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LIEBENAU. 1.573 Mal hat Christine Zwölfer Menschen zu ihrer letzten Ruhe gebettet. Den letzten Dienst am Menschen ordentlich auszuführen, das war ihre Motivation. Nach 32 Jahren tritt die Bestatterin nun ihren Ruhestand an.

In die Fußstapfen des Schwiegervaters getreten: Christine Zwölfer mit Gatten Fritz (Foto: privat)
In die Fußstapfen des Schwiegervaters getreten: Christine Zwölfer mit Gatten Fritz (Foto: privat)

„Das Bestattergewerbe ist mir in die Wiege gelegt worden“, sagt Christine Zwölfer. Denn geboren wurde sie in Sandl am 2. November, am Tag der armen Seelen. Bis die heute 60-Jährige allerdings beruflich mit Verstorbenen zu tun bekam, dauerte es. „Eigentlich habe ich eine Lehre bei der Firma Mossböck, FM-Küchen in Freistadt gemacht.“ Die Heirat mit Fritz Zwölfer aus Liebenau ebnete den Weg ins Bestattergewerbe. „Mein Schwiegervater war Tischler und Bestatter, mein Mann Polizist. Da habe ich mich entschlossen, in die Fußstapfen des Schwiegervaters zu treten“, erzählt Zwölfer.

Die Konzessionsprüfung bestand sie mit Auszeichnung. „Mein Gedanke war immer, ich möchte den letzten Dienst am Menschen ordentlich machen.“ Mit der Bestattung war für sie auch die Verantwortung verbunden, stets erreichbar zu sein, 365 Tage im Jahr. 1.573 Verstorbene holte die Liebenauerin in den vergangenen 32 Jahren mit verschiedenen Helfern, darunter ihrem Mann, ab. Liebenau, Sandl, Windhaag und St. Oswald gehörten zu ihrem Einzugsgebiet, später konzentrierte sich ihre Tätigkeit auf Liebenau und Langschlag.

Scheu oder Grausen vor den Toten kannte die Bestatterin nie. „In früheren Jahren ist es mir leichter gefallen, mich von tragischen Schicksalen zu distanzieren.“ Manche Todesfälle gingen Zwölfer ganz nahe, wie etwa jener eines zehnjährigen Buben, den sie von einem Sportplatz abholen musste. „Mein Sohn war damals genauso alt, das war schlimm für mich“, sagt die dreifache Mutter. „Im Grunde genommen war ich aber wirklich stark“, sinniert sie. Auch gute Bekannte und Verwandte bettete sie in den Sarg, ja sogar ihre eigene Mutter. „Ich war bei ihr, als ein Anruf wegen eines Todesfalls kam. Dann ist das Auto nicht angesprungen. Eine halbe Stunde später ist meine Mama gestorben“, erzählt Christine Zwölfer. Sie erwies ihrer Mutter selbst den letzten Dienst. „Ich hatte dabei einen vollkommenen inneren Frieden.“

Nach besonderen Ereignissen gefragt, fällt ihr der Transport eines Verstorbenen mit gut 250 Kilo Körpergewicht ein. „Da haben wir einen Spezialsarg gebraucht.“ Ein für Zwölfer einmaliges Erlebnis war die Wasserbestattung einer Urne in der Donau.

Belastend erlebte die Bestatterin vor allem Einsätze nach plötzlichen Todesfällen. „Die Angehörigen stehen richtig unter Schockstarre, ich habe lange Zeit das Gefühl gehabt, ich nehme ihnen einen geliebten Menschen weg, wenn ich ihn abhole.“ Bei sehr guten Bekannten kam es auch vor, dass die Angehörigen gefasster waren als die Bestatterin selbst. „In unserem Gewerbe gibt es aber keine Krisenintervention oder Supervision, man muss selbst damit fertig werden.“ Der Rückhalt in der Familie gab ihr immer wieder Kraft.

Eine Energiequelle war für Christine Zwölfer stets auch ihre Mitgliedschaft in der Liebenauer Musikkapelle, in der sie Klarinette spielt. „Mein Schwiegervater hat damals gesagt, ,da tuast mit, und das hat mir immer gut getan.“ Auch in einer kleinen böhmischen Formation spielte sie mit.

Kein Nachfolger

Die Freude an der Musik hat sie ihren drei Kindern mitgegeben, am Bestattergewerbe hatte jedoch keines Interesse. „Die Rufbereitschaft rund um die Uhr ist nicht angenehm. Ich kann mich an einen Faschingsball in jungen Jahren erinnern, da sind wir gleich zweimal wegen eines Todesfalls weggerufen worden. Wir sind auch fast nie auf Urlaub gewesen. Das wird mir nicht abgehen, der Kontakt mit den Menschen schon“, blickt die 60-Jährige zurück. Als Totengräber bleiben Christine und Fritz Zwölfer Liebenau zumindest noch ein paar Jahre lang erhalten.


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