Die Römer kommen nach Enns: Vorbereitungen zur OÖ. Landesausstellung 2018 in finaler Phase
ENNS. In exakt 93 Tagen, am 26. April 2018, um 14 Uhr, wird die 32. Oberösterreichische Landesausstellung mit einem großen Festakt am Hauptplatz und in der Stadthalle in Enns eröffnet.
Unter dem Titel „Die Rückkehr der Legion. Römisches Erbe in Oberösterreich“, gibt die OÖ. Landesausstellung von 27. April bis 4. November 2018 mit Schaugrabungen, eindrucksvollen Originalfunden, Forschungs-Abenteuern für Nachwuchs-Archäologen, interaktiven Apps und virtuellen Welten einen vielschichtigen Einblick in das Leben der Römer vor 1800 Jahren.
Spurensuche
„Die Landesausstellung 2018 führt die Besucher auf Spurensuche in die Zeit des 'Imperium Romanum'. Eine Mischung aus eindrucksvollen Funden und moderner Präsentationstechnik zeigt die Vielfalt der Siedlungsbauten und Bedeutung der Handelsstraßen in Oberösterreich“, so Landeshauptmann Thomas Stelzer. Im Zentrum stehen die neu gestalteten Ausstellungen im Museum Lauriacum und in der Unterkirche der Basilika St. Laurenz in Enns, die sich dem vielfältigen Leben im Legionslager und der römischen Zivilsiedlung sowie dem frühen Christentum in Oberösterreich widmen.
Virtuelle Wiederauferstehung
Entlang der alten römischen Straßen in Enns ergänzen Archäologie-Stationen die Ausstellungen und vermitteln die Dimension des römischen Legionslagers und der Zivilsiedlung sowie die Beziehung zur mittelalterlichen Stadt. Informationstafeln, Stereoskope und eine App lassen Enns zur Zeit der Römer virtuell wiederauferstehen. Im oberen Donautal wurden im Vorfeld der Landesausstellung eine kleine römische Badeanlage in Schlögen (2015) und ein römisches Kleinkastell in Oberranna bei Engelhartszell (2017) freigelegt. Die Ausgrabungen werden mit Schutzbauten gesichert und sind als Nebenschauplätze ebenfalls Teil der OÖ. Landesausstellung.
OÖ. Landesausstellung 2018 mit vielen Neuerungen
Die OÖ. Landesausstellung beschreitet 2018 neue Wege und macht sich fit für die Zukunft: Erstmals in der Geschichte der OÖ. Landesausstellungen bleiben alle Standorte auch nach der Landesschau in vollem Umfang erhalten. Das Museum Lauriacum und die Ausstellung in der Unterkirche der Basilika St. Laurenz werden auch in Zukunft das römische Erbe Oberösterreichs präsentieren. „Mit der OÖ.Landesausstellung 2018 beschreiten wir in vielerlei Hinsicht neue Wege. Besonders hervorzuheben ist, dass erstmals alle Ausstellungen in vollem Umfang erhalten bleiben“, erklärt Stelzer. „Außerdem setzt die Landesausstellung zunehmend auf Digitalisierung und bietet 2018 erstmals eine kostenlose App zur Vermittlung der Ausstellungsinhalte an“, so Stelzer weiter.
Mehr Schlagkraft durch Neupositionierung
Die OÖ. Landesausstellungen sind zentrale Pfeiler des oberösterreichischen Kulturlebens. Ab 2018 finden die Landesausstellungen, in Abstimmung mit den Landesgartenschauen, in einem dreijährigen Rhythmus statt. Es wird ein neues Verfahren zur Vergabe und Finanzierung der investiven Maßnahmen eingeführt. Die Landesförderung für die OÖ. Landesausstellungen beziehungsweise Landesgartenschauen wird gedeckelt. Für die Landesausstellungen nach 2027 wird ein neuer Ausschreibungsprozess gestartet. Dabei werden jeweils nur noch zwei Landesausstellungsprojekte im Voraus geplant.
