Weitere Angebote

Sociale Medien

Kontakt

Leserbrief zu geplanten Erdgas-Bohrungen: "Deckmantel Versorgungssicherheit"

Sophie Kepplinger, BA, 24.11.2023 13:02

MOLLN. In diesen Tagen erwarten die Menschen in Molln einen wichtigen Bescheid zu geplanten Erdgas-Bohrungen in unmittelbarer Nähe zum Nationalpark
Kalkalpen. Aus diesem Anlass schickte Frida Kieninger einen Leserbrief, in dem sie betont: Gas aus Molln ist keine Notwendigkeit. Die gebürtige Steyrerin leitet in Brüssel die Umweltorganisation Food & Water Action Europe mit dem Hauptschwerpunkt Erdgas, Fracking und Wasserstoff.

 (Foto: Tips)
(Foto: Tips)

„Der Gasverbrauch in Europa ist seit 2022 stark gesunken, und zwar um Volumen, die die achtfache Menge Österreichs jährlicher Gasnachfrage darstellen. Der Trend hielt auch 2023 an. Zahlreiche Pläne und Gesetze auf EU-Ebene würden außerdem zu einer Verringerung um ein Drittel bis über die Hälfte des Gasverbrauchs bis 2030 führen! (Quelle: Report: Are we on track?) Gleichzeitig sind, obwohl die vorhandenen Importkapazitäten nicht ausgelastet sind, eine Vielzahl an weiteren Gas-Importprojekten in Planung und Bau, die eine gewaltige Überkapazität zum Import von Gas darstellen würden. (Quelle: European LNG Tracker)

Österreichs Gasspeicher sind derzeit mit Gasmengen gefüllt, die höher sind als das Land in einem ganzen Jahr verbraucht. Berechnungen zeigen (Quelle: Quelle: Analysis: The European Union is ready for the 2023-24 winter gas season), dass die Gasfüllstände in Europa selbst bei total-Lieferstopp und kaltem Winter gut gefüllt bleiben. 

Zum Argument, dass Österreich noch mehr eigene Gasförderung braucht, um aus russischem Gas auszusteigen ist Folgendes zu sagen: Die wenigsten Staaten in Europa beziehen noch russisches Gas: Das sind Österreich, die Slowakei, Slowenien und Ungarn (wobei fraglich ist, ob letzteres aus russischem Gas aussteigen wird). All diese Länder sind „Kleinverbraucher“, ihre Nachfrage macht nur einen kleinen Bruchteil am EU-Gasverbrauch aus. Das ist ein wichtiges Detail: denn im EU-Vergleich ist Österreichs Anteil an russischem Gas kaum der Rede wert: Österreich ist mit all seinen EU-Nachbarländern via Gas-Pipelines verbunden und könnte problemlos Gas aus zum Beispiel Italien, Deutschland, Tschechien & Co beziehen. Die Kapazitäten sind da.

Warum Österreich noch einen großen Anteil an Gas aus Russland bezieht, liegt nicht an einem Gasmangel, im Gegenteil: Es liegt an Verträgen, die die OMV mit der russischen Gazprom abgeschlossen hatte. An den vertraglichen Verpflichtungen würden auch die leichtfertig versprochenen Gas-Funde in Molln nichts ändern. (Quelle: Abhängigkeit von russischem Gas liegt an OMV-Vertrag)

Es darf nicht sein, dass unbegründete Panikmache zu komplett irrationalen Maßnahmen führt. Die Pläne, in einer einzigartigen Region gleich neben dem Nationalpark Kalkalpen nach Gas zu bohren sind demnach unnötig, um Österreichs Versorgungssicherheit zu erhöhen. Too little, too late – wobei nicht gesichert ist, dass überhaupt Gas fließen würde. All das, während Österreichs und Europas Gasverbrauch weiter sinken wird – und muss, um dem fortschreitenden Klimawandel die Stirn zu bieten.

 Abschließend dürfen wir noch ein extrem wichtiges Detail nicht vergessen: Gas, also Erdgas – genau das Produkt, das die Firma ADX in Molln fördern will, besteht nahezu vollständig aus Methan. Methan, das vor allem bei der Gasförderung in beträchtlichen Mengen in die Atmosphäre entweicht, und das Klima dort über hundertmal stärker aufheizt als CO2.

Gas aus Molln ist keine Notwendigkeit. Es ist vielmehr bitterböse Ironie, in einem Land wie Österreich klima- und umweltschädliche Gasbohrungen hinter dem Vorwand des Schutzes der österreichischen Versorgungssicherheit zuzulassen. Der fragile Naturschatz des Steyrertals ist bedroht.“

von Frida Kieninger, Steyr

Meinungen in Leserbriefen müssen sich nicht mit denen der Redaktion decken. Wir behalten uns vor, Briefe aus Platzgründen zu kürzen.

Kommentare sind nur für eingeloggte User verfügbar.

Jetzt anmelden

Antworten
Wilfried S.
Wilfried S.
24.11.2023 21:52

Bohrgegner setzen Souveränität Österreichs aufs Spiel

Gas aus Molln sei keine Notwendigkeit, schreibt die selbsternannte Expertin für Gas in Brüssel, Frida Kieninger, in ihrem Leserbrief auf tips.at. Unter dem Vorwand und Schutz der Versorgungssicherheit würden in Österreich „klima- und umweltschädliche“ Gasbohrungen zugelassen. Der fragile Naturschatz des Steyrertals sei bedroht. Dazu ist festzuhalten: a) Das Steyrtal wird seit Jahrhunderten land- und forstwirtschaftlich sowie industriell genutzt. Es ist zweifelsfrei ein schöner Landstrich, doch in puncto Artenreichtum, der durch das Borvorhaben nicht im Geringsten gefährdet ist, keineswegs einzigartig oder sogar "fragil". b) Österreich ist nahezu vollständig von ausländischem Gas abhängig, derzeit können wir nur 7 Prozent des Bedarfs aus eigenen Vorkommen decken. Österreich überweist allein 5 Milliarden Euro jährlich nach Moskau für russisches Erdgas. c) Alle im Leserbrief genannten Zahlen sind hahnebüchen, da sie nur dazu dienen, die Verantwortung für die Gasversorgung der heimischen Industrie und Haushalte ins Ausland abzuschieben. Sollen wir die österreichische Souveränität in Energiefragen aufgeben? d) Weltweit werden jährlich über 4.000 Milliarden m3 Erdgas gefördert, soviel wie nie zuvor in der Geschichte. Die USA ist mit rund 25 Prozent der größte Produzent, gefolgt von den drei Diktaturen Russland, Iran und China. Man darf also Frau Kieninger ebenso wie den anderen EU-Subventionsempfängern – und das sind die angeblichen "Naturschützer" in der Mehrzahl – die Frage stellen, ob ihnen Fracking-Gas aus den USA und LNG- oder Pipeline-Gas aus Diktaturen lieber ist als sauberes Erdgas aus heimischem Boden. Die Erdgasbohrung in Molln ist weder "klimaschädlich", noch bedroht sie einen "fragilen Naturschatz" – diese Diktion entspringt einer Sichtweise, die weder verantwortungsbewusst im Sinne der Natur noch seriös im Sinne der Fakten zum Thema Versorgungssicherheit ist. Im Gegenteil, solche Aussagen schaden den Interessen der Republk Österreich und damit jedem einzelnen Haushalt, und jedem einzelnen hier tätigen Unternehmen. Dr. Wilfried Seywald, Sprecher ADX Energy