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MARTINSBERG. Nora Aigner ist eine hübsche, junge 25-jährige Frau. Alles ist ganz normal, bis der talentierten Sängerin und Französisch, Psychologie und Philosophie-Studentin eines Tages im Jahr 2015 die Stimme wegbleibt. Ein Arzt-Marathon beginnt. Acht Monate vergehen bis zur richtigen Diagnose „Eagle-Syndrom“.

Königin der Nacht ist Nora Aigner. Sie eröffnet den Opernball. Foto: Simon Alber
photo_library Königin der Nacht ist Nora Aigner. Sie eröffnet den Opernball. Foto: Simon Alber

Nora wächst im schönen Ort Martinsberg auf und hat eine unbeschwerte Kindheit. Neben dem Singen spielt sie Klavier und ist sprachbegabt. Die Stimme ist ihr Kapital, auch was ihren angehenden Beruf als Lehrerin angeht. Das alleine war für Nora schon dramatisch genug, dazu kommen die oft unerträglichen Schmerzen. Zahlreiche Ärzte konsultiert sie. Manchmal wird sie psychisch abgeschrieben, denn ihre Schmerzen sind nicht sichtbar. „Ich möchte keinem Arzt einen Vorwurf machen. Dass meine Krankheit so lange nicht erkannt wurde, liegt an ihrer Seltenheit und dem geringen Bekanntheitsgrad. Aber natürlich hat es mich sehr verletzt, wenn mir nicht geglaubt wurde und die Gründe für meine Schmerzen bei meinem emotionalen Gemütszustand gesucht wurden“, meint Nora. Und irgendwann beginnt man dann selbst schon an seinen eigenen Empfindungen zu zweifeln. Mit der Diagnose „Eagle-Syndrom“ war dann alles schlüssig. Getroffen hat Nora noch niemanden zweiten mit diesem Syndrom. Aber dank des digitalen Zeitalters ist sie in Kontakt mit einigen aus der ganzen Welt (USA, Kanada, Afrika, Australien, England, Frankreich) - Bloß aus Österreich ist niemand dabei. 

Kein Tag ohne Schmerzen

„Ich habe grundsätzlich eher eine hohe Schmerztoleranz, aber war selbst oft an meiner Grenze angelangt. Heute variiert es. Es gibt aber keinen Tag, an dem ich völlig schmerzfrei bin. Ich habe ständig Krämpfe im Hals, meine Narben im Mund tun weh, ich kann nicht gut schlucken weil meine Zungenbewegung eingeschränkt ist, bekomme sehr schnell starke Entzündungen, die sich anfühlen wie ein Feuerball“, so die tapfere, junge Frau.

Phasen der Verzweiflung

Am größten war die Niedergeschlagenheit nach den beiden Operationen 2016. „Ich hatte immer wieder Phasen der Verzweiflung, wenn ich an Punkten war, wo ich einfach nicht weiter wusste, wo niemand der 40 Ärzte mehr weiter wusste. Nachdem wir bis dahin so viele andere Lösungswege versucht hatten, schienen sie der letzte Ausweg zu sein, die Schmerzen loszuwerden. Und als nach den Eingriffen neue schmerzhafte Symptome die alten ersetzten, war ich sehr desillusioniert. Die Operationen waren meine letzte Hoffnung gewesen und die löste sich plötzlich in Luft auf. Das halbe Jahr danach, bis ich schließlich neue Therapieansätze fand, war eines der härtesten. Es erschien mir sinnlos, jeden Morgen aufzustehen, ich konnte nicht außer Haus und ich war müde, die Schmerzen zu ignorieren“, so Nora.

Nora hat schon viele Therapien ausprobiert

Intraorale Spritzen in den Rachen, Faszienbehandlungen, manuelle craniomandibuläre, orofaziale Physiotherapie, Infusionen, Infiltrationen, Nadeln an den Triggerpunkten im Gesicht und Narben  - das sind alles Therapien, die sich schmerzhaft anhören. – Und das sind sie auch. Mittlerweile hat sie einen Professor gefunden, der renommierte Personen behandelt und weltweit Vorträge über seine Expertise hält. Diesem – dem Holländer Harry von Piekartz – reist Nora auch hinterher, da er sich um den komplexen Fall von Nora angenommen hat. Er passt seine, leider sehr schmerzhaften Therapien, auch an ihren Zustand an. Er dehnt die gespannten Narben im Rachen durch Druck und Zug auf und versucht die Funktion der Muskeln und Nerven wiederherzustellen. Natürlich kostet das auch Geld, sagt Nora: „Nun ich würde sagen, mein Körper ist mittlerweile rein monetär gesehen mehr wert als ein Luxusauto… Nein ernsthaft: es fließen Unmengen an Geld hinein, da bei seltenen Erkrankungen meist Spezialbehandlungen erforderlich sind. Diese sind sehr kostspielig, sofern es sie überhaupt gibt. Es tut mir sehr leid für meine Eltern, die sich seit Jahren so stark bemühen, mir das zu finanzieren und dafür selbst so zurückstecken müssen… Ich hoffe, noch eine wirkungsvolle Therapie für mich zu finden.“

