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Die Träume von Kindern verwirklichen

Leserartikel Erich Schacherl, 18.10.2018 08:08

FISTRITZ. In Harrys Reiterhof in der kleinen Ortschaft unweit von Groß Siegharts bietet die Pädagogin und Pferdekennerin Ulrike Glaser eine spezielle Förderungsmaßnahme für Kinder und Jugendliche mit einem Pferd an. Tiergestützte Intervention nennt sich das offiziell. Klingt ein wenig rätselhaft, ist es aber nicht. Tips Redakteur Erich Schacherl hat sich angeschaut, worum es dabei geht.

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Shivana steht sehr entspannt in der angenehmen Nachmittagssonne im Freien. Ihre Augen sind geschlossen, so als würde sie gerade ein Nickerchen machen.

Pony Stute Shivana

Die weiße Mix-Pony Stute genießt, lässt sich auch durch die sich ihr nähernden Schritte nicht aus der Ruhe bringen, öffnet lediglich die schönen, dunklen Augen und schaut, wer da auf sie zukommt. „Sie ist auf Menschen bezogen, weil sie einige Jahre lang bei einer Familie in Oberösterreich lebte, die mit ihr viel Wanderreiten waren. Sie hat einen sehr feinen Charakter und ist vertraut mit vielen unterschiedlichen Geräuschen und Alltagsgegenständen, wodurch sie sich besonders eignet für den Einsatz in der tiergestützten Intervention“, informiert mich Ulrike Glaser, Reitpädagogin und die derzeitige Besitzerin des Ponys. „Sie hat auch Schwung, ist nicht träge sondern dynamisch und mag es, sich manchmal auszupowern und richtig schnell im Gelände zu galoppieren. Ihre besonderen Qualitäten sind die Ruhe, Achtsamkeit und Geduld, die sie ausstrahlt“, setzt Ulrike die Beschreibung fort.

Ein Herz und eine Seele

Ulrike und Shivana wirken wie ein Herz und eine Seele wie sie da so nebeneinander stehen. Die Pädagogin, die als Religionslehrerin an drei Schulen in der Region arbeitet und es schön findet, Kinder und Jugendliche in dieser Weise zu begleiten. Und die sanfte stille Stute, die es sichtlich genießt, von der Frau am Kopf gestreichelt zu werden und in ihrer Nähe zu sein. „Ich glaube, ich bin für Shinava die Leitstute“, erklärt Ulrike. Das klingt stimmig. Seit eineinhalb Jahren sind sie zusammen, haben viel trainiert und gelernt, um bei der Abschlussprüfung der Ausbildung auch durchzukommen.

Mensch-Tier Beziehung

Das nicht nur die Frau sondern auch die Ponystute die Ausbildung machen musste, verdeutlicht das zentrale Thema der tiergestützten Intervention, es geht um eine Mensch-Tier Beziehung, im Falle der beiden um eine Mensch-Pferd Beziehung. Auf der einen Seite zwischen Ulrike und Shivana, auf der anderen Seite ein Kind oder Jugendlicher, wenn sie miteinander arbeiten. „Es geht darum, dass die Mensch-Pferd Beziehung eine ganz spezielle Qualität hat, die dem Menschen sehr viel geben kann. Ängste können überwunden werden, Aggressionen abgebaut und gesteuert, Einfühlungsvermögen kann entwickelt werden. Das Pferd das alle Menschen unvoreingenommen annimmt ,kann Kindern nach schweren, traumatischen Erfahrungen wieder einen Zugang zu Lebensfreude, Begeisterung und Leichtigkeit im Leben vermitteln. Selbstbewusstsein und Selbstwirksamkeit kann wieder entdeckt werden. Bei der Erfahrung des Getragenseins vom Pferd wird körperliche Entspannung erfahren. Wärme und Bewegung übertragen sich unmittelbar auf das Kind. Also auch Kinder mit Entwicklungsverzögerungen können profitieren.

Pferdekommunikation

Ein Tier ist immer unmittelbar und klar in der Kommunikation“ ergänzt sie. Mein fragender Blick durch den Gedanken „Pferd und Kommunikation?“ bringt Ulrike zum Lachen: „Es geht um die Körpersprache der Pferde. Wenn zum Beispiel ein Kind ungestüm auf ein Pferd zuläuft, wird sich dieses zunächst einmal zurückziehen und nicht mit dem Kind in Beziehung treten. Das heißt das Einhalten von Grenzen und die Achtsamkeit auf das Gegenüber sind unmittelbar immer sofort als Resultat und Wirkung zu sehen und zu spüren“, erklärt mir Ulrike , worum es geht.

