Tips-Sommergespräch: Auf einen Kaffee mit Bürgermeister Klaus Luger
LINZ. Tips hat Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) im Schlosscafé Linz getroffen, um mit ihm über den frühen Start seiner Politikkarriere, die aktuellen Turbulenzen in der Stadtregierung und den hitzig debattierten Standort für die IT:U zu sprechen.
Tips: Warum sind Sie Politiker geworden, gab es einen Schlüsselmoment?
Klaus Luger: Ich komme aus einem sehr politischen Haushalt, mein Vater war Gewerkschafter und sozialdemokratischer Kommunalpolitiker. Politik hat bei uns zuhause immer eine Rolle gespielt. Politisch aktiv bin ich seit dem 13. Lebensjahr. Das Schlüsselerlebnis war damals der Militärputsch von Pinochet gegen den sozialistischen Präsidenten Allende in Chile.
Tips: Das hat der 13-jährige Klaus Luger im Fernsehen gesehen und sich was gedacht?
Klaus Luger: Gauner! Das war übrigens ein 11. September und wenige Tage später war eine Demonstration in Linz und da bin ich zum ersten Mal demonstrieren gegangen, ich war noch nicht ganz 13. Im Februar 1992 wurde ich dann gefragt, ob ich Geschäftsführer der SPÖ werden möchte und habe beschlossen, meinen Beruf als Wissenschafter gegen jenen des Politikers zu tauschen.
Tips: Mussten Sie überlegen?
Klaus Luger: Ich habe schon überlegt, weil mir klar war, wenn ich Parteipolitik zum Hauptberuf mache ist es mit meiner wissenschaftlichen Karriere zu Ende. Das ist eine Zäsur im Leben gewesen. Aber wenn ich die ganzen 32 Jahre zurückblicke, habe ich mich richtig entschieden.
Tips: Es sind turbulente Zeiten in der Stadtregierung. Die ÖVP-Stadträtin Doris Lang-Mayerhofer hat einem Medium gegenüber angegeben, dass die Compliance-Vorwürfe gegen sie in der LIVA-Aufsichtsratssitzung nicht angesprochen bzw. diskutiert wurden. Warum nicht?
Klaus Luger: Dann war ich in der falschen Sitzung. Der Bericht ist schriftlich aufgelegen, es wurde berichtet durch die Juristen der KPMG. Ich habe eigentlich die ganze Zeit darauf gewartet, dass Frau Lang-Mayerhofer als Angesprochene, als Betroffene etwas sagt. Das hat sie nicht getan – es hat auch sonst niemand aus dem Aufsichtsrat eine Frage in dieser Causa gestellt. Damit war für mich klar, dass Frau Lang-Mayerhofer in dieser Sitzung, aus welchen Gründen auch immer, dazu nichts sagen will. Ich bin niemand, der auffordert, Stellung zu beziehen das steht mir auch nicht zu.
Tips: Wie geht es weiter?
Klaus Luger: Fakt ist, dass die Frau Stadträtin Regulatorien der Stadt nicht eingehalten hat. Ihr Argument, dass sie operativ nicht tätig sei, ist juristisch nicht haltbar. Aus Sicht der LIVA prüfen wir bei allen Vorgängen, bei allen Verfehlungen, es geht ja nicht nur um Kerschbaum und Lang-Mayerhofer, allfällige rechtliche Konsequenzen. Mein Eindruck ist, dass es keine strafbare Handlung ist, aber es hat Fassgeruch. Wie man mit der politischen Verantwortung umgeht, entscheidet die ÖVP – Sie werden in meinen 32 Jahren als Politiker keine Rücktrittsforderung von mir in Ihren Archiven finden.
Tips: Dietmar Kerschbaum will gegen seine Entlassung klagen und sagt, er habe keine Möglichkeit zur Stellungnahme bekommen. Wie ist hier das weitere Vorgehen?
Klaus Luger: Bezüglich des Anhörungsbedürfnis des Dietmar Kerschbaum: es ist nicht möglich im Kontrollausschuss, dort dürfen nur Dienstellenleiter des Magistrats befragt werden, das geht aus formalrechtlichen Gründen nicht. Ich habe Kerschbaum auf sein öffentliches Schreiben hin geantwortet, dass ich gerne bereit bin, ein Setting zu suchen, wo er seine Position auch darstellen kann. Jedoch sind wir in einem arbeitsrechtlichem Verfahren, das wird in den nächsten Wochen zu entscheiden sein. Es hängt auch davon ab, welche Schritte Kerschbaum selbst setzt – er hat auch schon 30.000 Euro zurücküberwiesen. Oberste Prämisse für mich ist, dass der Stadt kein Schaden erwachsen darf. Ich will mich zuerst juristisch beraten lassen.
Tips: Hätten Sie früher reagieren müssen?
Klaus Luger: Es sind schon nach dem ersten Kontrollamtsbericht 2023 die ersten Maßnahmen gesetzt worden, noch vor Erscheinen des Falter-Artikels, dort standen noch ganz andere Vorwürfe im Raum. Dann gilt es noch festzuhalten, dass der Aufsichtsrat nicht nur aus dem Vorsitzenden besteht, die Vorwürfe sind auch den anderen Mitgliedern erst sehr spät bekannt geworden. Ich habe jederzeit, ab dem Zeitpunkt, ab dem mir Vorwürfe bekannt wurden, Maßnahmen gesetzt.
