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WeinKulTour Symposium: So sieht der Weintourismus der Zukunft aus

Leserartikel Martin Grob, 27.03.2017 16:17

Krems. An der IMC Fachhochschule fand kürzlich ein WeinKulTour Symposium statt. Dabei ging es neben der Verbindung von Wein und Tourismus auch darum, wie man diesen Markt in unserer Region besser erschließen kann. Internationale Gastredner präsentierten Vorbilder wie Südtirol und Spanien, die bereits vorzeigen, wie man Tradition und Moderne miteinander verbinden kann. Als Moderator führte Albert Franz Stöckl durch das Programm. Er ist Studiengangsleiter des International Wine Business Programms und einer der Hauptverantwortlichen für die akademische Weinkompetenz in Krems.

Lukas Renz von Bärnstein präsentierte seinen natürlichen Muntermacher. Fotos: Grob
  1 / 11   Lukas Renz von Bärnstein präsentierte seinen natürlichen Muntermacher. Fotos: Grob

Das Weinsymposium an der IMC Fachhochschule Krems war Teil der Business Week 2017, bei der eine Woche lang unternehmerische Fragen beleuchtet wurden. In seiner Einleitung stellte Albert Franz Stöckl klar, dass man als Unternehmer heute nur erfolgreich sein kann, wenn man mit neuen Ideen und innovativen Produkten an den Start geht. Das Erkennen von Trends spiele dabei eine große Rolle: „In den 70er Jahren gab es in Wien noch 500 Heurigenlokale, heute sind es gerade einmal 120. Hohe Lohnnebenkosten und andere erschwerende Umstände sind der Grund dafür“, so Stöckl. Dieser Fehlentwicklung müsse man mit gezielten Maßnahmen entgegenwirken.

Fortschritt durch Zufall

Als erster Vortragender betrachtete der Wiener Philosoph, Journalist und Buchautor Georg Schildhammer Wein, Kulinarik und Tourismus im geschichtlichen Zusammenhang. Wie kamen die frühen Menschen auf die Idee, das gerade entdeckte Feuer für die Zubereitung von Fleisch zu verwenden? Laut Schildhammer waren für solche Entdeckungen oft zufällige Ereignisse verantwortlich. So könne es ein einfacher Waldbrand gewesen sein, durch den die Urmenschen erkannten, dass gebratenes Fleisch gut schmecke. Ähnliches gelte für die Konservierung durch das Pökeln in Salz oder das Backen von Brot. Der Wunsch unserer Spezies nach Gemütlichkeit und Geborgenheit hätte immer größere Schritte möglich gemacht. „Der Mensch hat nicht nur Instrumente zum Überleben, sondern auch zum Besserleben gefunden“, so der Wiener Philosoph.

Weltweit gibt es 8.000 Rebsorten

Eines dieser Instrumente sei die Herstellung von Wein durch die natürliche Gärung des Traubenmosts. „Das Alter des kulturellen Weinbaus wird auf 4000 bis 7000 Jahre geschätzt“, sagte Schildhammer und wies darauf hin, dass es weltweit heute 8000 verschiedene Rebsorten gebe, die alle auf eine Urrebsorte zurückgehen. Auch das Problem mit dem übertriebenen Genuss sei so alt wie der Weinbau selbst. So habe einst schon Cicero im römischen Senat Marcus Antonius dazu aufgerufen, er möge doch auch einmal nüchtern zu einer Sitzung kommen. „Genuss in Maßen ist jedoch legitim und steigert den Lebensstandard“, sagte Georg Schildhammer zum Abschluss seines Vortrags.

Kunden kaufen Erinnerungen zurück

Danach präsentierte Ulrich Orth seine Forschungsergebnisse zu Wein- und Tourismuserlebniswelten. Er analysierte das Kaufverhalten und die Psychologie von Konsumenten, vermehrt im Zusammenhang mit Design und Musik. So hat seine Forschung unter anderem die Erkenntnis gebracht, dass Restaurantgäste öfter zu deutschen Weinen greifen, wenn im Hintergrund deutsche Musik gespielt wird. Ebenso gibt es bei französischer Musik eine stärkere Tendenz zu französischem Wein. Ein angenehmer Duft habe in vielen Fällen eine positive Auswirkung auf das Einkaufsverhalten und höhere Pro-Kopf-Ausgaben zur Folge.

Persönliche Beziehung zum Winzer

Das Erlebnis in einem Weingut habe für den Konsumenten wesentliche Auswirkungen auf das zukünftige Verhalten. Als positives Beispiel nannte Professor Orth die Weinerlebniswelt der Winzer Krems, wo man Wein mit allen Sinnen erfahren könne. Generell stellte der Forscher fest, dass der Besuch eines Weinguts beim Konsumenten eine stärkere emotionale Bindung auslöst und zum Wiederkauf animiert. Die Kunden seien danach sogar bereit einen höheren Preis zu bezahlen, „da man sich mit dem Kauf des Weins Erinnerungen zurückholen kann“.

