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Wachsamkeit im Zentrum von Schüleraustausch

Leserartikel Gerlinde Riegler-Aspelmayr, 10.04.2024 14:56

ST. GEORGEN/GUSEN. Bildung ist nicht das Befüllen von Fässern, sondern das Entzünden von Flammen, heißt es. Genau diesem Ansatz folgt man derzeit bei zwei Schüleraustauschprojekten in der Mittelschule St. Georgen/Gusen. Man lernt mit- und voneinander. Ein großes Thema ist auch das schwere historische Erbe der Region.

  1 / 5   Vertreter der Schule, Politik und Bewusstseinsregion mit Pädagogen aus Italien. (Foto: Gerlinde Riegler-Aspelmayr)

Wenn Carola Schmutz über das Erasmus+-Projekt „Vielfalt lohnt sich“ spricht, dann strahlen ihre Augen. Stolz sei sie auf ihre Schülerinnen und Schüler, sagt die Pädagogin der Mittelschule St. Georgen/Gusen. Man könne regelrecht zuschauen, wie sich die Jugendlichen bei Projekten wie diesen in ihrer Persönlichkeit entwickeln und plötzlich aus sich heraus gehen. Momente großer Freude seien das im Leben einer Lehrerin, sagt sie.

Engagierte Pädagoginnen

Seit 25 Jahren gibt es die Städtepartnerschaft St. Georgen/Gusen mit Empoli – einer Stadt in der italienischen Toskana. Genauso lange findet auch schon der jährliche Schüleraustausch statt. Zeit- und arbeitsintensive Projekte wie diese sind freilich nur umsetzbar, wenn es Lehrpersonal gibt, das sich bereit erklärt, die umfangreiche Organisationsarbeit zu erledigen. Seit einigen Jahren übernimmt dies in St. Georgen Carola Schmutz gemeinsam mit ihrer Kollegin Natascha Bramberger. Dem Besuch der 26 jungen Italienerinnen und Italiener, die derzeit mit ihrem Lehrpersonal in St. Georgen weilen, folgt ein Gegenbesuch der St. Georgener im Mai in Empoli.

Aufarbeitung der Geschichte der Region

Ein großer Schwerpunkt liegt auf der Aufarbeitung der traurigen Geschichte der Region. Schon vor ihrem Besuch waren die italienischen Schülerinnen und Schüler intensiv über das KZ Mauthausen sowie dessen Nebenlager informiert worden. „Unsere Jugendlichen waren sehr interessiert daran, Details darüber zu erfahren, wie und warum das alles passieren konnte“, berichteten zwei italienische Pädagoginnen sowie der Direktor der Scuola Media Empoli heute bei einer Pressekonferenz in St. Georgen und fügten hinzu, dass umfangreiches Wissen über die Vergangenheit das beste Mittel sei, um sich gegen Populisten und Demagogen zu immunisieren.

Erich Wahl: „Für Demokratie muss man kämpfen“

Genau dieser Meinung waren auch Andrea Wahl von der Bewusstseinsregion Mauthausen-Gusen-St. Georgen sowie SP-Vizebürgermeisterin Michaela Traxler und SP-Landtagsabgeordneter und Bürgermeister a. D. Erich Wahl. Letzterer betonte in einer emotionalen, in englischer Sprache geführten Stellungnahme: „Demokratie ist etwas, wofür man kämpfen muss. Und zwar an jedem einzelnen Tag!“

Wie bereichernd die Erasmus+-Projekte für ihre eigenen Kinder waren, schilderte SP-Vizebürgermeisterin Michaela Traxler. Ebenso wie Direktor Wolfang Zeiml bedankte sie sich herzlich beim engagierten Lehrpersonal der Mittelschule St. Georgen/Gusen. Dieses würde derartige Projekte überhaupt erst möglich machen.

 Zweites Erasmus+-Projekt mit Schwerpunkt Zwangsarbeit

Parallel zum Schüleraustausch mit der Stadt Empoli findet derzeit in St. Georgen noch ein zweites Erasmus+-Projekt statt. Dieses widmet sich konkret dem Thema Zwangsarbeit. In den Konzentrationslagern war Arbeit eine systematische Methode, um zu töten. Beleuchtet wird weiters die Ausbeutung von Menschen während der NS-Zeit in den ehemaligen Hermann-Göring-Werken. Auch über den „Bergkristall-Stollen“ wird gemeinsam mit den Jugendlichen Unterrichtsmaterial ausgearbeitet, das in der Folge Bildungsanstalten zur Verfügung gestellt wird. Ein weiterer Fokus liegt auch auf dem Sichtbarmachen von Zwangsarbeit der Gegenwart in verschiedenen Teilen der Erde. Das Unterrichtsmaterial wird in vier Sprachen erhältlich sein.

Projektziel: Bewusstsein schärfen und Wachsamkeit wecken

Geleitet wird dieses Projekt von der Historikerin und Autorin Sabine Schweitzer. Neben Jugendlichen aus Italien und Österreich sind auch Schülerinnen und Schüler aus Polen an dem internationalen Austauschprogramm beteiligt. Wichtigstes Ziel ist auch bei diesem Projekt: das Bewusstsein schärfen und Wachsamkeit wecken. „Damit sich die Abscheulichkeiten der Vergangenheit niemals wiederholen“, so Schweitzer.


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