Fünf Tage nach der letzten Chemo einen Viertelmarathon gelaufen
BAD ZELL. Mit einer Welle von Sympathie und Glückwünschen haben die Bad Zeller Silke Kranz nach sieben Monaten Auszeit begrüßt. Die Allgemeinmedizinerin hat ihre Brustkrebs-Erkrankung gut überstanden. „Ich habe meine Patienten und mein Team jeden einzelnen Tag vermisst“, sagt die 43-Jährige.
Seit 2015 führt die aus der Steiermarkt stammende Ärztin ihre Ordination am Bad Zeller Marktplatz. Zu wenig Arbeit gab es in der Praxis nie, und durch Corona waren das Arbeitspensum und die Belastbarkeit von allen weit überschriten. „Dadurch habe ich mich sofort durchchecken lassen, als wieder etwas Zeit war“, blickt Silke Kranz zurück. Die Diagnose Brustkrebs erhielt sie bei einer Routineuntersuchung.
Diagnose stellte Leben auf den Kopf
Diese stellte ihr Leben komplett auf den Kopf. „Ich bin 42 Jahre alt, sehr sportlich und achte immer auf gute Ernährung –und plötzlich muss ich mich mit einer schweren Erkrankung auseinandersetzen.“ Von einem Tag auf den anderen musste der Praxisalltag umstrukturiert werden, um ab Ende Mai zumindest eine Sorge weniger zu haben. Die Praxis konnte dankt dem Einsatz von fünf Kolleginnen und Kollegen, allen voran Isalbella Haug und Christian Haider, weiter geöffnet bleiben. „Mir war wichtig, dass die Betreuung meiner mir lieb gewonnenen Patienten sichergestellt war und auch meine unermüdlich arbeitenden Mitarbeiterinnen weiterhin ihren Arbeitsplatz behalten konnten.“
Kontakt zu Team und Patienten-Glückwünsche gaben Kraft
Der regelmäßige Kontakt zu ihrem Team sowie die unzähligen Grüße von Patienten brachten während der Therapie, die bis Dezember dauerte, immer wieder ein Stück Energie, um ein paar Schritte weiter gehen zu können. „Dafür werde ich immer dankbar sein, denn das war die härteste Zeit meines Lebens“, eräzlt Kranz. Heute gilt sie als geheilt. Kann sie sich nach ihrer Erkrankung noch besser in ihre Patienten einfühlen? „Ich glaube schon, da ich jetzt weiß, was Krebs mit dem Leben anrichtet. Ich kann gute Tipps geben. Wann immer es möglich war, habe ich Sport gemacht. Radfahren an guten Tagen, Aquagymnastik an schlechteren, dazu Laufen und Krafttraining. In der ersten halben Stunde war es oft hart, aber dann fühlt man sich besser. Zusätzlich habe ich selbst mit Kräutern Mundspülungen, Öle und Salen hergestellt, um mich auch nicht-medikamentös zu unterstützen.“ Am meisten stolz ist sie auf den erfolgreich gelaufenen Viertelmarathon im Oktober, fünf Tage nach der letzten Chemotherapie.
„Watschen nicht gebraucht“
Was bleibt im Kopf von der Krebserkrankung? „Es ist jetzt einfach so. Die Krankheit und die Therapie zu verarbeiten, dauert aber sicher ewig. Für viele Mitpatienten war Krebs das Zeichen, endlich besser auf sich und ihre Gesundheit zu schauen. Diese Watschen hätte ich nicht gebraucht, da ich mein Leben immer geschätzt habe. Und meine Patienten quäle ich ohnehin mit dem Aufruf zu einem gesunden Lebensstil.“ Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen sind für Kranz ein wichtiges Thema: Durch eine Blutanalyse sowie erweiterte Untersuchungen wie Darmspiegelung, Mammografie und die fachärztliche Kontrolle beim Frauenarzt oder Urologen können Krankheiten frühzeitig erkannt werden. Das hat sie am eigenen Leib erfahren.
Mit Covid-19 angesteckt
Ihre Patienten haben ihr auch in der Zeit der Abwesenheit die Treue gehalten und sie freudig begrüßt – auch wenn die Ordination schon nach kurzer Zeit wegen Covid-19-Infektionen vorübergehend geschlossen bleiben musste. „Ich habe mich selbst, wie befürchtet, auch angesteckt. Da ich zur Hochrisikogruppe gehöre, hatte ich Angst ,einen schweren Verlauf durchzumachen.“ Diese Befürchtung war zum Glück nicht begründet, was Kranz auch der Impfung zugute schreibt. Mittlerweile arbeitet die Ärztin wieder mit Elan drei Tage in der Woche gemeinsam mit ihrer Kollegin Isabella Haug. „Es ist schon noch sehr anstrengend, aber es wird immer besser.“
Neue Bescheidenheit
Nebem dem tiefschwarzen Humor, den sie während der Erkrankung entwickelt hat, fällt Kranz vor allem auf, dass sie bescheiden geworden ist. „Ich freue mich über alles, wenn die Sonne scheint und wenn es regnet, und ich bin stolz auf jede sportliche Leistung, die ich zusammenbringe. Ich habe mit Fitnessboxen begonnen, das tut meinem Kopf, meinem Körper und meiner Umgebung gut“, lacht sie. „Nie hätte ich gedacht, dass ich es jetzt schon schaffe, jede Woche mit meinem Mann eine Schitour auf den Sternstein zu machen. Insofern genieße ich das Leben noch mehr. Und vor allem weiß ich jetzt, wie viele Leute mich wirklich lieb haben, an meiner Seite stehen und wieviele echte Freunde ich habe.“
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