KTM AG: Größtes Insolvenzverfahren in Oberösterreich seit Jahrtausendwende eröffnet
MATTIGHOFEN. Nachdem über die Tochtergesellschaft KTM Components GmbH ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde, hat nun auch die KTM AG offiziell ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung am Landesgericht Ried im Innkreis angemeldet. Mit Passiva in Höhe von mehr als 1,8 Milliarden Euro handle es sich um das größte Insolvenzverfahren Oberösterreichs seit dem Jahr 2000. 2.380 Dienstnehmer und 1.624 Gläubiger sind betroffen.
Die KTM Group, mit Sitz in Mattighofen, erzeugt und vertreibt renntaugliche Motorräder, die sowohl im Rennsport (Motocross, Enduro, Rallye, Super Moto) als auch im Freizeitbereich (Hard Enduro) eingesetzt werden. Weiters werden auch Leichtmetall-Sportwagen (der sogenannte „X-BOW“) produziert.
Sanierungsverfahren beantragt
Über die Pierer Industries AG wurde am 25. November 2024 ein Europäisches Restrukturierungsverfahren eröffnet. Der gegenständliche Insolvenzantrag der KTM AG sei laut dem Kreditschutzverband KSV 1870 auf folgende Ursachen zurückzuführen: Das für das Unternehmen so wichtige Motorradgeschäft war bis Ende 2023 von stetig gesteigerten Produktions- und Absatzmengen gekennzeichnet, wobei es zu einem starken Wholesale-Umsatz (Umsatz aus Verkäufen an externe Vertragshändler) kam. Deshalb wurden die Produktionskapazitäten laufend gesteigert. Da aber die Retailabsätze (Verkäufe der Vertragshändler an die Endkunden) im Jahr 2023 nicht im selben Ausmaß wie die Wholesale-Umsätze gesteigert werden konnten, kam es zu einem angespannt hohen Händlerlagerbestand.
Gründe für die Insolvenz
Obwohl das Jahr 2024 laut den Angaben des Unternehmens mit rund 265.000 verkauften Motorrädern von den Verkaufszahlen her bis dato ein gutes Jahr war, erwiesen sich die Lagerbestände schlussendlich als zu hoch. Der Motorrad-Überbestand liegt aktuell bei rund 130.000 Stück. Probleme verursachte insbesondere der für die Schuldnerin so wichtige Markt in den USA, einerseits aufgrund der rückläufigen Nachfrage für Motorräder, andererseits wegen der hohen Produktionskosten in Österreich, so die KTM AG.
Aus diesen Gründen legte man Mitte November 2024 im Rahmen der pflichtgemäß durchgeführten Prüfung der Möglichkeiten einer außergerichtlichen Sanierung seinen notwendigen Bedarf an frischem Geld im Umfang von rund 650 Millionen Euro offen. Da die Verhandlungen mit wesentlichen Stakeholdern nicht innerhalb der kurzen zur Verfügung stehenden Frist umgesetzt werden konnten, entschied man sich zum Insolvenzantrag.
„Inwieweit es zu weiteren Kündigungen in defizitären Unternehmensbereichen kommen wird, wird nach Verfahrenseröffnung vom noch zu bestellenden Sanierungsverwalter mit der Schuldnerin zu klären sein“, so Alexander Meinschad vom KSV1870, der die Gläubiger vertritt.
Plan für die Zukunft
Es ist geplant, das Unternehmen zu reorganisieren, um den Bestand der KTM-Gruppe nachhaltig zu sichern. Ein Sanierungsplan mit einer Quote von 30 Prozent, zahlbar binnen zwei Jahren ab Annahme dieses Sanierungsplanes, wird den Gläubigern angeboten. „Wir werden nach Verfahrenseröffnung auf detaillierte Informationen zum Nachweis der Finanzierung dieser Quote drängen und uns für das bestmögliche wirtschaftliche Ergebnis für die Insolvenzgläubiger einsetzen“, so Karl-Heinz Götze vom KSV1870.
Die Insolvenz in Zahlen
Von den Verbindlichkeiten her handelt es sich um das mit Abstand größte Insolvenzverfahren in Oberösterreichs jüngster Geschichte seit dem Jahr 2000. Hinsichtlich der betroffenen Dienstnehmer liegt man an zweiter Stelle hinter der im Jahr 2013 eröffneten Tap Dayli Vertriebs GmbH in Pucking.
Bei der KTM AG sind 2.380 Beschäftigte und mehr als 1.600 Gläubiger betroffen, wie der Kreditschutzverband berichtet. Den Aktiva von rund 316 Millionen Euro stehen Passiva von etwa 1,8 Milliarden Euro gegenüber, wenn das Unternehmen saniert wird. Im Liquidationsfall wären es laut Insolvenzantrag 2,1 Milliarden Euro Passiva. Mit der Insolvenz der KTM AG melden auch zwei Tochterfirmen Insolvenz an: Bei der KTM Components GmbH sind es laut Creditreform 335 betroffene Gläubiger und 374 Mitarbeiter, bei der Forschung & Entwicklung GmbH 570 Gläubiger und 765 Mitarbeiter.
Gesamt sind damit mehr als 3.500 Arbeitnehmer und mehr als 2.500 Gläubiger von den Insolvenzen der drei KTM-Firmen betroffen. Die Finanzspritze, die benötigt worden wäre, hätte laut den OÖN 650 Millionen Euro betragen sollen.
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