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Sabine Stieger: Kritische Lieder mit Augenzwinkern

Norbert Mottas, 16.10.2017 17:45

ST. PETER/AU. Die Mostviertler Sängerin Sabine Stieger war über neun Jahre lang die Stimme der Global Kryner. Als „Samy Jones“ hatte sie zu der Zeit eine Solokarriere mit englischsprachigen Liedern. Nun singt sie unter ihrem eigenen Namen Lieder in österreichischem Dialekt. Ihre aktuelle CD „Stiegerbalsam“ wird sie am 4. November im Schloss St. Peter/Au präsentieren. Tips-Redakteur Norbert Mottas bat Sabine Stieger zum Interview.

Sabine Stieger beschreibt die österreichische Seele in Dialektliedern. Foto: Bernhard Eder
Sabine Stieger beschreibt die österreichische Seele in Dialektliedern. Foto: Bernhard Eder

Tips: Du warst neun Jahre lang Sängerin der Global Kryner und bist viel herum gekommen. Wie sehr hat dich das geprägt?

Stieger: Fast zehn Jahre sind im Musikgeschäft schon wirklich eine lange lange, fast schon biblisch lange Zeit. Ich war 22 als ich ins kalte Wasser sprang und von einem Tag auf den Anderen bei Global Kryner einstieg. Ich habe mediale Hypes und viel Interesse rund um den Song Contest, berauschenden Erfolg und Auszeichnungen wie goldene Schallplatten und den Amadeus Award quasi nur so nebenbei mitgenommen. Als junges Ding liegt man schnell dem Irrglauben auf, das würde jetzt für immer so bleiben. Was es nicht tut. Wo es rauf geht gehts auch runter, das habe ich auch erlebt. In Österreich. Um danach tolle Erfolge im Ausland, großartige Erlebnisse, tolle Konzerttouren zu erleben. Der Einblick in die Branche, der Zusammenhalt und auch die Zerwürfnisse in der Band und vor allem die unglaubliche geniale Musikalität meiner Kollegen, mit denen ich in dieser Zeit intensivste zusammenlebte, haben mich in der Tat geprägt. Ich glaube zu wissen was ich will, was ich nicht will und wie ich mir mein Leben als Musikerin vorstelle.

Tips: Ihr habt Österreich beim Eurovision Songcontest vertreten, auch wenn es nicht fürs Finale gereicht hat: War das eine wertvolle Erfahrung?

Stieger: Auf alle Fälle. Ich kann nur jedem mal empfehlen zu sehen, ob man die Nerven bewahrt, wenn mann vor über 500 Millionen Menschen live im Fernsehen singt. Adrenalin pur und danach weiß man, dass einen so schnell nix umhauen kann.

Tips: Du hast schon vor riesigem Publikum gespielt und in kleinen Clubs. Was ist für dich der Unterschied?

Stieger: Für mich sind es, wenn man so will zwei völlig unterschiedliche Situationen, Herausforderungen und  Handwerke. Ich genieße beides, weil es völlig unterschiedliche Reize für mich hat. Vor großem Publikum zu singen bedeutet, vielen Menschen keine Sekunde den Rücken zu kehren, sie in einer Einheit zu vereinen, sie zu fesseln und erst wieder am Ende des Konzerts loszulassen. Da kommt eine unbändige Masse an Energie zurück, wenn man das schafft. Das kann durchaus süchtig machen. Hingegen bei ganz kleinen Clubs kann man sich hinter nichts verstecken, keiner großen Bühne, keiner Lichtshow, keinen Effekten, da muss man die Menschen ganz nah an sich ran lassen, emotional und ganz ehrlich sein und auch zeigen was man kann. Das Publikum ist nicht deppert. Die merken wenn was nicht stimmig ist. Wenn man diesen magischen Zustand schafft und sich mit dem Publikum in einem kleinen Club in eine emotionale Blase einschließt ist das unvergleichlich und für mich persönlich die Königsklasse. Dann, so glaube ich, gehen, die Menschen mit wirklich emotional bleibenden Eindruck nach Hause.

Tips: Als „Samy Jones“ hattest du englische Lieder geschrieben und gespielt. Nun trittst du wieder unter deinem eigenen Namen auf und singst in österreichischem Dialekt. Wie kam es zu dieser Entwicklung?

