Schmied aus Aspach lässt Tradition des Räucherns wieder aufleben
ASPACH. Wenn rund um die Weihnachtszeit wieder die Raunächte beginnen, kehrt ein jahrhundertealter Brauch zurück – und mit ihm ein besonderes Handwerk. Dass heutzutage wieder vielerorts Räucherschalen durch Häuser und Ställe getragen werden, ist unter anderem auch einem Mann zu verdanken: dem 78-jährigen Schmiedemeister Sepp Hintermaier aus Aspach.
Sein Werkstattofen lodert beinahe jeden Tag. Die Esse erreicht Temperaturen um die 1.000 Grad. Auf dem Amboss formt Hintermaier das glühende Eisen zu kunstvollen Räucherpfandln – gedrechselt, gehämmert, gebogen, genietet. Jedes Stück ist ein Unikat. Die filigranen Ornamente auf den Deckeln erinnern an gotische Maßwerke oder keltische Muster. „Ich wollte etwas machen, das nicht nur praktisch ist, sondern auch unsere Geschichte erzählt“, sagt der Pensionist, der sein Handwerk seit Jugendtagen beherrscht.
Ein Brauch aus Kindertagen
Hintermaiers Beziehung zum Räuchern reicht Jahrzehnte zurück. Aufgewachsen bei den Großeltern in Altheim, lernte er den Brauch in den 1950er-Jahren kennen. „In den Raunächten bin ich mit meinem Großvater von Haus zu Haus gegangen“, erinnert er sich. Gereinigt wurden Wohnstuben, Stallungen, Vorratsräume, begleitet von Weihrauch und Kräutern. Wer die Reinigung erhielt, bedankte sich mit Krapfen oder Pofesen. „Das war für mich als Kind etwas Mystisches. Das vergisst man nie.“ Aus diesem Grund entschied sich der gelernte Schmied, Räucherpfandl zu fertigen.
Mit 76 noch mal selbstständig
Als Schmiedemeister, späterer Werkstättenlehrer an der HTL Wels und Konsulent für Volksbildung und Heimatpflege, blieb er den Traditionen der Region stets verbunden. Sein Schmiedeunternehmen gründete der heute 78-Jährige bereits im Jahre 1984, widmete sich aber dann anderen Berufungen und seine Schmiedewerkstatt stand lange still – bis Corona kam. Nachdem der Aspacher sich Gedanken darüber machte, was er denn als Geschenk schmieden könnte, lag das Räucherpfandl nahe. Und so ließ er den Betrieb vor rund zwei Jahren wieder reaktivieren – und wagte damit mit 76 Jahren noch einmal den Schritt in die Selbstständigkeit.
Traditionelles Handwerk
Hintermaier kombiniert traditionelles Schmiedehandwerk mit moderner Arbeitstechnik. Die Grundformen lässt er per Lasercutter zuschneiden, den Rest übernimmt der Hammer. „Das Brünieren – also das Schwärzen des Metalls – ist ein Verfahren, das es seit Jahrhunderten gibt“, erklärt er, während klassische Musik aus einem alten Radio klingt. „Für mich ist das wie Meditieren mit Eisen.“ Heute werden seine schmiedeeisernen Räucherpfandl häufig verschenkt.
Räuchern erlebt eine Renaissance
Unterstützung kommt aus der eigenen Familie: Kräuterpädagogin Katrin Kaufmann, Ehefrau seines Neffen und Nachbarin, liefert die passenden Kräutermischungen – Salbei und Malve zur Reinigung, Johanniskraut und Melisse zur Stärkung. Der 78-Jährige beobachtet, dass der alte Brauch wieder an Bedeutung gewinnt: „Viele Junge räuchern heute wieder. Nicht wegen Aberglauben, sondern weil es ein Ritual der Ruhe ist.“
Räuchertage im Innviertel
Im Innviertel werden bis heute vier besondere Räuchertage gepflegt, an denen Haus und Hof traditionell ausgeräuchert werden. Den Auftakt macht die Thomasnacht am 20./21. Dezember, die längste Nacht des Jahres und symbolischer Übergang in die stille Zeit. Weiter geht es am Heiligen Abend, an dem früher bis zur Mitternachtsmette gefastet wurde – eine „dürre“ Raunacht, wie es im Volksmund heißt. Die „fetten“ Nächte folgen zum Jahreswechsel: Silvester sowie die Nacht auf Heilige Drei Könige gelten als besonders kraftvolle Tage für Reinigung, Schutz und Neubeginn.
Nächstes Projekt geplant
Hintermaier freut das besonders. „Traditionen leben nur weiter, wenn man sie erlebt“, sagt er. Und während er weiter Pfandln schmiedet, denkt er schon an sein nächstes Projekt: „Mit 80 hör ich dann auf – und fange an, ein Buch über mein Leben zu schreiben.“
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