OÖ. Hausordnung mit 13 Regeln für ein gutes Zusammenleben
OÖ/LINZ. Mit der am Donnerstag im Landhaus in Linz präsentierten „OÖ. Hausordnung – Das kleine 1x1 des Zusammenlebens“ will das Land „Klarheit und Orientierung“ für ein gutes Zusammenleben und eine gemeinsame Wertebasis schaffen. Das Regelwerk gilt für alle in Oberösterreich lebenden Menschen, denn auch so manchem Einheimischen schade es nicht, sich diese wieder in Erinnerung zu rufen, so Integrations-Landesrat Christian Dörfel (ÖVP).
Jede fünfte Person in OÖ hat Migrationshintergrund, Menschen aus 172 Ländern leben aktuell im Bundesland, Anfang 2025 waren es laut Österreichischem Integrationsfonds rund 281.000 Menschen mit ausländischem Geburtsort (18,4 Prozent der oö. Gesamtbevölkerung). Wobei es auch in OÖ regionale Unterschiede gibt: In den Ballungsräumen ist der Anteil höher als im ländlichen Gebiet (Wels-Stadt 36,6 Prozent, Linz-Stadt 33,7 Prozent, Steyr Stadt 26,6 Prozent; Bezirk Urfahr-Umgebung 7,9 Prozent, Bezirk Freistadt 5,5 Prozent.)
Eine solche gesellschaftliche Vielfalt stellt auch Herausforderungen für das Zusammenleben dar.
„Damit das Zusammenleben gut funktioniert, braucht es klare Regeln, die festlegen, wo die Grenzen sind. Diese sind zu respektieren – das gilt für jeden, auch für jene, die aus Ländern mit unterschiedlicher sozialer und kultureller Prägung zu uns kommen“, so Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP). „Die Hausordnung soll für Klarheit sorgen, soll Orientierung geben und letztlich auch Verbindlichkeit schaffen.“
„Es ist logisch, dass unterschiedlichste Lebensweisen aufeinandertreffen, daher brauchen wir eine Klammer“, ergänzt Integrations-Landesrat Dörfel. „Wir stützen uns auf die Grundlagen Deutsch, Arbeit und Respekt. Es geht nicht nur um die Sprache, sondern auch um Werte.“ Integration bedeute aber nicht, dass die eigene Kultur verleugnet werden solle – „die Hausordnung soll eine Handreiche sein.“
„Nicht nur für Zugewanderte“
Für Stelzer und Dörfel ist auch klar: „Das ist kein Regelwerk nur für Zugewanderte. Es gibt auch viele Einheimische, wo es nicht schadet, wenn sie sich die Werte des Zusammenlebens wieder in Erinnerung rufen“, so Dörfel.
Entwickelt wurde die OÖ. Hausordnung in einem Prozess gemeinsam mit dem renommierten Soziologen Kenan Güngör (Institut think.difference). Inhaltliche Grundlage waren das Integrationsleitbild des Landes OÖ und der Nationale Aktionsplan Integration, zudem wurde eine Studie (Linzer IMAS-Institut), zum Thema „Zusammenleben in Oberösterreich“ durchgeführt.
Beteiligt waren Vertretern verschiedenster Institutionen und gesellschaftlicher Bereiche (Integration, Recht, Bildung, Volkskultur, …), im Rahmen der Integrationskonferenz waren Gruppen migrantischer Communitys einbezogen. In Einzelgesprächen wurde mit Vertretern aus der Bevölkerung diskutiert.
70 Prozent gut integriert
Die IMAS-Studie habe gezeigt, dass die Einstellungen und Ansichten von Einheimischen und Zugewanderten in vielen Bereichen beinahe ident sind. In anderen jedoch – Fragen zu den Rollen von Eltern und Frauen oder in Bezug auf Konfliktlösung, Demokratie oder Religion – gibt es größere Unterschiede.
