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Drei Jahre Ukraine-Krieg: Geflüchtete gut am oö. Arbeitsmarkt integriert

Tips Logo Karin Seyringer, 21.02.2025 18:36

OÖ/LINZ. Seit drei Jahren herrscht in der Ukraine bereits Krieg. Zahlreiche Vertriebene suchten auch in Oberösterreich Zuflucht, mittlerweile ist klar, dass ein großer Teil hier bleiben wird. Wie gut sie sich im Bundesland und vor allem in den Arbeitsmarkt integriert haben, thematisierten am Freitag in Linz Integrations-Landesrat Christian Dörfel (ÖVP), AMS-Landesgeschäftsführerin Iris Schmidt und der Integrationsbeauftragte des Landes OÖ Simon Ziegelbäck.

  1 / 2   Archivbild: Flüchtlinge aus der Ukraine im März 2022 bei ihrer Ankunft und Registrierung am Hauptbahnhof Linz. (Foto: Volker Weihbold)

„50 Prozent aller Ukraine-Vertriebenen in Österreich wurden in Oberösterreich erstversorgt. Mehr als 12.000 wurden seit Kriegsbeginn in Oberösterreich untergebracht und versorgt“, so Landesrat Dörfel bei einer Zwischenbilanz am Freitag in Linz.

Aktuell sind 7.930 Personen aus der Ukraine in Oberösterreich gemeldet, davon 62 Prozent Frauen. 2.919 sind unter 20 Jahre alt, 587 davon unter sechs Jahre, erläutert Ziegelbäck die aktuellen Zahlen.

Zwei Drittel erhalten sich selbst

Erfreulich für Dörfel und AMS-Landesgeschäftsführerin Iris Schmidt: Zwei Drittel der Ukraine-Vertriebenen in Oberösterreich erhalten sich selbst, leben nicht mehr von Leistungen aus der Grundversorgung. „Das ist bemerkenswert und ist durch einen Schulterschluss von Integrationsressort, AMS und NGOs gelungen.“

Von jenen 2.604 Vertriebenen, die mit Stand 14. Februar 2025 in der oö. Grundversorgung sind, ist etwa die Hälfte im erwerbsfähigen Alter.

Lehre aus Vergangenheit gezogen: „Betreuung ab Tag Eins“

Dörfel sieht in der raschen Ansprache und dem Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“ das Erfolgsrezept Oberösterreichs. Er nennt die „Hallo in OÖ“-Deutschkurse zur Sprachvermittlung ab Tag Eins und das Begegnungszentrum „Point of Ukraine“ als Beispiele.

Das kann auch Iris Schmidt unterstreichen: „Die Gruppe wurde von Anfang an umfassend betreut, mit Infos ab Tag eins, wie in Österreich und Oberösterreich Integration funktioniert, was wir brauchen und welche Möglichkeiten und Chancen es für sie gibt.“ Dabei habe das AMS auch Lehren aus der Vergangenheit gezogen, gibt sie offen zu: „Früher ist oft zu lange hingeschaut worden. Das wollten wir hier vermeiden.“

Oberösterreich hat aber nicht nur auf rasches Angebot gesetzt, sondern auch die Pflicht zur Integration eingefordert. So wurde die „Bemühungspflicht“ eingeführt: Nur wer sich aktiv um Arbeit bemüht und Deutsch lernt, kann Leistungen aus der Grundversorgung beziehen.

„Die Meisten gekommen, um zu bleiben“

War zu Beginn des Krieges bei den Geflüchteten vielfach der Wunsch da, natürlich so schnell wie möglich in die Heimat zurückzukehren, hat sich das laut Schmidt aber mittlerweile gewandelt. „Zu Beginn waren die Berufswünsche eher im Hilfstätigkeitsbereich angesiedelt, um schnell Geld zu verdienen und auch schnell wieder nach Hause zu können. Das hat sich gewandelt. Die Meisten sind mittlerweile gekommen, um zu bleiben. Das gilt es zu nutzen“, sieht sie großes Potenzial für den heimischen Arbeitsmarkt.

Bei einer aktuellen Beschäftigungsquote von 50,8 Prozent (3.066 Personen) in OÖ (Gesamt-Österreich 32,6 Prozent) sind 662 beim AMS als arbeitssuchend vorgemerkt, 479 befinden sich gerade in Ausbildungs- und Qualifizierungsprogrammen, „anhand ihrer mitgebrachten Qualifikationen, zum Beispiel im Gesundheitsbereich“, so Schmidt.

Die Mehrheit der beschäftigten Ukraine-Geflüchteten sind in den Bereichen Handel, Produktion, Landwirtschaft und Gastronomie sowie im Gesundheits- und Sozialwesen tätig. Gerade in der Landwirtschaft gibt es langjährige Beziehungen und viel Know-how. Gut funktioniert hätte auch, dass ukrainische Ärzte als Hilfsärzte zugelassen wurden.

Überzeugungsarbeit müsse noch bei der Möglichkeit zur Lehre geleistet werden. „Die Ukrainer kennen das so nicht, sie haben ein viel schulischeres System. Das muss als interessante Alternative zur Schule in den Fokus gerückt werden“, weiß die Arbeitsmarkt-Expertin.

Nicht auf alle Flüchtlingsgruppen umzulegen

Für alle Beteiligten ist aber auch klar, dass die Integration von Ukraine-Geflüchteten einfacher ist und war als bei anderen Flüchtlingsgruppen. In der Ukraine sei das Bildungsniveau höher, laut Erhebungen des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) verfügen 75 Prozent über einen höheren Abschluss. „Es ist auch viel mehr verankert, für sich selbst verantwortlich zu sein“, so Dörfel. Schmidt: „Auch der Kulturkreis ist ausschlaggebend, das macht es einfacher.“

Zudem war die Voraussetzung mit dem Vertriebenenstatus und damit sofortigem Zugang zum Arbeitsmarkt eine andere. „Aber wir sehen: Frühzeitige Betreuung ist der Schlüssel“, ist Dörfel überzeugt.

Ausblick: Runder Tisch

Jetzt geht es darum, Ukraine-Vertriebenen Klarheit und eine Perspektive zu geben. Aktuell ist nicht abschätzbar, wie sich der Krieg entwickelt, auch nicht, ob vielleicht eine neuerliche Flüchtlingswelle aus der Ukraine kommt. Man sei aber vorbereitet, ist der Integrations-Landesrat sicher.

In der EU läuft noch bis März 2026 die Richtlinie über den Vertriebenenstatus. Bis dahin verlängert sich das Aufenthaltsrecht automatisch. Bis dahin braucht es aber auch eine weitere Entscheidung. Oberösterreich, aktuell mit dem Vorsitz der Flüchtlingsreferentenkonferenz, will sich für eine rasche Entscheidung starkmachen.

„Wir müssen auch Werbung machen für die Rot-Weiß-Rot-Karte plus“, so Dörfel. Diese kann aktuell von Ukraine-Vertriebenen beantragt werden, um einen Aufenthaltstitel über den März 2026 hinaus zu haben. Voraussetzung: Mindestens einjährige, vollversicherte Tätigkeit und entsprechende Deutschkenntnisse.

Auch weil die Zahl jener, die in Österreich bleiben möchte, steigt, werden Herausforderungen wie Wohnraum-Suche, weitere Vermittlung am Arbeitsmarkt und weitere Ausbildungsmöglichkeiten im Rahmen eines „Runden Tisches Ukraine“ gemeinsam mit den Partnerorganisationen wie Rotes Kreuz, Volkshilfe und Caritas sowie Vertretern der Community erörtert werden.


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