Interessante Erfahrungen

Das klingt immer noch sehr theoretisch. Also erläutert mir Ulrike an einem konkreten Beispiel, was bei einer Förderstunde tatsächlich passiert, beispielsweise mit einem Kind, das negative Erfahrungen mit und in Beziehungen gemacht hat: „Zuerst wird in einem Gespräch geklärt, worum es geht, was das Ziel ist, was das Kind erreichen möchte. Wenn das klar ist, kommt es zum ersten Kontakt zwischen dem Kind und Shivana. Das Kind kann beispielsweise auf das Pony zugehen und dabei beobachten und spüren, wie sich das Tier verhält. Shinava selbst ist neugierig und geht auch gerne auf ein Kind zu. Das ist schon eine erste positive Bestätigung für das Kind, im Sinne von das Pony mag mich, interessiert sich für mich. Dann bietet sich als nächster Schritt der direkte Kontakt an, etwa mit Pflegemaßnahmen, bei denen das Kind das Pony bürstet. Oder es besteht die Möglichkeit, dass das Kind Shivana mit einem Führungsstrick führt. Das ist sehr spannend. Ein Pferd orientiert sich immer an der führenden Figur, dem Leithengst, der Leitstute oder dem führenden Menschen. Es spürt sofort, ob der Mensch unsicher ist. Ist das der Fall, wird das Kind kaum eine Möglichkeit haben, das Pony zu führen. Das geht dann einfach nicht mit. Merkt Shivana hingegen, dass das Kind mit entsprechend sicherer Körperhaltung und klarem Blick auf das Ziel zugeht, wird es ihm folgen, auch ohne Strick. Für ein Kind ist das natürlich ein absolutes Highlight. Das ist, als ob sich Kind und Pony in einem gemeinsamen Energiefeld befinden, bei dem das Tier dem Menschen folgt. Und wenn das Kind stehenbleibt, stoppt auch das Pony“.

Faszination Pferd

So nebenbei schildert Ulrike begeistert, welch faszinierende Tiere Pferde und Ponys vor allem im Hinblick auf die Beziehung zu Menschen sind: „Pferde leben ganz im Hier und Jetzt und achten auf jedes kleinste Detail in ihrer Umgebung ganz genau. So auch auf uns Menschen. Ihnen entgeht nichts und wir können ihnen auch nichts vormachen. Sie erkennen unsere Gefühle und Gemütsverfassung und können darauf reagieren. Sie lassen sich auf uns ein und helfen. Sie teilen sich ohne Worte mit. Sie nehmen uns bedingungslos an, egal ob gesund oder krank, klein oder groß“.

Für Kinder und Jugendliche

Seit einem halben Jahr stehen Ulrike und Shivana Kinder und Jugendlichen zur Verfügung. „Die tiergestützte Intervention ist für Kinder ab drei bis Jugendliche mit 14/15 Jahren geeignet“, erklärt Ulrike. „Für Kinder und Jugendliche die in irgendeiner Form unter Belastungen im Alltag stehen oder die gravierende Defizite oder Nachteile erleben. Das kann beispielsweise eine schwierige Familiensituation sein, Erfahrungen mit Verwahrlosung, alle möglichen Formen von Gewalt und so weiter“, präzisiert sie.

Stiftung Kindertraum

Eine Besonderheit bei Ulrikes Angebot ist, dass sie die tiergestützte Intervention mit einem speziellen Förderangebot in Zusammenarbeit mit der Stiftung Kindertraum anbieten kann. „Die Stiftung Kindertraum hat sich zum Ziel gesetzt, Kindern Träume zu verwirklichen. Was meine Arbeit betrifft, wird geprüft, ob bestimmte finanzielle Rahmenbedingungen vorhanden sind, ob es einen Förderbedarf gibt und so weiter. Bei einem ganz einfachen Prozedere wird das geklärt und wenn es passt, wird die tiergestützte Intervention von der Stiftung gefördert. Natürlich helfe ich Interessenten bei diesem Verfahren“.

Ein Anruf genügt

Am Anfang steht ein Anruf bei Ulrike, alles weitere wird dann gemeinsam überlegt, besprochen und ausgemacht. Spätestens dann wenn ein Kind mit Shivana und Ulrike arbeitet und traurige Kinderaugen zu Strahlen beginnen, wird klar, wie wertvoll und effektiv, die tiergestützte Intervention sein kann. Ausprobieren zahlt sich allemal aus. Und es geht ganz einfach: Ein Anruf genügt.

Ulrike Glaser: 0664/2145897


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