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Tips-Interview zum Weihnachtsfest: „Weniger ist mehr“

Angelika Hollnbuchner, 14.12.2021 17:00

BEHAMBERG. Die Geschwister Cornelia und Andreas Diesenreiter retten seit 2016 viele Tonnen Obst und Gemüse vor dem Verderb. Die 34-jährige Cornelia hat zudem ein Buch über Nachhaltigkeit geschrieben. Tips bat sie zum Weihnachts-Interview.

Cornelia und Andreas Diesenreiter leben heute in Wien, wo sie ihr Unternehmen „Unverschwendet“ betreiben: „Jede nachhaltige Handlung ist besser als keine“. (Foto: Evi Huber)

Tips: Nachhaltigkeit ist in aller Munde, oft lässt allerdings der Alltag daran scheitern. Ist es sehr aufwendig, den eigenen Konsum umzustellen?

Cornelia Diesenreiter: Oft klingt Nachhaltigkeit fast wie ein Vollzeitjob, oder? Mittlerweile findet man ganz viele tolle Tipps für ein nachhaltigeres Leben. Da aber unsere Leben höchst unterschiedlich sind, passt nicht jeder Tipp für jeden Menschen. Es ist im Grunde wie bei einer Diät: Zu großen Verzicht halten wir auf Dauer nicht durch. Wir geben schnell auf, sind frustriert. Deshalb lautet mein Ansatz: da anfangen, wo es leicht fällt. Hat man die ersten Erfolgserlebnisse, fällt es leichter, immer mehr zu machen. Befreit vom Druck des Perfektionismus und im Einklang mit den eigenen Bedürfnissen kann und sollte Nachhaltigkeit von uns allen individuell und vielfältig gestaltet werden.

Tips: Viele Menschen halten Bemühungen um Nachhaltigkeit für wirkungslos.

Diesenreiter: Verständlicherweise fühlt man sich als Einzelner angesichts der Größe und Komplexität des Problems oft machtlos. Wenn man aber anerkennt, dass man selbst Teil des Problems ist, erkennt man auch, dass man automatisch Teil der Lösung sein kann. Auch die großen Umweltbelastungen durch Konzerne sind nur die Summe aller Einkäufe. Nahezu jede Handlung – vom Aufstehen bis zum Schlafengehen – hat nachhaltige Konsequenzen. Gestalten wir auch nur eine einzelne Handlung etwas nachhaltiger, ist das bereits besser als keine. Viele kleine Schritte machen insgesamt den großen Unterschied.

Tips: Wo geht Nachhaltigkeit heute relativ leicht, wo ist es noch schwierig?

Diesenreiter: Nachhaltiger Konsum – vermeiden, verzichten und reduzieren – auf individueller Ebene allein wird nicht ausreichen, um all unsere Probleme zu lösen. Dafür braucht es tiefgreifende Innovationen und Menschen, die sie mit Herzblut vorantreiben. Immer mehr Menschen berührt das Thema Nachhaltigkeit so sehr, dass sie einen Beitrag weit über ihr eigenes Handlungsfeld hinaus leisten möchten. Auch staatliche Förderungen müssen mehr an nachhaltige Ziele geknüpft werden. Nachhaltigkeit ist kein Endzustand, sondern ein Prozess, der uns noch lange Zeit begleiten wird und auf dem man auch Fehler begehen darf. Viel wichtiger ist es, anzufangen.

Tips: Weihnachten steht vor der Tür, da fällt jedes Jahr bekanntlich besonders viel Abfall an. Wie kann man es anders machen?

Diesenreiter: Weniger ist mehr. Die bewusste Entscheidung für weniger, dafür aber hochwertigere und nachhaltigere Geschenke und Lebensmittel macht auch beim Müllaufkommen einen großen Unterschied. Einweg-Deko wie Lametta kann man ersetzen durch zeitlose Dekoartikel, die man lange behält. Statt Geschenkpapier kann man schöne Weihnachtssackerl aus Stoff einführen. Bei Geschenken wie Kleidung, Elektronik, Dekoartikeln und Co. lohnt es sich, zu überlegen, ob es wirklich den Geschmack der beschenkten Person entspricht, oder ob es vielleicht doch nur im Kasten oder langfristig sogar im Müll landet. Bastler können durch Upcycling alten Gegenständen wieder wunderschönes neues Leben einhauchen und so Geschenke mit ganz viel persönlicher Liebe verteilen. Das mit Abstand nachhaltigste Geschenk ist Zeit: Egal ob ein gemeinsamer Kochkurs, Spaziergang oder Ausflug – schöne Erinnerungen halten meist länger als das nächste Paar Socken.

Tips: Wie geht man mit dem übriggebliebenen Feiertagsessen um?

Diesenreiter: Wenn wir zu Weihnachten Besuch bekommen, wollen wir alle gute Gastgeber sein und für jeden Geschmack etwas Feines zuhause haben. Das verleitet dazu, viel zu viel einzukaufen. Supermärkte verführen wettbewerbsbedingt auch noch dazu, mehr zu kaufen, als man tatsächlich braucht: 2+1-Gratis-Aktionen, Multipacks, Gutscheine und Rabattmarken sind nur einige Beispiele. Man muss sich einfach ehrlich fragen: Wie viel brauche ich wirklich? Wenn es dann doch etwas zu viel wurde, freuen sich sicherlich einige Gäste, wenn sie sich etwas mit nachhause nehmen können. Vieles kann man auch einfrieren und später genießen.

Tips: Wie feiert ihr das Weihnachtsfest, was liegt unterm Christbaum?

Diesenreiter: Andreas und ich feiern immer im Kreise unserer Familie. Nach dem Weihnachtsgeschäft von „Unverschwendet“ fahren wir am 24. Dezember zu unseren Eltern nach Behamberg und verbringen dort ein paar Tage. Im Zentrum steht dabei die gemeinsame Zeit, die wir uns mit allerlei Köstlichkeiten wie dem traditionellen Raclette richtig fein machen. Unter dem Christbaum finden sich liebevoll ausgesuchte Kleinigkeiten.

Start-up Unverschwendet

Die gebürtige Steyrerin Cornelia Diesenreiter (34) gründete mit ihrem Bruder Andreas (36) 2016 das Start-up „Unverschwendet“. Es kreiert aus überschüssigem Obst und Gemüse aus der Landwirtschaft nachhaltige Feinkost. Das junge Team erntete dafür bereits mehrere Preise. Unter anderem war Cornelia Diesenreiter 2019 Unternehmerin und Österreicherin des Jahres. Ihr aufrüttelndes Buch „Nachhaltig gibt“s nicht!“ (2021) ist im Molden Verlag erschienen.


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