Herzerwärmend: Musical "Anastasia" verzauberte Premierengäste
LINZ. Still steht die Zeit, wenn die Legende um die verschollene Zarentochter Anastasia im Musiktheater zum Leben erwacht. Die darauffolgenden zweieinhalb Stunden vergehen wie im Flug und entlassen das Publikum mit einem breiten Lächeln. Das Premierenpublikum feierte die gelungene Österreichische Erstaufführung mit Jubelrufen und Standing Ovations. Ein wunderbar unbeschwerter Auftakt der neuen Landestheater-Saison. (von Karin Seyringer und Nora Heindl)
Viele kennen den Zeichentrickfilm „Anastasia“ (Twentieth-Century-Fox) aus dem Jahr 1997, Ragtime-Team Terrence McNally, Stephen Flaherty und Lynn Ahrens haben diesen für die Bühne adaptiert und zum Broadway-Erfolg gemacht. Die Familie des letzten russischen Zaren Nikolaus II. wird nach der Oktoberrevolution durch einen Anschlag der Bolschewiki ermordet. Der Legende nach überlebt als Einzige die jüngste Tochter Anastasia.
Die Zarenmutter begibt sich auf die emotionale Suche nach ihrer tot geglaubten Enkelin Anastasia. Die Belohnung und damit die eigene Freiheit aus den Fängen des zerrütteten Leningrad im Blick, macht sich das sympathische Gauner-Duo Dimitri und Wlad auf die Suche nach der perfekten Kopie – und findet sie in der Straßenkehrerin Anja. Die junge, hübsche und mutige Frau ohne Gedächtnis ist auf der Suche nach ihrer Vergangenheit und lässt sich auf den geglaubten Schwindel ein. Bis dem harmonierenden Trio selbst klar wird, dass Anja tatsächlich die verloren geglaubte Zarentochter sein könnte. Gemeinsam - und doch jeder den eigenen Traum im Blick, machen sie sich auf den beschwerlichen Weg nach Paris – denn dort gilt es, die Zarenmutter zu überzeugen …
Wer den Zeichentrickfilm kennt, wird sich fragen, wo Rasputin bleibt. Das Musical hingegen folgt einem historisch realistischeren Strang: Nach der Revolution, die der Zarenfamilie brutal das Leben kostet, dominiert das neue Leningrad. Hier bringt die Musical-Version Bolschewisten-Sohn Gleb ins Spiel und greift – wenn auch nur hintergründig – das Thema Flucht und Verfolgung auf, wobei Regisseur Matthias Davids (zuletzt „Wie im Himmel“ und „Fanny und Alexander“) darauf verzichtet, auf das aktuelle Geschehen anzuspielen.
Linz zeigt einmal mehr, was es kann
Das Linzer Musicalensemble glänzt auf allen Ebenen, schafft temporeiche Szenen mit Tanz und Gesang scheinbar mühelos. Sei es die gelungene Besetzung von Hanna Kaster als Anja, Lukas Sandmann als Dimitri und Karsten Kenzel als Wlad, eine souveräne Daniela Dett als Zarenmutter, Judith Jandl als Gräfin Lily, die auch im Zusammenspiel mit Kenzel für viele Schmunzler sorgt oder Nikolaj Alexander Brucker als hin- und hergerissener Gleb.
Die Ensemble-Leistung ist wie vom Linzer Musiktheater gewohnt gesanglich top, tänzerisch werden von der Polka bis zu Schwanensee Bestleistungen gebracht. Für die temporeiche Choreografie zeichnet Kim Duddy verantwortlich. Mit dem Bühnenbild (Andrew. D. Edwards) wird bewiesen, dass weniger oft mehr ist und eine drehende Treppe reicht, um spielerisch vom kalten Russland ins glitzernde Paris einzutauchen. Besondere Momente liefert der Einsatz des Lichtes.
Auch Fans des Films werden nicht enttäuscht sein: Viele der bekannten Songs dürfen nicht fehlen und werden in der Musical-Version ergänzt durch neue eingängige Nummern. Musikalisch geleitet wurde das „Newa Club Orchester“ wieder bravourös von Tom Bitterlich.
Unbeschwerte Unterhaltung
Fazit: Eine Anastasia für Erwachsene, aber auch für die ganze Familie. Die sehr stimmige, temporeicher Linzer Inszenierung sorgt für einen kurzweiligen, herzerwärmenden Abend mit Humor und Witz, bei dem durchaus auch die eine oder andere Träne nicht verboten ist. Jubelrufe schon nach der Auftaktnummer, immer wieder großer Zwischenapplaus und Jubel. „Anastasia“ ist zwar keine tiefgehende, dafür umso unbeschwertere Unterhaltung - das darf Musical aber auch.
Service
„Anastasia“ im Musiktheater Linz, Termine bis 7. Jänner 2023. Alle Termine und Karten: www.landestheater-linz.at
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