Das neue Museum Lauriacum: interaktiv – anschaulich – unterhaltsam
Das 1892 gegründete Museum Lauriacum ist die drittälteste wissenschaftliche museale Institution in Oberösterreich. Die ersten Schauräume befanden sich im Meierhof des Schlosses Ennsegg, doch konnten die musealen Exponate schon 1898 durch das Entgegenkommen der Stadtgemeinde Enns im historischen Ratssaal im ehemaligen Rathaus in würdigem Rahmen aufgestellt werden.
Eingangsbereich: Legio – das römische Heer
Im ersten großen Ausstellungsraum wird das römische Heer anschaulich vor Augen geführt: Was ist eine Legion? Welche Truppen und Chargen hat es gegeben und wie sind die Soldaten bewaffnet gewesen? Das Highlight ist eine 6000 Mann starke, handbemalte Zinnfigurenlegion „Mules of Marius“ (mules-of-marius.com).
Imperium Romanum
Im nächsten Bereich erfolgt die Verortung von Lauriacum im Imperium Romanum und in der Provinz Noricum. Lauriacum wurde mit der Stationierung der legio II Italica, der zweiten Italischen Legion, am Ende des zweiten Jahrhunderts n. Chr. einer von zirka 30 Legionsstützpunkten im Römischen Reich. Hier wird die Einbindung in den sogenannten „Donau-Limes“ deutlich. Ab Mitte 2019 könnte Lauriacum/Enns einer der zentralen Orte des UNESCO Welterbes Donaulimes sein. Der Antrag für den Abschnitt West (Ostbayern, Österreich, Slowakei, Ungarn) wird in diesen Tagen eingereicht.
Legio II Italica
Der unter Kaiser Marcus Aurelius im Vorfeld der Markomannenkriege in Norditalien ausgehobenen zweiten Italischen Legion ist ein eigener Raum gewidmet. Der „Philosophenkaiser“ wird hier ebenso thematisiert wie der historische Hintergrund, der zur Aushebung der Einheit geführt hat. Anhand von Abbildungen der Marcus-Säule in Rom werden die Feldzüge gegen die Markomannen und ihre Verbündeten skizziert. Die Höhepunkte in diesem Raum sind das in 3D-Druck gefertigte Modell des Legionslagers von Lauriacum und eine monumentale Bauinschrift, die einst über einem der Lagertore angebracht war. Außerdem in diesem Bereich: Eine Multimedia-Station, die die unglaubliche Karriere von Caius Memmius Fidus Iulius Albius, eines Kommandanten der „Legio II Italica“, zeigt.
Dis Manibus – Sterben in Lauriacum
Orpheus, der begnadete Musiker und Sänger der griechisch-römischen Mythologie bildet den Auftakt in jenem Bereich, der den Gräberfeldern von Lauriacum gewidmet ist. Das bedeutendste Objekt ist hier jedoch die Grabinschrift, die eine der beiden Leitfiguren der Ausstellung, Seccius Secundinus, für sich und seine Familie meißeln ließ. Die Inschrift wurde bereits um 1300 in der Lorcher Basilika wiederentdeckt und ist damit auch das wichtigste Exponat zur frühen Forschungsgeschichte zur Römerzeit in Oberösterreich.
Lebenszeichen aus Lauriacum – Anthropologie
Die jüngsten anthropologischen Forschungen von Maria Marschler und Andrea Stadlmayr (Naturhistorisches Museum Wien) zum größten bekannten Gräberfeld von Lauriacum, dem sogenannten Steinpaß, können als Meilenstein in der Erforschung des Lebensraumes an der Donau in Oberösterreich vom 2. bis zum 4. Jahrhundert bezeichnet werden. Volkskrankheiten konnten ebenso diagnostiziert werden wie tödliche Verletzungen, Enthauptungen, aber auch erfolgreich behandelte Verletzungen, arbeitsbedingte Überbelastungen und vieles andere mehr. Besonders interessant ist die schlechte Zahngesundheit der damaligen Menschen. Beim Großteil der am Steinpaß Bestatteten fanden sich Hinweise auf Karieserkrankungen. Diese Zahndefekte stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit der aufgenommenen Nahrung, die primär auf Getreide basierte. Diese und andere Themen rund um die anthropologischen Forschungen werden in einer interaktiven Station vermittelt.
