Leserbrief: Völlig überzogen – die Krise regional und allgemein
INZERSDORF IM KREMSTAL. Rudolf Diensthuber aus Inzersdorf, ÖGB Vorsitzender Region Kirchdorf, hat einen Leserbrief mit seinen Gedanken zur Corona-Krise verfasst.
Gleich vorweg – ich nehme die gesundheitliche Bedrohung durch Corona sehr ernst und befolge die Vorsichtsmaßnahmen, womit ich jedwede Verharmlosung ausschließe.
Aber es gibt auch Anordnungen, die mir als regionaler Gewerkschafter eindeutig zu weit gehen und die die Freiheitsrechte jedes Einzelnen in einem Ausmaß einschränken, das völlig überzogen ist.
„Die Freiheit ist das höchste Gut des Menschen“ – kritische Meinungen werden aber sofort in das Eck der Verschwörungsfanatiker gedrängt. Experten, die nicht die Regierungslinie vertreten, sind nicht erwünscht. Kanzler Kurz sollte eigentlich Ruhe und Besonnenheit vermitteln, schürt aber durch völlig überzogene Angst und Panikmache die Ängste der Menschen. Tausende von Toten zu prophezeien ist äußerst unseriös. Jenen besonnen politischen Kräften, die den Kahlschlag unseres Gesundheitssystems verhindert haben, ist es zu verdanken, dass dieser Sozialstaat nun viele Leben rettet.
Neben einem schleichenden Demokratieabbau orte ich auch völlige Empathielosigkeit gegenüber den mittlerweile über 500.000 arbeitslosen Menschen – der höchste Wert seit 1946. Aber es interessiert die Führung dieses Landes nicht, wie Menschen plötzlich mit der Hälfte ihres Gehaltes ihre Familien versorgen sollen. Eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 75 Prozent ist das Gebot der Stunde, um großflächige Armut zu verhindern.
Der ÖGB hat ein gutdotiertes Kurzarbeitsmodell erarbeitet, welches leider auch im Bezirk nicht ausreichend genützt wurde – spontane Kündigungen hatten leider Vorrang, die Arbeitslosigkeit hat sich deshalb bei uns verdoppelt. Eventueller Missbrauch der Kurzarbeit würde auch bei uns mit aller Härte geahndet. Natürlich hätte es wirtschaftlich verträglichere Varianten der Virusbekämpfung gegeben, aber die Regierung hat dieses Land nun einmal stillgelegt und wir als Gewerkschaften haben den Anspruch und Auftrag, die Folgen für die betroffenen Arbeitnehmer und deren Familien zu minimieren.
Die steuerzahlenden Bürger dieses Landes haben diese Krise nicht verursacht, aber sie werden - nebst gesundheitlichen Schäden - wieder einmal den Preis dafür bezahlen, denn Konzerne greift unsere Politik ja nach wie vor mit Glacehandschuhen an – man kennt sich ja.
Unser Bezirk ist keine Insel – auch uns treffen die Auswirkungen und Folgen mit voller Wucht. Es bleibt zu hoffen, dass die führende Politik begreift, in welch missliche Lage sie unser Land durch ihre überzogenen Maßnahmen gebracht hat. Dazu gehört auch, diese Angst- und Panikpolitik umgehend zu beenden – Menschen total zu verängstigen, ist jedenfalls nicht hilfreich.
von Rudolf Diensthuber aus Inzersdorf
ÖGB Vorsitzender Region Kirchdorf
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