Verein Pro Homine: "Psychische Erkrankungen kann man nicht sehen"
VÖCKLABRUCK/OÖ. Seit Beginn der Corona-Pandemie im März 2020 nehmen psychische Belastungen und Erkrankungen zu. Studien der Donau-Universität Krems zeigen etwa, dass sich depressive Symptome, Ängste oder Schlafprobleme mindestens verdreifachten. Ein Angebot, das Abhilfe schaffen möchte, sind die Selbsthilfegruppen des Vereins Pro Homine. Tips hat sich mit Anneliese Gnigler und August Weinheimer unterhalten. Sie leiten die Gruppe in Vöcklabruck.
„Für Menschen mit psychischen Erkrankungen ist es oft eine große Herausforderung, den Alltag alleine zu bewältigen. Angstzustände, Unruhe und negative Stimmung machen das Leben schwer. Die Regelungen, kaum Menschen treffen zu dürfen, auch Selbsthilfegruppen nicht oder nur online beiwohnen zu können, war und ist bei vielen Menschen in dieser gesundheitlichen Situation eine enorme zusätzliche Belastung“, erzählt die Lebensberaterin Anneliese Gnigler. Ob sich bereits bestehende Krankheitsbilder verschlechtert hätten oder nicht, sei stark von der individuellen Situation abhängig. Wer gute Sozialkontakte habe, diese nach außen pflegen könne und vielleicht auch mit „neuen Kontaktmedien“ vertraut sei, habe eine bessere Ausgangslage als andere, um psychisch möglichst stabil zu bleiben.
„Seele braucht Zeit und Pflege zur Heilung“
„Psychische Erkrankungen und Belastungen kann man nicht sehen, einen gebrochenen Fuß und den Gips schon. Genau wie ein gebrochener Fuß braucht aber auch die Seele Zeit und Pflege zur Heilung. Ein 'Stell dich nicht so an' oder 'Das wird schon wieder' hilft da oft viel weniger als Verständnis, Da-Sein, Geduld und Akzeptanz“, meint Gnigler. Hier setzt auch der Verein Pro Homine an, was „für den Menschen“ bedeutet. Pro Homine richtet sich an Menschen mit psychischen Belastungen und betreibt als gemeinnütziger Verein verschiedene Projekte. Ziele sind unter anderem Gesundheitsförderung, Beratung und Begleitung von Menschen in schwierigen Lebenssituationen, Bildungsarbeit sowie Suizidprävention.
Eines der Angebote sind Selbsthilfegruppen, die sich unter anderem, aber nicht nur an Menschen mit Depressionen und ihre Angehörigen richten. In Oberösterreich gibt es Gruppen in Linz, Steyr, Wels und Vöcklabruck. „In den vergangenen Monaten hatten wir zu unseren Teilnehmern und Teilnehmerinnen per Telefon und über WhatsApp Kontakt, was aber nicht einfach war. Außerdem gibt es über die Gruppe Steyr, unseren Hauptsitz, die auch unser Obmann Ewald Kreuzer leitet, einmal pro Monat eine Onlinegruppe“, schildert der Lebensberater August Weinheimer. Über das Telefon habe nicht alles ausgeglichen werden können, manche Menschen hätten auch die Teilnahme an Onlinetreffen gescheut oder nicht die nötige Ausstattung dazu gehabt. Daher freuen sich Gnigler und Weinheimer, ihre Selbsthilfegruppe in Vöcklabruck wieder persönlich abhalten zu dürfen. Der erste Termin ist am Dienstag, 11. Mai um 19 Uhr im Lebzelterhaus am Stadtplatz Vöcklabruck.
Jeder kann seine aktuelle Situation erzählen
Wie ein Treffen in der Selbsthilfegruppe des Vereins Pro Homine aussieht? „Zu Beginn begrüßt man sich und tauscht sich in gemeinsamen Gesprächen aus. Anschließend werden verschiedene Themen angeboten beziehungsweise kann jeder sein aktuelles Thema oder seine Situation erzählen und sich auch Rat in der Gruppe oder einzeln einholen, falls gewünscht. Am Ende gibt es einen gemütlichen Ausklang. Aufgrund der derzeitigen Situation bitten wir um Voranmeldung, um alle Sicherheitsmaßnahmen gewährleisten zu können“, führt Weinheimer aus. Die Voranmeldung sollte per SMS oder Anruf an die Telefonnummer 0660/8191911 (Gnigler) oder an 0680/1176962 (Weinheimer) erledigt werden. Zu Pro Homine würden erwachsene Menschen jeden Alters kommen. Besondere Voraussetzungen gebe es nicht, sagt Gnigler. Zudem ist das Angebot kostenlos, wobei sich das Team über freiwillige Spenden freut. Die Treffen in Vöcklabruck finden jeden zweiten Dienstag im Monat statt, auch an Feiertagen.
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