Erstes Obergeschoß: Die zivilen Siedlungsbereiche von Lauriacum
Das erste Obergeschoß ist den zivilen Siedlungsbereichen gewidmet. Der Zuzug von zirka 6000 Soldaten und vielen weiteren Menschen brachte einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung, nicht nur für die Siedlung, sondern für die gesamte Region mit sich. Zur Blütezeit dürfte Lauriacum etwa 25.000 Einwohner beherbergt haben – also etwa doppelt so viele wie die heutige Stadt Enns.
Wand- und Deckenmalerei – römischer Tapetenwechsel
Die österreichweit bedeutendsten römischen Funde von Wand- und Deckenmalereien der letzten Jahrzehnte unterstreichen die Sonderstellung von Lauriacum und zeugen vom Wohlstand der römischen Siedlung. Sie vermitteln die Vielfalt der römischen Wanddekoration und ihre stilistische Entwicklung. Bis zu vier übereinander liegende Schichten – also Belege für römerzeitlichen „Tapetenwechsel“ – zeigen prachtvolle figurale und dekorative Elemente. Neben der antiken Technik, dem Material und der Handwerkskunst thematisiert die Ausstellung auch die moderne konservatorische Bearbeitung der sensiblen Objekte.
Stadtgeschichte – von der Römerzeit ins Mittelalter
Ausgehend von einer römischen Siedlung am Schnittpunkt wichtiger Verkehrswege, entwickelte sich Lauriacum ab dem späten zweiten Jahrhundert n. Chr. durch die Stationierung der Legio II Italica zum größten militärischen Stützpunkt der Provinz Noricum mit einem Legionslager und zivilen Siedlungsbereichen. Zur Zeit Kaiser Diocletians erlitt der Landespatron, der Heilige Florian, am 4. Mai 304 den Märtyrertod durch Ertränken in der Enns. In der Spätantike war Lauriacum Bischofssitz und über den baulichen Resten einer frühchristlichen Kirche erhebt sich heute die Basilika St. Laurentius in Lorch/Enns.
Die älteste Stadt Österreichs
Durch die Verleihung des Stadtrechts durch Leopold VI. am 22. April 1212 ist Enns die älteste Stadt Österreichs, deren heute noch erhaltene Stadtmauer die Wiederverwendung antiker Baumaterialien aus dem römischen Legionslager erkennen lässt. Im Stadtgeschichte-Raum wird die wechselvolle Geschichte von Enns im Zeitraffer dargestellt. Neben ausgewählten Exponaten, die stellvertretend die verschiedenen Epochen repräsentieren, wird eine multimediale Präsentation auf einem großen Landschaftsmodell die Entwicklung bis ins Heute besonders anschaulich vor Augen führen.
Zweites Obergeschoß: Numismatik – Bilderwelten
Im zweiten Stockwerk wird eine Auswahl der zirka 40.000 dokumentierten Fundmünzen von Lauriacum gezeigt. Neben verschiedenen Herstellungstechniken, den obligaten Informationen zu Münzstätten, Nominalien, Kaufkraft, Einkommen und Inflation kann das Publikum selbstverständlich auch in antike Bilderwelten eintauchen, denn die Münzen waren ein wichtiges Propagandainstrument für den Kaiser und seine Familie.
Alltag in Lauriacum
Der großzügig gestaltete Themenbereich Alltag in Lauriacum lädt zur aktiven Beteiligung ein. Die vielfältigen archäologischen Exponate des Museums gewähren tiefe Einblicke in die Lebensräume einer römischen Garnisonssiedlung an der Außengrenze des Imperium Romanum. Im Fokus stehen das öffentliche Leben, die Glaubenswelten, die Ernährung und die Versorgung der Bewohner durch lokales Handwerk und überregionalen Handel.
