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BEZIRK HORN. Ausgehend von unserem Artikel zum Thema „Impfdebatte: Kleiner Stich-große Wirkung!?“ https://www.tips.at/news/horn/leben/430344-impfdebatte-kleiner-stich-grosse-Wirkung hat sich auch Dr. Heinz Eggenbauer, Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde und Konsilarfacharzt im Landesklinikum Horn, zu Wort gemeldet. Als Kinderfacharzt und immunologisch interessierter Mediziner- nach seinem Doktorat hat er fünf Jahre lang in einem immunologischen Labor der Universität Wien gearbeitet und publiziert- will Dr. Eggenbauer zu dem Artikel in der Horner Tips Ausgabe Stellung nehmen:  „Einige Aussagen Ihrer Interviewpartnerin sind irreführend, teils wirklich falsch und haben mich zu einer Richtigstellung veranlasst“, erklärt der Mediziner.

Foto: Tim Reckmann
Foto: Tim Reckmann

Thema Masern

„Um Masern auszurotten braucht man eine Durchimpfungsrate von mindestens 93 % in der gesamten Bevölkerung. Dies gelingt nur auf dem amerikanischen Kontinent. Wo es eine „Impfpflicht“ gibt, d.h. wenn ein Kind nicht geimpft ist, darf es weder in den Kindergarten noch in die Schule. In Österreich gibt es eine Situation vor 1996 und die Zeit danach“, so der Mediziner.

„Vor 1996 gab es noch viele Masernerkrankungen. Wenn die Erkrankung durchgemacht wird, dann werden in der Folge hochtitrige Antikörper gebildet. Diese Wehrkörper werden als Nestschutz ab der 30.Schwangerschaft an das Ungeborene über den Mutterkuchen weitergegeben. Je höher der Titer, desto länger hält der Nestschutz an. Vor 1996 hat man daher bis zum 15. Lebensmonat mit der 1. Masernimpfung gewartet. Die 2. Masern-Teilimpfung erfolgte damals erst im Volkschulalter. 1996 gab es dann in Wien eine Masernepidemie mit tausenden Erkrankten. Bei einer Epidemie wurden ganze Familien und auch Säuglinge angesteckt. Für Kinder unter einem Jahr ist das Risiko einer SSPE (subakut sklerosierende Panencephalitis) nach Masernerkrankung 16-fach erhöht. Folglich gab es ca. 20 SSPE Fälle nach dieser Epidemie. Die SSPE ist unheilbar und führt unweigerlich zum Abbau des Gehirns mit Todesfolge“, berichtet der Mediziner, „Ich kenne persönlich zwei SSPE Fälle und habe an der frustranen Therapie mitgewirkt“.

„Nach 1996 wurde das Masern-Impfschema geändert um weitere Epidemien und SSPE-Fälle zu verhindern. Die erste Impfung erfolgt im ersten Lebensjahr-10.LM. und die zweite im 2. Lebensjahr. Mit diesem Schema reduzierten sich die Erkrankungszahlen auf die ca. 100 Masernerkrankungen /Jahr. Epidemien sind keine mehr aufgetreten. Eigentlich ein Riesenerfolg“, führt Eggenbauer weiter aus.

„In dem Artikel heißt es von einer anthroposophisch orientierten Kinderfachärztin: „Weil die Mütter die Masernerkrankung nicht durchgemacht haben, können sie auch keine schützenden Antikörper weitergeben.“ Natürlich – wie oben ausgeführt – werden schützende Masern-Antikörper von der Mutter auf das Kind übertragen. Es sind dies jedoch Wehrkörper aus einer Impfung, die zugegebenermaßen oft nicht so hochtitrig ausfallen wie nach einer durchgemachten Erkrankung. Aus diesem Grund muss man auch nicht mehr 15 Monate warten bis man die erste Masernimpfung verabreichen kann. Der Erfolg des derzeit geltenden Impfschemas spricht für sich.“ gibt der Kinderarzt zu Bedenken.

Thema Lebendimpfungen und Immunsystem

„Auch die Aussage „.......dass Lebendimpfungen (Masern-Schutzimpfung) nicht aufgefrischt werden können.“ möchte ich richtig stellen:´Eine Lebendimpfung besteht aus abgeschwächten, vermehrungsfähigen Keimen, die, so wie bei einer richtigen Masernerkrankung, sowohl eine zelluläre ( antigenspezifische Killerzellen) als auch eine humorale (schützende Antikörper) Impfantwort hervorruft. Weil die Impf-Keime abgeschwächt sind, machen sie uns nicht krank, schützen uns jedoch oft lebenslang (Beispiel TBC-Impfung) vor einer Ansteckung mit dem Wild-Masern-Virus, der immer in der Bevölkerung zirkuliert. Leider wirkt eine Lebendimpfung auch nicht zu 100 % - aber schon ca. 90 % sind schon nach einer einzigen Impfung gegen Masern geschützt. Die 2. Masernimpfung schützt dann die restlichen 10%, die nach der ersten Teilimpfung noch nicht angesprochen haben.“

„Messen lässt sich bei den Impfungen nur ein Titer der schützenden Wehrkörper. Die zelluläre Impfantwort (antigenspezifische T-Zellen) kann man nur im wissenschaftlichen Kontext bestimmen, da der Test sehr aufwendig und kompliziert ist und damit nicht massentauglich. Sinkt der Titer gegen Masern-Mumps und Röteln ab, so werden jene Mütter im Wochenbett mit dem MMR (Mumps-Masern-Röteln-Impfstoff) aufgefrischt“, klärt der Mediziner auf.