Kenan Güngör unterscheidet drei integrationsrelevante Gruppen:
- 70 Prozent der Menschen mit Migrationshintergrund seien bereits gut integriert – rechtlich, wirtschaftlich und sozial, sprechen Deutsch und beteiligen sich am gesellschaftlichen Leben
- 20 Prozent seien Neuzugewanderte, Geflüchtete oder sozioökonomisch schwache Menschen mit niedrigem Bildungsniveau oder unsicheren Lebensverhältnissen – viele würden Integrationswillen mitbringen, aber mit Barrieren kämpfen.
- Zehn Prozent werden als Gruppen kategorisiert, die in abgeschotteten Lebenswelten zurückgezogen sind, gemeinsame Regeln verweigern, teils demokratiefeindlich eingestellt sind.
Kurz- und Langfassung
Die nun vorgelegte Oö. Hausordnung umfasst 13 zentrale Regeln – es gibt sie in einer Kurz- und einer Langfassung.
„Der Anspruch war, eine Grundlage zu bieten, die beide anspricht – sowohl die Aufnahmegesellschaft als auch Zugewanderte“, so Güngör.
Die Regeln umfassen drei Ebenen: Verfassung und Menschenrechte, soziale Werte für den Alltag und kulturelle Werte.
„Jeder Mensch hat Würde und verdient Respekt“ – so die erste Regel. Weitere sind unter anderem „Freiheit braucht Verantwortung – sie endet dort, wo die Freiheit des anderen beginnt.“, „Deutsch und Bildung öffnet Türen – sie sind Pflicht, nicht Kür“, oder „Religion gibt Halt und Orientierung – aber keine Religion steht über dem Gesetz.“
Beschluss soll im Jänner-Landtag erfolgen
Kommenden Montag wird die Oö. Hausordnung der Landesregierung vorgelegt, im Dezember in den Landtag eingebracht, der Beschluss soll – geht es nach Landesrat Dörfel „möglichst einstimmig“ - im Jänner-Landtag erfolgen. Ab Februar erfolge die Ausrollung.
Dafür wird die Oö. Hausordnung in Richtlinien für die Zusammenarbeit mit Gemeinden, Schulen, Vereinen und relevanten Institutionen eingearbeitet, zudem in Angebote wie Deutsch- und Wertekurse aufgenommen.
In den Regelunterricht
Laut Dörfel soll die Hausordnung auch in den Regelunterricht einfließen, im Sachunterricht in der Volksschule, „hier erreichen wir alle.“ Sehr gute Partner seien auch etwa die Sportvereine. Als Beispiel nennt er auch das Freibad, wo man mit der Oö. Hausordnung die Freibadordnung ergänzen und jemand etwa verweisen könne, wenn die Regeln des Zusammenlebens nicht eingehalten würden.
Kritik von Grünen und NEOS
Für FPÖ-Klubobmann Thomas Dim soll die Oö. Hausordnung „Zugewanderten in aller Klarheit vermitteln, welches Verhalten wir uns für das Zusammenleben in Oberösterreich erwarten.“ Integration verlange Fleiß und die Bereitschaft, sich anzupassen. „Wer dazu nicht bereit ist, darf auch keinen Zugang zu unserem Sozialstaat haben.“
Keine große Begeisterung kommt bei den Grünen auf: die Oö. Hausordnung sei „die Neuerfindung des Rades ausgerollt in einer fulminanten PR-Aktion“. „Gutes Zusammenleben erreicht man nicht durch Marketing, sondern durch konkrete Arbeit und respektvollen Umgang miteinander“, so die Grüne Integrationssprecherin Ines Vukajović. Sie kritisiert zudem: „Dort, wo die tatsächliche Integrationsarbeit stattfindet, wird gekürzt. Jene, die sich in den Integrationsvereinen engagieren, müssen zusehen, wie das Geld nun in diese No-Na-Net Aktion fließt.“
NEOS-Landessprecher Felix Eypeltauer sieht „alles richtig, aber nichts Neues“. Integration brauche konkrete Maßnahmen, wie sie auf Bundesebene nun realisiert würden.
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