Gigantomanie in Spanien

Der deutsche Unternehmensberater Rainer Brusis, der seit Jahren in Spanien arbeitet, erzählte anschließend über den dortigen Weintourismus zwischen Gigantomanie und gewachsener Tradition. Spanien sei zwar eine der führenden Tourismusregionen und bewirtschafte 15 Prozent der weltweiten Rebflächen, beim Weintourismus gebe es mit rund drei Millionen Besuchern pro Jahr allerdings noch Aufholbedarf. Zwischen 2001 und 2008, bis zur globalen Finanzkrise, entstanden in Spanien „die sogenannten Weinkathedralen des 21. Jahrhunderts“. Die teils gigantischen Bauten hätten Unsummen gekostet und die Weingüter teilweise an den Rand des Bankrotts getrieben.

Trend zu nachhaltigen Erlebnissen

Eines seiner Beispiele war das Hotel „Marques de Riscal“ in der spanischen Provinz Alava mit 150.000 Besuchern pro Jahr. Entworfen wurde es vom Star-Architekten Frank Gehry und die Baukosten hätten sich mit rund 80 Millionen Euro zu Buche geschlagen. Solche Zugpferde seien zwar wichtig für die internationale Bekanntheit, der Trend gehe allerdings wieder zurück zu nachhaltigeren Weintourismuserlebnissen. „Obwohl der Weintourismus noch immer ein Nischenprodukt ist, geht die Nachfrage steil nach oben“, sagte Rainer Brusis. Für den Unternehmensberater ist es auch wichtig, dass Weingüter bei ihren Führungen mehr auf das mittlerweile höhere Weinwissen ihrer Besucher eingehen.

„Nachholbedarf beim Service“

Axel Dreyer versuchte daraufhin, dem Publikum Tipps für die Entwicklung von Tourismusregionen zu geben. Dreyer ist Professor für Tourismusmanagement und Marketing an der Hochschule Harz. Er warnte davor, dass sich die vielen unterschiedlichen Angebote immer mehr einander angleichen. Außerdem stellte er fest: „Es wird immer so gern das hohe Lied vom Gast gesungen, tatsächlich gibt es aber noch immer viel Nachholbedarf beim Service“. Entwicklungen und Trends wie allergiefreie Zimmer würden in der Hotellerie noch immer unterschätzt. Auch vegane Kost müsse auf mehr Speisekarten Einzug halten, um den Wünschen der Gäste besser zu entsprechen.

Weintourismus: Lerninteresse steigt

„Im Weintourismus ist es so, dass der Genuss dominiert, aber auch das Lerninteresse der Gäste steigt“, so Dreyer. Der erhöhte Wettbewerb werde mittelfristig zu neuen Angeboten führen. Dabei sei nicht mehr nur die Außenarchitektur moderner Weingüter wichtig, sondern immer mehr auch das Innendesign. Die Verschmelzung von Verkostungsraum und Verkaufsbereich müsse dabei eines der obersten Ziele sein. Interessant sei auch, dass der Trend wieder hin zu ländlichen Destinationen gehe, Entschleunigung sei dabei eines der Stichwörter.

Podiumsdiskussion

Bevor sich die Vortragenden des Vormittags gemeinsam mit „Donau Niederösterreich Tourismus“-Geschäftsführer Bernhard Schröder bei einer Podiumsdiskussion den Fragen von Albert Franz Stöckl stellten, erzählte Günter Schamel noch über den Weintourismus in Südtirol. Er lehrt an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Freien Universität Bozen. Für ihn sei die Region vor allem aufgrund der Symbiose von mediterraner und alpiner Landschaft besonders interessant für Gäste. Bei der Podiumsdiskussion wies Bernhard Schröder darauf hin, dass Österreich als Weinreisedestination zwar schon einige internationale Auszeichnungen gewonnen hat, jedoch vorhandene Strukturen noch immer ausbau- und verbesserungsfähig sind: „Wir müssen aufpassen, dass wir im Prospekt nicht zu viel versprechen und dann vor Ort nicht dazu in der Lage sind das Angebot zu erfüllen.“ Axel Dreyer betonte ebenfalls, dass Kundenzufriedenheit oft von den Erwartungen abhängt, die im Vorfeld geweckt wurden.

Weitere Programmpunkte

Weitere Themen der Impulsvorträge und Workshops des Nachmittags waren: „Authentizität versus Zeitgeist? Inszenierung und Architektur im Kulinarik Tourismus“ von Markus Spitzbart und „Was will der Markt vom Markt? Die Frage des Nutzens bei der Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen“ von Marie-Theres Zirm. Im Anschluss fand eine kommentierte Präsentation und Weinverkostung durch das Weingut Domäne Wachau statt.


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