
LINZ. Am Beispiel eines Blindgängers widmet sich „blind gang boom, once we were golden“ aktuell im Theater Phönix dem Umgang einer Gesellschaft mit ihrer Vergangenheit und was das für das Heute und Morgen bedeutet.
Er ist gekommen, um zu explodieren. Aber über die Jahre hat es sich der Blindgänger gemütlich gemacht in der Erde, tief unter dem einwenig desinteressierten Weizenfeld. Aber dann wird er plötzlich gefunden von Lady Die und einem Maulwurf. In der Enge der Erde sind sie gezwungen, sich miteinander auseinander zu setzen. Gegenseitig konfrontieren sie sich mit all den Rollen, die sie in einer Gesellschaft spielen, die über 100.000 Blindgänger allein in Deutschland und Österreich vergraben hat und sie jetzt lieber vergessen würde.
Der Umgang der Gesellschaft mit der eigenen Geschichte
Autorin und erstmals auch Regisseurin Eleonore Khuen-Belasi geht in ihrem neuen Stück mit Gewaltfantasien und patriarchaler Kriegslogik ins Gericht. Sie hinterfragt in einer scharfzüngigen wie intimen Dreierconférence, bei der trotz allem der Humor nicht zu kurz kommt, den Impuls des Zuschüttens unangenehmer Vergangenheiten, die für die drei Gestalten auf der Bühne immer noch gegenwärtig sind. Kurz gesagt: Sie untersucht die Bombe.
Khuen-Belasi: „Ihre Existenz macht es unmöglich, sich nicht mit der Vergangenheit zu beschäftigen, denn diese Vergangenheit stellt unsere Gegenwart dar: Ein Blindgänger kann jederzeit hochgehen. Der Blindgänger ist kein Relikt aus früheren Zeiten, sondern eine aktuelle Gefahr für uns alle. Eine Bombe, die vor 75 Jahren nicht explodiert ist, ist eine Bombe, die eben heute explodieren kann — denn sie wurde gebaut, sie wurde abgeworfen, sie ist nun mal da. Der Blindgänger ist die materielle Realität dessen, was wir heute nicht wahrhaben wollen: Die Geschichte hört niemals auf.“
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