Tips: Ihnen wird immer wieder vorgeworfen, dass die Stadtplanung bzw. die Stadt investorenfreundlich sei. Müsste man, um das Ziel einer klimaneutralen Stadt zu erreichen, nicht alles diesem Ziel hintanstellen?
Klaus Luger: Mit Sicherheit ist das kein Ziel, dem alles andere unterzuordnen ist, es ist immer abzuwägen. Wir sind eine Industriestadt und deshalb ist die oberste Prämisse, den Industriestandort bis 2050 klimaneutral zu machen. Hier sind wir mit den großen Industrieunternehmen auf einem guten Weg. Gleichzeitig heißt eine klimaneutrale Stadt nicht, dass wir ab heute verwalden und keine Bauaktivitäten mehr setzen – es wird weiterhin Krabbelstuben, Kindergärten, Horte, Büros, Straßenbahntrassen geben müssen. Das Argument, dass in Linz Investoren die Bautätigkeit bestimmen – ich kann nur sagen, wie sonst? Eine Bautätigkeit ist ein Investment und es gibt keine Entwicklung ohne Investitionen. Das heißt aber nicht, dass das ein Freibrief für Privatinvestoren ist – im Gegenteil, wenn man sich die Sitzungen des Gestaltungsbeirats in Erinnerungen ruft, gibt es massive Widersprüche zwischen Investoreninteressen und dem, was tatsächlich im Beirat genehmigt wird. Wir sind eine Stadt die wächst, auch weil es hier Perspektiven für die Menschen gibt – und das gilt es unter einen Hut zu bringen.
Tips: Der Standort für den Bau der IT:U sorgt für Kritik – warum muss die neue Uni in ein Maisfeld?
Klaus Luger: Müssen nicht, sie ist deswegen dort, weil die Bundesimmobiliengesellschaft das Grundstück erworben hat und es notwendig ist, eine Nähe zur Johannes Kepler Universität zu haben.
Tips: Warum ist das notwendig?
Klaus Luger: Es geht um inhaltliche Kooperationen, es geht nicht um Seminarräume oder eine Mensa. Die Nähe zu wesentlichen Instituten ist wichtig – die JKU ist im Fach Künstliche Intelligenz eine der führenden Universitäten in Europa, da wird es für die IT:U ganz wesentlich sein, zu kooperieren. Es braucht die räumliche Nähe zwischen den Personen, die Beziehungen zwischen Wissenschaftlern, Forschenden, Kreativen und Studierenden.
Tips: Das geht nicht nebenan als Direktanbau?
Klaus Luger: Das würde wahrscheinlich genauso nebenan gehen, Fakt ist jedoch, dass der Grundeigentümer die Standortentscheidung getroffen hat. Und es geht ja nicht nur um die IT:U – die unterschiedlichen Meinungen zwischen der Bürgerinitiative und mir gehen um etwas Grundsätzliches: ob dort überhaupt weitergebaut werden darf. Und es geht aus meiner Sicht um die Grundsatzfrage 'Ist Schluss mit Bauten, oder gibt es die Möglichkeit, auch in dicht verbauten Städten wie Linz notwendige Baumaßnahmen durchzuführen?'. Ich stehe dezidiert zu einer pragmatischen Position. Es soll auch in Zukunft Erweiterungsmöglichkeiten für Betriebe und die Universität geben. Es wird schwieriger, es wird differenzierter, auch das ist mir bewusst. Aber wenn man die JKU nicht weiterentwickeln lässt, riskiert man tatsächlich die Zukunft dieser Institution. Letztes Argument: es sind immer noch 50 Prozent der gesamten Stadtfläche Grünland, wir sprechen von 10 Hektar, die nicht zur Gänze verbaut werden. Und das Siegerprojekt ist für mich ein einfühlsames, weil es die Hanglage massiv ausnutzt und wegen der Baumaterialien. Es ändert sich auch die Bauökologie massiv – deswegen bin ich dafür, dass wir weiter bauen dürfen.
Tips: Aber warum nicht auf bereits versiegelter Fläche?
Klaus Luger: Weil es die dort nicht gibt. Und die Nähe zur JKU hat für mich einen höheren Stellenwert als die Frage der Versiegelung.
Tips: Was soll aus der Ära Luger übrigbleiben, wofür möchten Sie in Erinnerung bleiben?
Klaus Luger: Dass es mir gemeinsam mit der Stadtregierung gelungen ist, den Transformationsprozess als Industriestadt einzuleiten – das habe nicht ich alleine gemacht, sondern mit Partnern aus Industrie und Wissenschaft. Dass wir die Einzigartigkeit dieser Stadt bewahrt haben, während Europa weitgehend deindustrialisiert wird, dass wir Industriezentrum und -Hochburg bleiben. Vollenden werden diesen Prozess andere.
Tips: Sie haben angekündigt, 2027 nicht mehr zu kandidieren. Haben Sie schon einen Plan für die Zeit danach?
Klaus Luger: Ich werde mit Sicherheit beruflich aktiv bleiben – ich tendiere nicht zum Kartenspielen und zum Fernsehen. Ich werde mehr Zeit in meiner zweiten Heimat Kroatien verbringen, ich werde mehr Zeit fürs Laufen und Fußball haben und endlich jedes Heimspiel von Blau-Weiß Linz besuchen können. Ich bin auch Mitglied in Aufsichtsräten außerhalb der Stadt, dass werde ich möglicherweise weiterführen. Aber ich werde keine politischen Funktionen übernehmen, ich werde nicht Pensionistenverbands-Chef.
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