„Falsch ist auch die Aussage „Impfstoffe müssen bei Kleinstkindern deutlich höher dosiert werden um einen Schutz zu gewährleisten, das das Immunsystem noch nicht ausgereift ist.“ , erklärt Eggenbauer, „Das spezifische Immunsystem von Babies ist schon erstaunlich ausgereift. Dies beweist die bis 1990 in Österreich erfolgreich durchgeführte Tbc-Säuglings-Lebendimpfung, die in arabischen Ländern immer noch immer durchgeführt wird. Selbst jene Frühgeburten, die vor der 30. Lebenswoche geboren wurden und daher keinen Nestschutz von der Mutter haben können, bilden ausreichend schützende Wehrkörper nach Impfungen. Gerade Säuglinge im ersten Lebensjahr sind gefährdet für kapseltragende Polysaccharid-Antigene wie Hämophilus influenzae B und Pneumokokken und Menigokokken (eitrige Gehirnhautentzündung und Sepsis). Das unspezifische Immunsystem in Form von Fresszellen, die Erreger aufnehmen und verdauen können, ist zwar aktiv, aber gegen die erwähnten Erreger ist es allein zu schwach. Ein späterer Impfzeitpunkt – z.B. nach dem ersten Lebensjahr – ist daher ungeeignet! Der Erkrankungsgipfel ist schon im ersten Lebensjahr!“, warnt der Mediziner.

Impfempfehlungen seitens der Länder

Richtigstellen möchte der Facharzt auch die Aussage „Alleine dass es europaweit keine zwei Länder gibt, die die gleiche Impfempfehlung aussprechen.......“ Dies liegt in den unterschiedlichen Erregerspektren der Länder“, meint Eggenbauer, „Ein Beispiel ist England. Dort gibt es bei den Meningokokken vor allem den Stamm C als Erreger der Gehirnhautentzündung und Sepsis. Deshalb hat ein großangelegtes Gratisimpfprogramm die Erkrankungszahlen erheblich dezimiert. Bei uns in Österreich ist bei den Meningokokken der Stamm B in der Hauptsache für die Erkrankung verantwortlich. In der Bundesrepublik Deutschland ist diese Impfung schon Teil des Gratisimpfprogramms. In Österreich dauert so etwas meist 8 Jahre (siehe Gratis-Pneumokokkenimpfung).“

Keuchhusten

„Auch auf die Keuchhusten-Impfung kann nach ihrer Einschätzung verzichtet werden. Grund ist die schlechte Wirkung des Impfstoffes“ so Kollegin Dr. Saahs- dazu Dr. Eggenbauer: „Bevor es eine 6 Fach-Impfung gegen Diphterie-Tetanus-Keuchhusten-Polio-Hämophilus infl. B und Hep.B gab, mussten diese 6 Impfungen noch auf zwei verschiedene Impfstoffe verteilt werden. Folge davon waren mehr Impfungen, mehr Arztbesuche, mehr Stiche. Die alten Impfstoffe enthielten, die Keuchhustenkomponente betreffend, noch eine Ganzkeimvakzine. D.h. den vollständigen, abgetöteten Keim. Dies hatte zwar eine bessere Wirkung den Antikörper-Titer betreffend, doch es waren viel mehr Antigene und die Nebenwirkungen waren auch mehr (z.B. anhaltendes Schreien der Babys). Im neuen 6fach-Impfstoff mit Keuchhustenkomponente ist eine Spaltvakzine. D.h. nicht mehr der ganze Keim, sondern nur mehr die wichtigsten immunogenen Teile davon. Daher weniger Antigene aber vielleicht auch weniger Antikörper was den Titer betrifft und keine unangenehmen Nebenwirkungen mehr. Das heißt aber noch lange nicht, dass der Impfstoff nicht wirkt. Gerade kleine Säuglinge sind enorm von dieser Keuchhustenerkrankung gefährdet. Die Komplikationen dieses 3 Monate lang dauernden Hustens sind schwer, Therapiemöglichkeit gibt es keine. Mir selbst ist ein Kind persönlich bekannt, dass aufgrund der nicht beeinflussbaren Hustenanfälle – bis zum Blauwerden – einen Sauerstoffmangel im Gehirn mit bleibender Behinderung davongetragen hat.“


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