Schaugrabung Taberna (September/Oktober 2018)
Bei der im September und Oktober 2018 stattfindenden Schaugrabung auf dem Gelände der Firma Büsscher & Hoffmann sind weitere neue Erkenntnisse zum Leben in Lauriacum zu erwarten. Das Ziel der Ausgrabung ist die vollständige Freilegung einer Taberna (Haus mit Ladenfront) an „der ersten Nordumfahrung von Enns“, einer der Hauptstraßen der antiken Siedlung. Das Publikum kann den Archäologen bei der Arbeit über die Schulter schauen oder via Webcam die Ausgrabungen verfolgen. Von 3. September bis 4. November 2018 werden Führungen bei den Ausgrabungsstätten „Taberna an der Nordumfahrung“ und „Kalkbrennöfen“ angeboten.
Basilika St. Laurenz
In der Unterkirche der Basilika St. Laurenz wurden durch Ausgrabungen in den 1960er Jahren römische Mauerreste sichtbar, die ein einzigartiges Zeugnis eines römischen Prunkbaus darstellen. Mittels moderner Lichttechnik werden die gesamte Raumwirkung, und die Wegführung verstärkt sowie die einzelnen Bauphasen an den alten Mauern sichtbar. Großformatige Fotoaufnahmen würdigen die Ausgrabungen, die nur durch umfangreiche Unterfangungen der Stützpfeiler der Kirche durch massive Betonfundamente möglich waren.
Aktionsorientierte Vermittlungsprogramme für Schulen
Speziell für Kinder und Jugendliche von sechs bis 18 Jahren wurden dialog-orientierte und aktionsreiche Führungen konzipiert. Besonderer Wert wurde auf methodische und didaktische Vielfalt sowie auf Berücksichtigung der altersgemäßen Interessen und Fähigkeiten gelegt. Die interaktiven Stationen der Ausstellung sind den Schulstufen entsprechend in die Vermittlungsprogramme integriert. Aktive Teilnahme sei ausdrücklich erwünscht, denn nur durch Ausprobieren, Erforschen und Nachdenken sei kreatives und nachhaltiges Lernen möglich. Dem Thema entsprechend werden auch Führungen mit Schwerpunkt Latein angeboten.
Vermittlungsangebote
Die Vermittlungsangebote für Schulen werden am 8. Mai 2018, von 15 bis 18 Uhr im Museum Lauriacum vorgestellt. Es besteht auch die Möglichkeit, eine Kurzführung mit Schwerpunkt Schulvermittlung in der Unterkirche der Basilika St. Laurenz zu besuchen. Anmeldung per mail oder telefonisch bis 7. Mai 2018 (ohne Genehmigung durch die Leitung) bei Frau Edith Sturm (edith.sturm@ph-ooe.at), 0732 7470 7287 (Referentin: Inge Friedl / Veranstaltungsnummer 26F8ÜSA123)
Schulprojekt im Vorfeld der Landesausstellung
Auf Wunsch der Ennser Schulen wurde im Vorfeld der Landesausstellung ein interaktives Forscherheft mit dem Titel „Eine Reise durch Lauriacum. Erlebe Geschichte. Erforsche das Römerlager“ entwickelt. Zur Vorbereitung auf den Ausstellungsbesuch können sich Schulklassen im Rahmen eines Lehrausgangs in Enns auf die Spuren der römischen Legionäre begeben und die im Heft gestellten Forschungsaufträge lösen.
Barrierefreie Angebote
In Kooperation mit dem Landesverband der Gehörlosenvereine in Oberösterreich werden jeden zweiten Samstag im Monat, um 10 Uhr, Führungen mit Gebärdensprach-Dolmetscherinnen im Museum Lauriacum und in der Basilika St. Laurenz angeboten. (Termine: 12. Mai, 09. Juni, 14. Juli, 11. August, 08. September, 13. Oktober). Führungen für blinde und sehbeeinträchtigte Besucher nach Voranmeldung.
Rahmenprogramm
Ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm mit weit über 100 Veranstaltungsterminen und rund 50 geförderten Projekten begleitet die diesjährige Landesausstellung und lädt zur vertiefenden Auseinandersetzung mit dem Ausstellungsthema ebenso wie zum Genuss von Kunst und Kultur, aber auch zum Feiern von Festen und Jubiläen ein.
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