GMUNDEN. Mit einem Festgottesdienst am Sonntag, 11. Oktober, um 10 Uhr feiern die Evangelischen in Gmunden ihr 150-jähriges Jubiläum als Pfarrgemeinde. Festprediger ist Superintendent Gerold Lehner.
Nach Reformation, Gegenreformation und Jahren der Verfolgung / Transmigration, zeigte sich ein Licht am Horizont: 1781 wurde unter Kaiser Joseph II. das Toleranzpatent erlassen. Darin wurde religiösen Minderheiten ihre Religionsausübung erlaubt, es mussten jedoch strenge Auflagen erfüllt werden.
Gmunden mit seinen umliegenden Orten galt als „Missionsbezirk“. Hier lebten ca. 250 „Lutherische“, zu wenige, um eine Gemeinde zu gründen und eine Kirche bauen zu dürfen. Deshalb schlossen sie sich der neugegründeten Toleranzgemeinde Rutzenmoos an. Ein paar Lutheraner beantragten 1817 bei der Wiener Hofkammer die Errichtung eines Filialbethauses in Gmunden, der Antrag wurde jedoch wegen „Nichtdringlichkeit“ abgelehnt.
Eine kleine aktive Gruppe Evangelischer aus der Region versammelte sich regelmäßig bei der Familie Kirchmayr, „Moar z´ Waldbach“ in Gschwandt. Hier wurde auch ein Fonds gegründet, der einen etwaigen Kirchenbau finanziell unterstützen sollte. Man kann den Kirchmayrhof als Keimzelle der späteren Pfarrgemeinde betrachten.
Änderung durch die Ankunft der Familie Hannover
Die Lage der Protestanten vor Ort änderte sich grundlegend, als 1868 die Königliche Familie von Hannover - das älteste protestantische Adelsgeschlecht Europas - erstmals nach Gmunden kam und an der Gegend Gefallen fand. In Gmunden wählten sie die Villa Thun (“Königinvilla“) als Sommersitz, einige Jahre später ließen sie sich mit Hauptwohnsitz hier nieder. Im Zuge dessen folgte der ehemalige Hofstaat nach, ebenso Verwandte und Freunde der Herzoglichen Familie. Dadurch stieg die Seelenzahl der Evangelischen stetig an und erreichte nach einigen Jahren an die 700 Personen, auch die Entwicklung Gmundens zur Erholungs- und Kurstadt trug viel dazu bei.
Um dem beschwerlichen stundenlangen Kirchgang nach Rutzenmoos zu vermeiden, wurden geeignete Räumlichkeiten in Gmunden gesucht. 1869 konnte ein ungenutzter Raum über dem Brauereikeller in der Bahnhofstr. 20 (“Eggenberger Keller“) gemietet werden. Nach Renovierung und Ausstattung mit 220 Sitzplätzen wurde er Ostermontag 1869 feierlich eingeweiht.
1870: Genehmigung einer eigenen Pfarre
Im Oktober 1869 wird Gmunden als Filialgemeinde von Rutzenmoos bestätigt. Einige Monate später, am 18. Juni 1870, kam per Erlass des Evang. Oberkirchenrates in Wien die Genehmigung einer selbständigen Evangelischen Pfarrgemeinde A.B. Gmunden. Die guten Beziehungen über die Königliche Familie von Hannover zu Kaiser Franz Josef waren wohl auch von Vorteil.
Als erster Pfarrer kam der einstimmig gewählte Vikar von Rutzenmoos, Josef Friedrich Koch, nach Gmunden und sollte hier fünfzig Jahre segensreich tätig sein. Ein langjähriger inniger Wunsch ging endlich in Erfüllung, ein Gebirge von Sorgen und Problemen vielerlei Art stand vor der neugegründeten Gemeinde. Aber mit unerschütterlichem Willen und ihrem beherzten Glauben, gingen sie gemeinsam mit ihrem jungen Pfarrer mutig ans Werk. Die verstreut lebenden Gemeindeglieder unterstützen alle Vorhaben nach ihren Möglichkeiten mit Geld, Arbeitskraft, Naturalien. Vielfache Spenden kamen von Evang. Gemeinden in OÖ, große finanzielle Hilfe vom deutschen Gustav-Adolf-Verein. Als „Mäzene“ erwiesen sich die Mitglieder der Königlichen Familie von Hannover.
Bautätigkeiten:
- 1871 Kauf des Baugrundes „Mayerhof-Wiese“
- 1871 Grundsteinlegung Kirche
- 1875 Kauf des Friedhofareales Plentznerstraße
- 1876 Einweihung Kirche
- 1894 Bau des Pfarrhauses
- 1902 Bau des Friedhofwärterhauses
- 1933 Bau der Friedhofkapelle
Tochtergemeinden:
- 1953 Gründung der Tochtergemeinde Ebensee
- 1962 Gründung der Tochtergemeinde Laakirchen
- 1965 Gründung der Predigtstation Scharnstein
Gesamtseelenzahl 2020: ca. 3.200
Die evangelische Pfarrgemeinde leistet einen wichtigen Anteil an der Ökumene und am kulturellen Leben. Die neugotische Auferstehungskirche bereichert den Ortsteil Traundorf und ist ein Sinnbild für mutige Glaubensstärke durch die wechselvolle Geschichte. Über allem steht jedoch der Dank „Soli Deo Gloria“.
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