Stadt Braunau untersuchte historisch belastete Straßennamen
BRAUNAU. Die Stadt hat ihre Straßennamen einer wissenschaftlichen Prüfung unterzogen, um mögliche historische Belastungen zu identifizieren. Im Fokus der Untersuchung stand die Rolle einzelner Namensgeber während der Zeit des Nationalsozialismus (NS).
Der Bericht „Wissenschaftliche Erforschung von Straßennamen der Stadt Braunau hinsichtlich möglicher historischer Belastungen“ wurde am 12. Dezember vom Gemeinderat zur Kenntnis genommen und ist nun öffentlich auf der Gemeindehomepage einsehbar.
Vier Namensgeber geprüft
Die Untersuchung, die in Zusammenarbeit mit dem Oberösterreichischen Landesarchiv durchgeführt wurde, betrachtete insbesondere vier Straßennamen: Josef Reiter-Straße, Franz Resl-Straße, Dr. Wilhelm Scheuba-Gasse und Dr. Kriechbaum-Stiege. Deren Namensgeber wurden anhand klar definierter Kriterien wie Antisemitismus, Verbreitung von NS-Ideologien und Demokratiefeindlichkeit bewertet.
Einteilung in Kategorien
Für die Einordnung der untersuchten Biografien wurden drei Kategorien definiert: Kategorie 1 – erheblicher Diskussionsbedarf: aktives Handeln und starke Propagierung menschenfeindlicher Ideologien, Ablehnung der Demokratie und Befürwortung eines autoritären Systems, Ausübung höherer Funktionen im NS-Regime (auch auf dem Gebiet der Propaganda), Beteiligung an Verbrechen. Kategorie 2 –Diskussionsbedarf: zumindest zeitweises Vertreten menschenfeindlicher Ideologien, Mitgliedschaft und Funktion in Parteien und Organisationen, die dieses Gedankengut vertreten. Kategorie 3 – kein Diskussionsbedarf.
Ergebnisse der Untersuchung
Josef Reiter: Reiter entwickelte sich bereits in den 1920ern zum Nationalsozialisten, wurde Ende des Jahrzehnts Mitglied der NSDAP und kandidierte unter anderem auch bei Wahlen für die noch nicht illegale Partei. Aufgrund seiner politischen Einstellung, seines aktiven Wirkens und der starken Verehrung durch bzw. die Einbettung in die NS-Bewegung zu Lebzeiten muss Reiter in die Kategorie 1 eingestuft werden.
Franz Resl: In seinem künstlerischen Wirken vertrat Resl die Ziele der NSDAP mit Überzeugung und hetzte gegen die jüdische Bevölkerung sowie gegen politische Gegner. Eine kritische Auseinandersetzung mit oder eine Distanzierung von seiner politischen Einstellung und seiner Tätigkeit während der NS-Zeit war bei Resl nicht festzustellen. Aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse ist Resl in die Kategorie 1 einzuordnen.
Wilhelm Scheuba: Scheuba leitete ab 1928 das Braunauer Krankenhaus. Bereits 1938 war der passionierte Flieger dem Nationalsozialistischen Fliegerkorps (NSFK) beigetreten und nahm dort als Arzt ab 1939 auch höhere Ränge ein, 1940 trat er der NSDAP bei. Im Zweiten Weltkrieg war er zeitweilig als Arzt bei der Luftwaffe eingesetzt. Aufgrund der vorliegenden Forschungsergebnisse ist Wilhelm Scheuba der Kategorie 2 zuzuordnen.
Eduard Kriechbaum: Vor allem aufgrund von Kriechbaums langjähriger öffentlicher Unterstützung des „Anschlusses“, der Verehrung des „Führers“ auch in seinen späten Schriften der NS-Zeit, seiner unentwegten publizistischen und volksbildnerischen Tätigkeit für Organisationen des Regimes und der Ausübung einer hohen Funktion – jener des „Gauheimatpflegers“ – erscheint eine Einstufung in Kategorie 1 als angebracht.
Der Bericht dient nun als Grundlage für die Diskussion über mögliche Maßnahmen und wurde den zuständigen Gremien zur Beratung übergeben.
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