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Lentos-Ausstellung: Inge Dick zeigt die "Farben des Lichts"

Nora Heindl, 17.03.2022 18:51

LINZ. Inge Dick macht sichtbar, was das menschliche Auge eigentlich nicht sehen kann: das faszinierende Farbspektrum von natürlichem Licht auf weißer Fläche, sei es das leuchtende Morgenrot, der helle Sonnenschein zu Mittag oder der Regenguss am Nachmittag. Anlässlich ihres 80sten Geburtstags im Vorjahr steht Inge Dicks vierteiliges Projekt „jahres licht weiss“ (entstanden von 2012 bis 2015) im Zentrum der neuesten Ausstellung im Lentos.

Künstlerin Inge Dick (Foto: Hermann Seidl / Fotohof)
  1 / 3   Künstlerin Inge Dick (Foto: Hermann Seidl / Fotohof)

Es begann als Experiment mit offenem Ausgang im August 2012. Statt wie zuvor mit einer Polaroidkamera, richtete Inge Dick eine Digitalkamera auf eine weiße Wand in ihrem Atelier am Mondsee, Boden, Wände und Decke hatte sie zuvor mit Papier und Leintüchern verkleidet. Drei Tage lang, jeweils von kurz vor Sonnenaufgang bis kurz nach Sonnenuntergang, zeichnet die Kamera die Veränderungen der Lichtintensität und den Wandel der Lichtfarbe auf - ausschließlich bestimmt durch den Rhythmus der Tageszeiten und den Einfluss der Natur.

Das Ergebnis des 55-Stunden-Films versetzt die Künstlerin, wie auch ihren technischen Partner Markus Fischer, in Staunen. Der Film fördert ein faszinierendes Farbspektrum zutage. Das Kameraauge kann sehen, was dem menschlichen Auge verborgen bleibt. Denn das Auge ist darauf konditioniert, sich den jeweiligen Lichtgegebenheiten anzupassen und eine weiße Fläche sowohl im hellen Mittagslicht als auch im leuchtenden Abendrot gleich weiß erscheinen zu lassen. „Mit ihrer bemerkenswerten Konzeptarbeit führt uns Inge Dick vor Augen, wie subjektiv unsere Wahrnehmung im Vergleich zu den vermeintlich objektiven Aufzeichnungen einer Kamera ist“, erklärt Kuratorin Gerda Ridler.

Außergewöhnliches Jahreszeitenprojekt

Der Film ist die Ausgangsbasis für ihre fotografische Arbeit herbst licht weiss. Dafür isolierte Dick einzelne, ausgewählte Farbsequenzen aus dem Film heraus und reiht sie in gleich breiten, vertikalen Farbstreifen chronologisch aneinander, um so die zeitliche Abfolge der Lichtfarben eines oder mehrerer Tage sichtbar zu machen. Bei der Auswahl folgt Dick keinem gleichbleibenden Zeitabstand, es ist eine künstlerische Entscheidung. Jeden einzelne Farbstreifen versieht sie mit dem exakten Zeitpunkt seiner Aufnahme.

Dem ersten Projekt folgen sommer licht weiss (2013), frühlings licht weiss (2014) und winter licht weiss (2014/2015), um die erstaunliche Farbenpracht eines ganzen Jahres zu vereinen. Gefilmt wird immer über mehrere Tage. Insgesamt umfasst das Projekt am Ende 382 Stunden und 54 Minuten digitales Istzeit-Filmmaterial. Die fotografischen Arbeiten sind zum Teil knapp sieben Meter lang.

Um die Farben der vier Jahreszeiten noch intensiver erlebbar zu machen, hat Inge Dick für die Ausstellung im Lentos eine neue Spielart der Präsentation entwickelt. Aus der Farbenvielfalt einer Jahreszeit wählt die Künstlerin einzelne Farbtöne aus, die sie als rasterförmig angeordnete Kompositionen von 20 bis 45 Farbquadraten in den Maßen 60 x 60 cm zu gemeinsamen Tableaus ordnet.

„Licht ist das künstlerische Lebensthema von Inge Dick. Sie arbeitet mit natürlichem Licht, das zwar keine physisch greifbare, aber eine über die Wahrnehmung fühlbare Präsenz besitzt. In jahrelanger, fast wissenschaftlicher Akribie ist es ihr mit unterschiedlichen Medien gelungen, die Substanz des Lichts einzufangen und die sich im Tagesablauf verändernde Farbtemperatur bildhaft zu machen“, fasst Kuratorin Ridler die künstlerische Intention von Inge Dick zusammen. 

Renommierte Vertreterin der österreichischen Gegenwartskunst

„Das Werk von Inge Dick stellt eine einzigartige Position im Bereich der zeitgenössischen experimentellen Fotografie und des Films dar. Das Lentos hat kürzlich zwei Arbeiten der Künstlerin erworben. Der Ankauf einer dieser Arbeiten konnte mit Unterstützung der Lentos Freunde getätigt werden und ist ein weiterer Schritt die Sammlung um wichtige weibliche Positionen zu ergänzen“, erläutert Hemma Schmutz, Direktorin des Lentos Kunstmuseum Linz.

„Die Ausstellung setzt erneut ein Zeichen für starke weibliche Positionen in der zeitgenössischen Kunst“, unterstreicht auch Doris Lang-Mayerhofer, Stadträtin für Kultur, Tourismus und Kreativwirtschaft der Stadt Linz.

Für ihre einzigartige Position im Bereich der zeitgenössischen experimentellen Fotografie und des Films erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem im Jahr 2020 den Österreichischen Kunstpreis für Fotografie.

Monografie erschienen

Begleitend zur Ausstellung erschien die erste Monografie, die die gesamte Bandbreite des mehr als 50-jährigen Schaffens der Künstlerin würdigt.

Ausstellungsdauer bis 14. August 2022
Öffnungszeiten: Di-So 10-18 Uhr, Do-20 Uhr,
Künstlerinnengespräch: Do, 7. April, 18-20 Uhr: Lentos-Direktorin Hemma Schmutz im Gespräch mit Inge Dick über ihr fotografisches und filmisches Werk
Performance mit Bodo Hell: Do, 2. Juni, 18-20 Uhr: Autor und Performer Bodo Hell, ein langjähriger Wegbegleiter von Inge Dick, führt seine literarische Sprechperformance zu den fotografischen Lichtarbeiten in den Ausstellungsräumen auf. Im Anschluss spricht er mit der Künstlerin über ihr Werk und gemeinsame Projekte.

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