Stieger: 2011 hab ich mich selbst nach Hamburg exiliert, eigentlich um meine englische Musik internationalere Luft schnuppern zu lassen, neue Einflüsse zu kriegen. Der deutsche Markt selbst ist ja schon extrem riesig, da hab ich wirklich viel gelernt. Gelernt hab ich auch, vor allem im täglichen Leben, wie speziell die österreichische Sprache ist. Wie wenig davon in meiner neuen Heimat verstanden wird. Wie es sich anfühlt, die eigene Sprache ablegen zu müssen um verstanden zu werden. Das hat viel in mir ins Rollen gebracht. Vor allem die Frage: Wieviel Identität gebe ich ab, wenn ich nicht in der Sprache rede, in der ich denke. Wieviel Identität ist Muttersprache!? Die Sehnsucht nach meinem Dialekt, nach dem Österreichischen wurde so groß, dass ich begann Texte im österreichischen Dialekt zu schreiben. Ich begann sie mit Musikstilen zu unterlegen, die in mir selbst emotional was bewegten.

Tips: Deine Texte üben schmunzelnde Kritik an typisch österreichischen Befindlichkeiten. Welches sind deine Lieblingsthemen?

Stieger: Das erste Album „Sabinschky“ war stark von der 1000-Kilometer-Grätsche zwischen Hamburg und Österreich geprägt, der Blick auf die eigene Mentalität aus einer Sicheren Entfernung. Die österreichische Sprache, ihre Eigenheiten, ihre Schlupflöcher, vor allem mit Sprichwörtern und Floskeln hab ich mich lange auseinandergesetzt. Im aktuellen Album wird dieser Themenkreis durch sehr persönliche Einblicke, Erlebnisse die mich in der Zeit der Entstehung geprägt haben, erweitert. Der Tod meiner Mutter, das Kennenlernen meines frischgebackenen Ehemannes, die gesellschaftlichen Entwicklungen während des 15-monatigen Präsidentschaftswahlkampfes, aber auch Muster die wir ganz tief in uns drinnen haben. Ich sehe eben immer ganz genau hin, immer mit einem Schmunzeln, einem Augenzwinkern.

Tips: Du hast eine exzellente Band. In dieser spielt der Multiinstrumentalist Thomas Franz-Riegler, der in seinem Kabarett- und Liedtexten ähnliche Situationen beschreibt wie du in deinen Liedern. Wie sehr habt ihr euch gegenseitig inspiriert?

Stieger: Thomas Franz- Riegler hat mir vor Allem in der frühen Anfangsphase meines „Dialektschaffens“ sehr viel Mut zugesprochen und mich ermutigt mutiger zu sein. Er hat den Sound von Sabine Stieger immer stark mitgeprägt. Inwieweit wir uns beeinflussen oder inspirieren ist für mich ganz schwer zu sagen, da wir beide ganz genaue Beobachter sind, aber mit einem völlig unterschiedlichen Blickwinkel und auch Background. Und wir auch unterschiedliche Dinge beim Publikum erreichen wollen. Wär interessant zu hören, was er zu der Frage sagt. Hahahah!

Tips: Das Video zu „Kennts ihr des ahh“ zeigt die Band, die aufs Amt gehen muss, um vorzuspielen, damit sie die Erlaubnis bekommt Straßenmusik zu machen. Was hat es damit für eine Bewandtnis?

Stieger: Wir hatten eine zweitägige Probephase in Linz, um neue Lieder zu arrangieren und dachten es wäre nett, diese doch gleich auf der Straße auszuprobieren. Thomas Franz Regler wies uns darauf hin, dass dies in Linz gar nicht so einfach wäre, da man als Straßenmusiker erst mal am Amt vorspielen müsse, um zu beweisen, dass man sein Handwerk beherrsche. Das war natürlich aufgelegt. Da wurlte es uns unter den Fingern und wir standen am Morgen des nächsten Tages mit Kontrabass und Schlagzeug am Amt und haben in den Beamten vorgespielt. Es war ein großer Spass und wir haben die Erlaubnis bekommen. Allerdings nur für einen Tag.

Tips: Ganz ohne Schubladen geht es im Journalismus nicht. Bist du einverstanden, wenn ich deine Musik als Gypsy-Swing bezeichne?

Stieger: Stimmt, ohne Schubladen gehts im Journalismus nicht, deshalb hab ich mir eine eigene gebastelt. Ich nenne meine Musik AUSTRO.CHANSON. Es gibt starke Einflüsse von Gipsy Swing, aber auch Folk, Jazz und Pop. Alles gewürzt mit österreichischen Dialekttexten. UND GANZ VIEL HERZ.


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