Aktuelle Situation an den Schulen fordert Eltern, Lehrer und Schüler
BEZIRK GMUNDEN. Im aktuellen vierten Lockdown sind die Schulen geöffnet. Laut Bildungsdirektion sind derzeit rund 60 bis 70 Prozent der Schüler in den Klassen – mit großen Unterschieden zwischen den einzelnen Schulen.
Die Regelung, wonach die Schulen offen sind, der Schulbesuch aber de facto „freigestellt“ ist, wird je nach Schule sehr unterschiedlich ausgelegt. „Während manche Schulen zum Schulbesuch einladen und auch Schularbeiten abhalten, wurden unsere Kinder regelrecht ausgeladen“, beschreibt eine Mutter gegenüber der Tips ihre Erfahrungen. Lehrer würden Kinder, die die Schule besuchen, direkt darauf ansprechen, dass sie besser zuhause bleiben sollen – obwohl ohnedies nur mehr sehr wenige Kinder überhaupt in der Klasse seien.
Durch entsprechende Elternbriefe fühlt sich die Gmundnerin, die anonym bleiben möchte, auch selbst unter Druck gesetzt. „Wenn beide Eltern berufstätig sind, kann nicht einfach jemand zuhause bei den Kindern bleiben. Außerdem brauchen meine Kinder den sozialen Kontakt“, erklärt die Mutter.
Andere Eltern berichten von umgekehrten Erfahrungen: Sie würden ihre Kinder gern zuhause lassen, haben jedoch Angst, dass diese etwas verpassen könnten.
„Die Entscheidung liegt bei den Eltern“
Die Sprecherin der Bildungsdirektion, Elisabeth Seiche, spricht sich gegen jeden Druck auf die Eltern aus: „Die Entscheidung, ob die Kinder am Präsenzunterricht teilnehmen oder zu Hause unterrichtet werden, liegt – außer natürlich im Fall einer behördlichen Absonderung – bei den Eltern. Sie liegt nicht bei der Schule“, betont die Sprecherin.
Insgesamt nutzen laut ihren Angaben derzeit oö-weit 60 bis 70 Prozent der Schüler das Präsenz-Angebot. Der Unterschied von Schule zu Schule sei jedoch groß.
Schüler fordern einheitliche Lösung für alle
Kritik an der von Schule zu Schule sehr unterschiedlichen Umsetzung der Regelungen kommt auch von Seiten der Schüler: Lukas Grill, Schüler der HAK Gmunden und Mitglied der Landesschülervertretung, betont: „Der Großteil der Schüler ist für eine einheitliche Lösung.“ Daher habe auch die Bundesschülervertretung beim Ministerium eine Forderung nach einer zweiwöchigen Schulschließung mit Ausnahmen für Abschlussklassen und Schularbeiten eingebracht.
Als ihn die Tips erreicht, ist er (noch) im Präsenzunterricht, bereitet sich aber gerade auf zwei Wochen Distance-Learning vor: In einigen höheren Schulen im Bezirk wurde zuletzt in Absprache mit dem Ministerium befristet ein Distance-Learning für einzelne Klassen umgesetzt, so auch bei Lukas Grill.
Die Bedeutung des Schulbesuchs für die Schüler sieht der Schülervertreter je nach Alter differenziert: „Jüngere Kinder brauchen den Präsenzunterricht sicher mehr, wir älteren können auch gut zuhause lernen.“
Personalmangel und unklare Regelungen
Die aktuelle Situation ist auch für die Lehrer belastend. So fehlen laut Bildungsdirektion pro Woche im Bezirk durchschnittlich zwölf Lehrer durch Krankenstände und Quarantäne. Dazu kommt ein allgemeiner Pflichtschullehrermangel: Laut Robert Thalhammer, Leiter der Bildungsregion Gmunden – Vöcklabruck, sind an den Pflichtschulen im Bezirk derzeit acht Dienstposten nicht (oder nicht adäquat) besetzt, wobei der nördliche Teil stärker betroffen ist.
Info „zuerst aus den Medien“
In einem Brief an die Tips schildert eine Volksschullehrerin aus dem Bezirk Gmunden (sie will anonym bleiben), dass an ihrer Schule – aufgrund von Personalmangel und Krankenständen – vor kurzem vier Lehrkräfte vorübergehend neun Klassen führen mussten. Dazu kamen die unklaren Corona-Regeln als zusätzliche Herausforderung: „Distanzunterricht oder doch Präsenzunterricht? Die Aussagen und Regelungen waren undurchsichtig, wir erfuhren – wie meistens – alles zuerst aus den Medien. (...) Die Eltern machten Druck und wollten Antworten, die wir ihnen nicht geben konnten, weil wir selbst noch immer auf die Antworten warteten“, erzählt die Lehrerin. Sie und ihre Kollegen seien mittlerweile überarbeitet und erschöpft, „viele von uns können nicht mehr schlafen, sind am Abend den Tränen nahe.“
Ihr Appell: Wer von „sicheren und gesunden Schulen“ spreche, solle auch an das Lehrpersonal denken: „Dies ist ein Hilfeschrei mit der Bitte, uns Gehör zu verschaffen, damit wir nicht immer vergessen werden.“
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