Tina Pesendorfer: "Tennis hat mich zurück in mein Leben geholt"
BAD ISCHL. Tina Pesendorfer ist derzeit beste österreichische Rollstuhltennisspielerin. Im Gespräch erzählt die Bad Ischlerin, wie sie zum Rollstuhltennis kam, warum sie im Rollstuhl sitzt und welche Ziele sie in der kommenden Saison anstrebt.
Es war der 1. Juli 2007, der das Leben der Bad Ischlerin Tina Pesendorfer für immer veränderte. Sie wurde gerade erst 18 Jahre alt. Nach einem Streit musste sie aus dem Fenster flüchten, sie sah keinen anderen Ausweg mehr als den Sprung. Die Folge: zehn Tage wusste keiner, ob Pesendorfer überleben wird, zwei Wochen Tiefschlaf, viele lebensbedrohliche Verletzungen und Querschnittslähmung ab dem Bauchnabel abwärts. Und damit einher ab sofort ein Leben im Rollstuhl. Doch aufgeben war für Pesendorfer nie eine Option. Ihr Ehrgeiz sorgte dafür, dass sie nie in ein Loch fiel und immer nach vorne blickte. Sie setzte sich immer neue Ziele. Ihr erstes Ziel war die Matura mit ihrer alten Klasse. Das gelang ihr auch. Rund acht Jahre später stand Pesendorfer wieder fest im Leben und begann Tennis zu spielen. „Tennis hat mich zurück in mein Leben geholt“, sagt die Sportlerin heute.
Austausch mit Gleichgesinnten
„Dazu gekommen bin ich deswegen, weil ich einen Sport machen wollte, der mich erfüllt. Ich hab vor dem Unfall viel Sport gemacht. Ich wollte wieder etwas finden, was mich körperlich fordert.“ Anfangs wollte sie nur wegen der Leute bleiben. Der Austausch mit Gleichgesinnten hat ihr gut getan. Was anfangs nur als Hobby galt, wurde immer mehr.
Von der Hobbysportlerin zur Profisportlerin
2016 nahm sie an ihrem ersten Turnier teil, ihre Trainingskollegen hatten sie überredet. „Mein damaliger Freund war damals mit auf dem Turnier und der hat dann gesagt 'warum machst du eigentlich nicht mehr daraus?'. Irgendwie hat er mir dadurch einen Floh ins Ohr gesetzt.“ Mittlerweile trainiert die 32-Jährige fünfmal in der Woche zwei bis drei Stunden Tennis. Ihr Fleiß macht sich bemerkbar: letztes Jahr gewann sie im Doppel ihr erstes großes internationales Turnier. Im Einzel kam sie bis ins Finale. 2021 musste sie den Staatsmeistertitel zwar nochmals abgeben (2020 gewann sie ihn erstmals), den will sie sich jedoch heuer wieder zurückholen. Zudem ist sie derzeit unangefochten die Nummer eins in Österreich bei den Damen im Rollstuhltennis und Weltranglisten 51. Im April startet Tina Pesendorfer in die neue Saison.
Neue Saison – neue Ziele
„Im April werde ich in die neue Saison starten. Ich fahre im Schnitt zwischen zehn bis 14 Turniere im Jahr. Heuer möchte ich auch schauen, dass ich ab dem zweiten Halbjahr schon höhere Turniere spiele. Bisher habe ich nur Future Turniere gespielt, also die unterste Kategorie.“ Gefragt, welche Highlights kommende Saison auf sie warten, erzählt Pesendorfer: „Von 1. bis 3. Juli sind wieder die österreichischen Staatsmeisterschaften. Da bin ich natürlich wieder vertreten. Ich trainiere schon fest hin. Dann sind die Damen heuer erstmals wieder bei den österreichischen Masters vertreten. Zwar in einer verkleinerten Form, aber es findet statt, das find ich cool. Da werde ich sicher auch dabei sein. Und ich glaube auch, dass in Österreich wieder einige Turniere stattfinden werden. Da versuche ich natürlich auch hinzufahren.“ Dass Rollstuhlsport nicht so anerkannt wird wie normaler Sport, findet die Bad Ischlerin schade: „Wir tun ja trotzdem genauso viel wie andere und versuchen unser Bestes. Aber das interessiert irgendwie wenige. Es kommt, aber wenig und langsam.“ Vom Rollstuhlsport alleine können die wenigsten leben. Pesendorfer finanziert sich das Tennis mit Sponsoring. Außerdem ist sie mittlerweile erfolgreiche Influencerin auf Instagram.
Über Instagram Bewusstsein schaffen
Neben Beauty und Reisen ist ihr vor allem auch wichtig, ein Bewusstsein für die Querschnittslähmung zu schaffen. „Ich finde es traurig, dass viele Leute noch gar nicht wissen, dass eine Querschnittslähmung zu haben nicht nur bedeutet, jetzt ein paar Stiegen nicht mehr gehen zu können. Und das sei das Schlimmste, was dir passiert ist.“ Denn es sei viel mehr als nicht mehr gehen zu können. „Ich will jetzt auch nicht immer zeigen, dass alles immer so toll im Rollstuhl ist. Sondern, dass es schon scheiß Tage gibt. Dass es Probleme gibt, die eben viele Leute nicht sehen. Wie zum Beispiel, dass die Blase nicht funktioniert.“ Die Unwissenheit von vielen ärgert die Bad Ischlerin und will darüber auf Instagram informieren: „Oder auch bei Behindertenparkplätzen – mich ärgert das einfach so, dass Leute aus Unwissenheit dort parken. Das nervt mich. Warum kann man das nicht wissen, dass ein Rollstuhlfahrer den Platz braucht?“ Dabei gehe es darum, dass Behindertenparkplätze breiter sind und ein Rollstuhlfahrer den Platz benötigt, um ordentlich ein- und aussteigen zu können. „Ich will, dass das Thema Querschnitt offener angesehen wird. Das ist mein Ziel: den Leuten zeigen, dass es eigentlich ganz normal ist, wenn man im Rollstuhl sitzt.“
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