Herkunftskennzeichnung, Planungssicherheit und Klimaschutz-Maßnahmen: Kritische Fragen an die Führung der Landwirtschaftskammer
SCHLIERBACH. Rund 50 Bauern aus dem Bezirk Kirchdorf folgten der Einladung von Landwirtschaftskammer-Präsident Franz Waldenberger und Kammerdirektor Karl Dietachmair, um in der Landwirtschaftlichen Fachschule Schlierbach unter dem Titel „Kammerführung im Gespräch“ über aktuelle landwirtschaftliche Themen zu diskutieren.
Bezirksbauernkammer-Obmann Andreas Ehrenhuber eröffnete den Abend: „Wir Landwirte müssen an einem gemeinsamen Strang ziehen, um in der Bevölkerung wahr- und ernst genommen zu werden.“ Der Landwirt aus Oberschlierbach lud die Anwesenden dazu ein, die Möglichkeit zu nutzen und sich aktiv an einer Diskussion mit der Kammerführung zu beteiligen.
Entlastung für gestiegene Energiepreise
Karl Dietachmair informierte unter anderem über den Stromkostenzuschuss, die Strompreisbremse ab 1. Juni und die Änderungen bei der Einheitswert Hauptfeststellung 2023 im Vergleich zur letzten Feststellung im Jahr 2014. „Es ist sowohl ein Temperatur-/Niederschlags-Index entwickelt worden, als auch eine Neuregelung der Betriebsgrößen-Abschläge erfolgt“, so Dietachmair. „Der Ukraine-Krieg hat weiterhin Auswirkungen auf die landwirtschaftlichen Märkte. Bei der Versorgungslage herrscht zwar eine angespannte Situation, doch die bäuerlichen Familienbetriebe bieten Versorgungssicherheit in Krisensituationen“, betonte der Kammerdirektor.
Kritik am Green Deal
Franz Waldenberger gab einen Ausblick auf Themen, welche die Landwirte in nächster Zeit beschäftigen werden. Der Landwirtschaftskammer-Präsident verwies dabei auf sogenannte „Megatrends“, dazu zählen unter anderem die Neo-Ökologie (Klimaschutz, Umweltschutz, Kreislaufwirtschaft), Globalisierung, Sicherheit und Gesundheit. „Der bis 2050 geplante Green Deal ist eine Art Regierungsprogramm der EU-Kommission zur Wiederherstellung der Natur auf einen Zustand wie in den 1950er Jahren. Denn da war die Welt angeblich noch in Ordnung“, kritisierte Waldenberger die Vorschläge der EU: „Das ist nicht umsetzbar, wenn die Lebensmittelproduktion aufrechterhalten werden soll.“ In diesem Zusammenhang sprach sich der LK-Präsident auch vehement gegen die nachträgliche Abdeckung der offenen Güllegruben bis 2028 aus, das sei „wirtschaftlich nicht vertretbar“.
Erneuerbare Energien als Potenziale
Als Potenziale in der Land- und Forstwirtschaft zeigte Franz Waldenberger Biomasse und Bioenergie sowie die Stromerzeugung mittels Photovoltaik-Anlagen auf. Wobei er betonte, Dachflächen und Parkplätze vor den Freiflächen zu nutzen.
Forderung nach Herkunftskennzeichnung
Die Landwirtschaftskammer arbeite auch weiterhin an der verpflichtenden Herkunftskennzeichnung, informierte Waldenberger: „Die Konsumenten kaufen bewusster ein. Sie wollen wissen, wo die Produkte herkommen und was darin steckt. Die Transparenz wird immer wichtiger.“ Mit 1. Juli soll eine Verordnung für die Gemeinschaftsverpflegung in Kraft treten, der Entwurf dazu ist in der Begutachtung. Die Forderung nach einer Herkunftskennzeichnung war auch in der anschließenden Diskussionsrunde ein Thema. „Wir arbeiten daran“, versicherte Waldenberger.
Landwirte als Botschafter für Lebensmittel und Ernährung
Zudem beschäftigen sich die Konsumenten verstärkt mit gesunder Ernährung. „Da sind wir jetzt gefordert. Denn die Bauern sind die authentischsten Botschafter für Lebensmittel und Ernährung“, betonte der LK-Präsident.
Kalkulierbare Rahmenbedingungen gefordert
In der Diskussionsrunde sagte Bezirksbauernkammer-Obmann Stellvertreter Gerhard Gebeshuber aus Nußbach: „Die Landwirtschaft braucht Rahmenbedingungen, die kalkulierbar sind, um mehr Planungssicherheit zu schaffen.“ Dazu entgegnete Waldenberger: „Das sind gesellschaftliche Anforderungen, denn jeder will sich absichern. Das ist in vielen Bereichen so.“
Eine Landwirtin meinte: „Die Kammer zeigt immer wieder Möglichkeiten für Umstrukturierungen auf. Ich denke, 'nur' Bauer sein soll wieder reichen. Weiters soll in der Öffentlichkeit bekannt werden, dass die Landwirtschaft der einzige Sektor ist, der CO2 auch wieder binden kann.“
Eine weitere Wortmeldung brachte die Stimmung unter den Landwirten etwas sarkastisch auf den Punkt: „Nach dem Krieg waren wir die Helden, weil wir die Welt ernährt haben und jetzt sind wir die Deppen, weil wir es tun.“
Franz Waldenberger resümierte: „Das waren sehr spannende Wortmeldungen, die interessanterweise zum Teil auch sehr widersprüchlich sind.“
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