"Respekt wäre so leicht": Brucknerfest mit Festrede von "Wüstenblume" Waris Dirie eröffnet
LINZ. Das Internationale Brucknerfest Linz 2020 ist offiziell eröffnet. Am 13. September fand im Brucknerhaus unter Anwesenheit zahlreicher Ehrengäste aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Religion der Festakt statt. Die diesjährige Festrede hielt Menschenrechtsaktivistin, Top-Model und Autorin Waris Dirie. Sie rechnete mit der Gesellschaft ab.
Wenn die Festrede von Waris Dierie auch improvisiert wirkte, hatte sie doch einiges zu sagen. Es gebe so Vieles, was sie bewege. Für sie ein sehr persönliches Thema, von dem sie selbst sehr stark betroffen sei: Rassismus. „Ich merke es seit Corona mehr und mehr. Auch in meinem wunderschönen Österreich – und ich könnte nicht stolzer sein, Österreicherin zu sein. Das ist nicht tolerierbar, nicht lustig, nicht fair. Wir sind alle gleich und wir fühlen alle gleich“, so die sichtlich bewegte Festrednerin. Dabei wäre es so leicht, sich gegenseitig mit Respekt zu behandeln. Das Festpublikum honorierte mit Applaus.
Dirie unterstreicht die Rolle der Frau in der Gesellschaft. Frauen seien es, die die Söhne erziehen, sie selbst ist Mutter von drei Söhnen, „die beste Produktion in meinem Leben“, schmunzelt sie. Respekt und Liebe müssten die Söhne lernen. An die jungen Leute richtet sie die Worte: „Ihr habt die Macht, die Welt zu verändern.“
Klare Worte fand Dirie in Richtung Politikern weltweit: „Wir haben euch Vertrauen gegeben, die Macht, Entscheidungen zu treffen. Alles, was ihr tun müsst, ist euren Job zu machen – richtig zu machen. Ihr seid uns das schuldig“, so die Aktivistin.
Aber die heutige Gesellschaft und Welt generell bestehe zu sehr aus Gier, aus Egoismus, das könne sie nicht tolerieren, so Dirie. „Ich glaube ans Teilen, ich glaube daran, eine helfende Hand zu reichen.“
„Ich appelliere an Euch, Mütter und Väter, Töchter und Söhne, dass Ihr Euch Eurer eigenen Verantwortung bewusst seid und auch nicht mehr wartet. Denn jede und jeder von uns kann täglich ganz bewusst ihren oder seinen Beitrag leisten, um all die Missstände, die uns an diesen Abgrund geführt haben, abzustellen.“
Junge Musiktalente umrahmten die Feier
Besonders beeindruckt zeigte sich Waris Dirie über die musikalischen Klänge im Brucknerhaus. Der Festakt wurde vom Oberösterreichischen Jugendsinfonieorchesters unter der Leitung von Adrien Perruchon musikalisch umrahmt. Ebenso beteiligt, aber coronabedingt über Videoeinspielung: der von Sigurd Hennemann geleiteten Fanny Hensel KonzertChor. Das musikalische Programm war mit Werken von Franz Liszt und Richard Wagner sowie der beiden Antipoden Anton Bruckner und Johannes Brahms ganz auf das Thema des heurigen Brucknerfestes abgestimmt, das sich unter dem Motto „Kontroverse – Bruckner und seine Zeit(genossen)“ dem in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erbittert ausgetragenen „musikalischen Bürgerkrieg“ zwischen den sogenannten „Neudeutschen“ und den „Akademikern“ widmet.
Zahlreiche Ehrengäste
Kulturstadträtin Doris Lang-Mayerhofer begrüßte die zahlreich erschienenen Festgäste. Bürgermeister Klaus Luger, Landeshautpmann Thomas Stelzer und die Zweite Nationalratspräsident Doris Bures eröffneten das Internationale Brucknerfest Linz mit ihren Festansprachen.
In seiner Rede verwies Bürgermeister Klaus Luger auf das Festivalthema „Kontroverse“ - dies bedeute für ihn, sich mit etwas auseinanderzusetzen und Haltung einzunehmen: „Die entscheiden Frage ist in den letzten Jahren: Wie gehen wir mit Europa um. Ich glaube, wir sollten die Kontroverse führen, was wir den wirklich möchten. Man wäre aus aktuellem Anlass gut beraten, bei den Bildern, die wir von Moria sehen, dass wir hier Haltung beziehen sollten. Und Haltung heißt nicht alleine, Geld hinzuschieben“, so Luger in Richtung Bundesregierung.
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