Arzt aus Österreich. Da wurde Herbert Enengls Tochter Sabine hellhörig. So viele österreichische Ärzte mit diesem Namen kann es doch nicht geben. Ohne Wissen von Herbert Enengl hat Sabine Strommer-Waldbauer erstmal diesen Siegfried Tannheim vorsichtig in der recherchierten Mail-Adresse angeschrieben. „Eigentlich weiß ich gar nicht wie ich beginnen soll“, schreibt sie in ihren ersten Sätzen an den Halbbruder von Herbert und weiter: „Wenn nicht aus welchen Gründen auch immer Sie kein weiteres Interesse haben, betrachten Sie dieses Schreiben als gegenstandslos. Dann entschuldige ich mich für die Anfrage. Mein Vater weiß von diesem Schreiben nichts. Dann soll es auch so bleiben“. Das war Ende 2018.

Auch der Bruder hat nichts gewusst

Die Verblüffung von Siegfried Tannheim kann man sich vorstellen, wusste auch er nichts von seinem Bruder. Dieser war hoch gerührt und hat sich umgehend telefonisch bei Herbert Enengls Tochter gemeldet. Im Frühjahr dieses Jahres kam es zu einem ersten Treffen. „Ich muss 89 Jahre alt werden, um drauf zu kommen, dass ich einen Bruder hab“, sagt Herbert Enengl erfreut. Seitdem unternehmen sie viel. Im Juni haben sie sich am Hochkar zum Wandern getroffen und sie telefonieren regelmäßig ein paar Mal im Monat miteinander. Die beiden verbindet auch die Liebe zur Natur. Siegfried Tannheim, der Lehrer für Physik und Turnen war, sei ein „richtiger Bayer“, sagt Enengl. In den letzten zehn Jahren hat Siegfried Tannheim seine Mutter aufopfernd gepflegt. Ein Treffen mit dem Bruder hätte schon viel früher stattfinden sollen, aber kurz zuvor verstarb Tannheims Mutter. Glücklich sind die beiden Brüder auf alle Fälle, dass sie sich jetzt gefunden haben. Auch Enengls Tochter ist von ihrem Onkel sehr angetan.

Tips: Warum kam es dazu, dass sich Ihr Vater nicht mehr gemeldet hat?

Enengl: Aufgrund vom Polenfeldzug ging er nie wieder nach Österreich zurück, so wurde mir das später gesagt. Leider konnte ich ihn dazu nicht mehr befragen.

Hugo Tannheim ist im Krieg nach Leipheim (zwischen Ulm und Stuttgart) emigriert und hat dort eine kleine Privatklinik gegründet, die er bis 1983 geführt hat. Das war anfangs nicht einfach, weil Hugo Tannheim Österreicher war und Schwierigkeiten hatte, in Deutschland praktizieren zu dürfen. 1945 hat er die Mutter von Siegfried geheiratet. Eigentlich hätte Herbert Enengl auch noch eine Schwester namens Geraldine, die jedoch früh verstorben ist. Sein Vater hat das hohe Alter von 92 Jahren erreicht und ist 1995 verstorben.

Fit wie ein Turnschuh

Interessiert ist Herbert Enengl an sehr vielem. Er liest sehr gerne. Er war auch schon im Fernsehen im ORF-Zweiteiler „Sophie - Sissis kleine Schwester“ zu sehen. Dort hat er, wie könnte es anders sein, einen Büchsenspanner des Kaisers Max von Bayern gespielt. Vor allem der Sport ist ihm sehr wichtig. Herbert Enengl ist fit wie ein Turnschuh. Er erfreut sich bester Gesundheit. Zwei Wirbel hat er sich einmal gebrochen. Das hindert ihn aber nicht daran, täglich 20 bis 50 Liegestütz zu machen. Das Tagespensum an Liegestützen kommt auf das Programm an, das sonst noch ansteht. Er geht ein bis zwei Stunden joggen, leidenschaftlich Golf spielen, fischen und er schwimmt gerne. Seine Lebenspartnerin hat er beim Langlaufen kennengelernt. Er trinkt fast nur Wasser, nur ganz selten einmal ein Bier und ernährt sich verhältnismäßig normal, aber er isst nichts Süßes. Die 89 Jahre sieht man Herbert Enengl nicht an, er ist athletisch, sehr agil und außerdem ein positiver, lebenslustiger und sympathischer Mensch. Was seine Fitness und Lebensfreude anbelangt, so hält sich Herbert Enengl an Sprüche, die ihm immer irgendwo begegnen: „Du musst den Körper peinigen, bevor er dich peinigt“ oder „Wahre Lebensfreude besteht darin, im Alltäglichen das Wunderbare zu sehen“, sagt der Charmeur und „Natur-Bursch“ zum Abschluss lächelnd.


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