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Kundgebung in Amstetten: „Häusliche Gewalt ist nicht privat“

Michaela Aichinger, 24.11.2023 12:04

AMSTETTEN. Anlässlich der internationalen Kampagne „16 Tage gegen Gewalt an Frauen und Mädchen“ haben regionale Opferschutzeinrichtungen am Hauptplatz die Kundgebung und Fahnenaktion „Frei leben – ohne Gewalt“ organisiert.

Vertreterinnen von Politik und Opferschutzeinrichtungen hissten anlässlich der „16 Tage gegen Gewalt“ an Frauen die zugehörige Fahne. (Foto: mai)

Eigentlich ist die Büroangestellte Beate C. mit ihrem Job sehr zufrieden. Wenn da nicht der Kollege wäre, der seit ein paar Wochen immer wieder in ihrer Gegenwart sexuelle Anspielungen macht und ihr anzügliche WhatsApp-Nachrichten schickt. Zuerst hat Beate Z. versucht, das aufdringliche Verhalten ihres Kollegen zu ignorieren, doch die Belastung war zu groß. Bei einer Aussprache im Beisein des Vorgesetzten wurde Beate Z. als hysterisch dargestellt, das Verhalten des Kollegen verharmlost.

Sexualisierte Gewalt

Sexualisierte Gewalt an Frauen und Mädchen kommt sehr häufig vor. „Fast jede dritte Frau ist in ihrem Erwachsenenleben mit dieser Form von Gewalt konfrontiert. Drei von vier Frauen sind schon sexuell belästigt worden. Es handelt sich hier um einen Akt der Aggression und des Machtmissbrauchs“, erklärt Marlene Schagerl vom Frauenhaus Amstetten, das Hauptorganisator der Kundgebung am Hauptplatz war.

Ziel der alljährlichen Aktion ist es, ein Zeichen gegen Gewalt an Frauen und Mädchen zu setzen und auf das Ausmaß und die Ausprägungen jener Gewalt aufmerksam zu machen.

„Gewalt hat viele Gesichter“

„Gewalt hat viele Gesichter. Zivilcourage ist wichtiger denn je – es gilt, hinzuschauen. Ich bin froh über Aktionen und Einrichtungen, die sich diesem Thema annehmen“, so Bürgermeister Christian Haber-hauer (ÖVP).

Tatsächlich gibt es in Amstetten viele Opferschutzeinrichtungen, an die sich von Gewalt betroffene Frauen und Mädchen wenden können. Leider ist das vielen Betroffenen nicht bekannt. „Nur jede fünfte Frau weiß, dass es diese Hilfseinrichtungen gibt. Bereits 25 Frauen wurden 2023 in Österreich ermordet, davon allein sieben im Oktober. Dieses Ausmaß an Gewalt an Frauen ist schockierend. Und: Ein Großteil jener Frauen, die ermordet worden sind, hatten nie einen Kontakt zu Opferschutzeinrichtungen“, so Schagerl.

Auf Hilfsangebote aufmerksam machen

Umso wichtiger sei es, auf Hilfsangebote für Frauen und Mädchen aufmerksam zu machen. So werde etwa die Parkbank-Aktion von StoP Amstetten fortgesetzt: Mini-Parkbänke mit dem Schriftzug „Hier ist kein Platz für Gewalt an Mädchen* und Frauen*!“ werden bis 10. Dezember in verschiedenen Amstettner Schaufenstern öffentlichkeitswirksam aufgestellt. Die Mini-Parkbänke für diese Aktion wurden von Mitarbeitern von Transjob und Schülern der Polytechnischen Schule Amstetten angefertigt. „Auf jeder Mini-Bank findet sich auch die Telefonnummer der Frauenhelpline gegen Gewalt, die anonym und kostenlos rund um die Uhr telefonisch erreichbar ist“, so Magdalena Weilguny vom Projekt StoP.

Straßenkreiden-Aktion

Die Frauenberatung Mostviertel sensibilisiert dieser Tage für die unterschiedlichen Ausprägungen von Gewalt durch eine besondere Aktion: mit Straßenkreiden werden Gewaltsituationen auf öffentlichen Gehwegen aufgeschrieben und auf Hilfsangebote aufmerksam gemacht.

„Wir haben auch Straßenkreiden verteilt und aufgerufen, mitzumachen. Die Fotos von den aufgemalten Zitaten konnten in den sozialen Medien geteilt werden, um möglichst viele Menschen zu erreichen“, so Sonja Mille von der Frauenberatung Mostviertel.

„Gibt immer einen Weg aus einer Gewaltbeziehung“

Wichtig ist allen Opferschutzeinrichtungen die Botschaft, dass sich jede Frau, jedes Mädchen rund um die Uhr Hilfe holen kann und soll. „Im Frauenhaus Amstetten sind derzeit drei Plätze frei. Frauen können sich jederzeit bei uns melden“, so Marlene Schagerl.

„Die drei zentralen Botschaften des Gewaltschutzes sind: Häusliche Gewalt ist nicht privat, sondern geht die gesamte Gesellschaft an. Die Schuld liegt immer beim Täter, und es gibt immer einen Weg aus einer Gewaltbeziehung“, unterstrich SPÖ-Stadträtin Elisabeth Asanger bei der Kundgebung am Hauptplatz.

Wichtig sei, das Thema in die Gesellschaft zu bringen; Gewalt sei ja auch in allen gesellschaftlichen Schichten vorhanden. In Amstetten gebe es zum Glück ein dichtes Netzwerk an Opferschutzeinrichtungen. „Hier ist der Auftrag an die Politik, diese Einrichtungen auch zu stärken“, so Asanger.

„Schwieriges Männlichkeitsbild“

Klar ist für Marlene Schagerl vom Frauenhaus Amstetten , dass es eine gesellschaftliche Veränderung braucht: „Die Gewalt gegenüber Frauen hängt mit einem toxischen Männlichkeitsbild zusammen, das durch ein aggressives Auftreten und die Abwertung von Frauen gekennzeichnet ist. Es gilt, zu informieren, zu sensibilisieren und für Frauen ein Umfeld zu schaffen, in dem ein – besonders auch finanziell – unabhängiges Leben vorstellbar, denkbar und lösbar ist. Außerdem braucht es auch Männer, die sich gegen Gewalt engagieren und für eine gleichberechtigte Gesellschaft eintreten.“

Frauenhäuser, Frauenberatungsstellen und Gewaltschutzzentren unterstützen Frauen auf ihrem Weg in ein gewaltfreies und selbstbestimmtes Leben.
Frauenhelpline gegen GewaltTel. 0800 222 555www.frauenhelpline.at
Frauenhaus AmstettenTel. 07472 66500www.frauenhaus-amstetten.at
Frauenberatung MostviertelTel. 07472 63297www.frauenberatung.co.at
Gewaltschutzzentrum NÖTel. 02742 31966www.gewaltschutzzentrum-noe.at
Kinderschutzzentrum AmstettenTel. 07472 65437www.kidsnest.at

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