Neue Möglichkeiten

Ein ganzes Jahr musste Nora auch mit dem Studium pausieren. Als „Uni-Liebhaberin“ fiel ihr das besonders schwer zu akzeptieren. Aber es ging nicht anders. „Umwege führen einen auf neue Pfade und bringen oft ungeahnte Möglichkeiten mit sich“, ist die erst 25-Jährige mittlerweile voller Erfahrungen, „nur bis ich dem Ganzen etwas Positives abgewinnen konnte, hat es lange gedauert. Jahre um ehrlich zu sein. Erst nachdem ich alle negativen Phasen mehrmals durchlaufen hatte (Enttäuschung, Kränkung, Kummer, Angst…), habe ich irgendwann verstanden, dass auch in schwierigen Lebenslagen eine gewisse Akzeptanz erforderlich ist, um inneren Frieden zu finden. Es heißt nicht, dass ich deshalb aufhöre, an eine Besserung zu glauben, aber es nimmt mir irgendwie den Druck raus. Mir wurde nach meinen gefährlichen Operationen zum ersten Mal so richtig klar, wie kostbar das Leben ist. Das war wohl die lehrreichste Lektion. Ich habe gesehen, dass das Wichtigste im Leben die Liebe ist und bin unendlich dankbar für meine Familie und Freunde, die einfach immer für mich da sind.“ Dadurch, dass Nora ein Jahr lang gar nicht sprechen konnte – Probleme sind noch immer da – hat sie zu schreiben begonnen. Damit hat sie eine alte Leidenschaft aus ihrer Kindheit wiederentdeckt. Hätte sie nicht ihre Stimme verloren, wäre sie nie auf diese Idee gekommen. Ihr erstes Poetry-Buch wird bald veröffentlicht. Statt ihrem alten Hobby, dem Singen, liebt sie nun Hula Hoop-tanzen und Luftakrobatik. „Dabei fühle ich mich so richtig frei“, sieht Nora auf die neue geöffneten Türen.

Die Hoffnung ist da

Nora ist zuversichtlich wieder ganz gesund zu werden. Das ist ihr Ziel. „Ich bin jung und außerdem eine Optimistin. Ich hoffe, die Kombination macht sich irgendwann bezahlt“, schmunzelt sie. Vor kurzem hatte sie Sponsion, sie ist mit ihrem Lehramts-Studium fertig. Für ihre Diplomarbeit hat sie in Sozialpsychologie die erste quantitative Studie weltweit über die sozialen Folgen von chronischem Schmerz „ihrer Rare Disease“ durchgeführt. Demnächst erscheint auch ein Sachbuch darüber. „Was die berufliche Zukunft anbelangt, bin ich zurzeit noch etwas orientierungslos. Im Klassenzimmer werde ich wohl so schnell nicht landen, da meine Stimme und mein Immunsystem das leider (noch) nicht mitmachen“, meint Nora.

Ein stilles Zeichen beim Opernball

„Mein Tanzpartner und ich haben zusammen mit allen anderen Pärchen vorgetanzt und wurden zu meiner Überraschung genommen. Zur Krönchen Präsentation in der Oper hat mich dann Frau Großbauer persönlich eingeladen. Das hat mich sehr gefreut“, so Nora. Mit ihrer Studie und Kampagne Mission Health (Instagram: @nora.punzel) möchte sie den Bekanntheitsgrad dieser seltenen Erkrankung erhöhen und anderen Betroffenen die Diagnoszeit verkürzen sowie Mut machen. Ein Fazit, das sie aus all ihren Erfahrungen zieht: „Niemals aufgeben und immer an seine Träume glauben. Dann passieren Wunder.“ – Und vielleicht kann man sie im Fernsehen dann auch beim Opernball bewundern, wo sie ein stilles Zeichen setzt. https://www.facebook.com/nora.punzel.voice/

Eagle-Syndrom

Beim Eagle-Syndrom, benannt nach dem Arzt Watt Weems Eagle, handelt es sich um einen knöcher­nen Forsatz des Schläfenbeines (zu langer Griffelfortsatz), was verschiedene schmerzhafte Symp­tome im Gesicht und bei Drehbe­wegungen des Kopfes sowie völlige Heiserkeit hervorrufen kann. Bei zirka 4–7 Prozent der Bevölkerung ist der Knochenfortsatz verlängert, aber nur bei 4–10,3 Prozent von diesen äußern sich Symptome, das sind gerade einmal 0,16 Prozent.


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