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Vom Huflattich bis zum Rübenblatt landete einst (fast) alles in der Pfeife

Daniela Toth, 01.01.2018 12:56

GSCHWANDT. Schon lange vor der Einführung des aus Amerika kommenden Tabaks wurden in Europa Kräuter geraucht. Die Gschwandtner Kräuterpädagogin und Redakteurin Christa Öhlinger-Brandner hat dem Kräutertabak nun ein eigenes Buch gewidmet.

Selten und mit Genuss: Christa Öhlinger-Brandner ist auf den Kräutertabak gekommen.
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Ihre erste Kräuterzigarette verdankt Öhlinger-Brandner einer Kollegin in der Kräuterpädagogik-Ausbildung. Die Fast-Nichtraucherin schnupperte, fand den Geruch „recht angenehm“ und begann, sich intensiver mit der Tradition und der Wirkung von verglosenden und verbrennenden Kräutern auseinanderzusetzen.

„Süßlicher“ Geruch irritierte Barkellner

Auch im Selbstversuch, was in der Umgebung gelegentlich zu Irritationen führte – etwa in einer Hotelbar, wo der Kellner den süßen Geruch der selbstgedrehten Zigarette missdeutete und sie dezent bat, „das da“ doch bitte draußen zu rauchen.

Neben ihren eigenen Erfahrungen und Erlebnissen mit dem „Wuzeln“ und Kräuterrauchen erzählt Christa Öhlinger-Brandner in ihrem unterhaltsamen Buch “Kräuter Tabak“, aber auch von der langen Geschichte des Rauchens – die in Europa lang vor der Einführung des aus Amerika importierten Tabaks begann.

Rauch gegen „Husten und Impotenz“

So entdeckten Historiker etwa pfeiferauchende Figuren auf keltischen Tonschalen, der Huflattich als Kräutertabak wird schon bei Hippokrates im antiken Griechenland erwähnt, und die alten Römer haben dann „ziemlich viel mit Rauch behandelt, von der Erkältung bis zur Impotenz“, wie Öhlinger-Brandner in ihrem knapp 130 Seiten starken Buch erzählt.

Aber auch in verschiedenen Ayurveda-Schulen wird Rauch medizinisch eingesetzt, und sogar Sebastian Kneipp, der Begründer der Kneipp-Medizin, erwähnte eine Mischung aus Naturtabak und Huflattich in Zusammenhang mit der Behandlung von „Raucherkatharr“.

Der Siegeszug des Tabak

Dass der Kräutertabak schließlich im öffentlichen Bewusstsein fast völlig durch den heutigen Tabak ersetzt wurde, lag (auch) an einer geschickten „Marketing-Kampagne“ von Jean Nicot – dem Namensgeber des Nikotins – an den europäischen Herrscherhöfen. Katharina von Medici etwa war davon überzeugt, dass Tabak ein wirksames Mittel gegen ihre Migräne sei.

Nottabak aus Blättern

Später wurden Kräuter meist nur eingesetzt, um in Notzeiten den wertvollen Tabak zu strecken oder zu ersetzen. „Von Rüben- bis zu Haselblättern wurde hier fast alles verwendet. Kastanienblätter schmecken angeblich gar nicht gut. Ich hab das allerdings nicht ausprobiert“, so Öhlinger-Brandner.

„Ischler Asthma-Zigarette“

Die Gschwandtner Autorin stieß bei ihren Recherchen auch auf Lokalhistorisches: Ab 1954 wurde in der Ischler Esplanaden-Apotheke die „Bad-Ischler-Asthma-Zigarette“ hergestellt. Sie beinhaltete Bestandteile giftiger Pflanzen, war verschreibungspflichtig und durfte nur nach Anleitung von Ärzten geraucht werden. Erst in den 1980er-Jahren wurde die „Bad-Ischler-Asthma-Zigarette“ aus dem Verzeichnis der lieferbaren Arzneien gelöscht.

„Nicht einfach irgend etwas ausprobieren“

Wie man schon an diesem Beispiel sieht: Die Gleichung „Kräuter = gesund und ungefährlich“ stimmt nicht unbedingt. „Es gibt kein gesundes Rauchen“, betont auch die Autorin: Keinesfalls sollte man „einfach irgendetwas ausprobieren“, und auch bei gekauften Kräuterzigaretten (etwa in Deutschland oder Großbritanninen erhältlich) rät Öhlinger-Brandner dazu, immer die Zusammensetzung zu prüfen.

Wenn sie selbst gelegentlich eine Kräuterzigarette raucht, dann nach dem Credo: „Lieber wenig, aber dafür mit Genuss und verbunden mit guten Gedanken“. Die Wald- und Kräuterpädagogin befasst sich übrigens auch mit anderen Einsatzmöglichkeiten von Naturstoffen – von der Teezubereitung bis zu alten Räucher-Ritualen. An besonderen Tagen, etwa zur nächsten Raunacht am Freitag 5. Jänner, bietet sie dazu ein Seminar an (von 14.30 bis 16.30 Uhr, Café Johannsberg in Traunkirchen, Info: c.oehlinger@gmx.at).

Buchinfos: 

„Kräuter Tabak. Die europäische Tradition des Kräuterrauchens“

Freya Verlag

128 Seiten

14,90 Euro


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