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Ein Platz zum Erinnern und Trauern: Gedenkorte für Sternenkinder im Bezirk Kirchdorf

Sophie Kepplinger, BA, 08.10.2024 19:01

BEZIRK KIRCHDORF. Der „Tag der Sternenkinder“ am 15. Oktober ist all jenen Babys gewidmet, die vor, während oder kurz nach der Geburt verstorben sind. Schätzungen der Arbeitsgruppe Stille Geburt zufolge werden wöchentlich rund zwei Frauen mit Sternenkindern im Pyhrn-Eisenwurzen Klinikum Kirchdorf betreut. Nichts und niemand kann die Betroffenen von ihrem Schmerz befreien, doch bieten Gedenkorte in Molln, Wartberg an der Krems und Kirchdorf an der Krems einen Platz zum Erinnern und Trauern.

  1 / 5   Am Mollner Friedhof bietet eine Gedenk- und Begräbnisstätte für Sternenkinder Platz zum Innehalten, Trauern und Erinnern. Initiiert wurde der Gedenkort von Agnes Brandl, psychosoziale Beraterin in Molln. (Foto: Sophie Kepplinger)

Der Grabplatz, den Agnes Brandl hier am Mollner Friedhof ansteuert, trägt keinen Familiennamen, keine Sterbedaten. Dafür sind schon von weitem goldene und rote Sterne an der dahinterliegenden Wand erkennbar. Und eine Bank. „Ein Rastplatz bei einem Grab, etwas ungewöhnlich, nicht wahr?“, sagt Anges Brandl lächelnd und bleibt wenige Meter davor stehen.

Die Bank, die Glaskunst, die Lichterwanne: Das alles hat Agnes Brandl, psychosoziale Beraterin in Molln, gemeinsam mit fünf weiteren Frauen erarbeitet. „Nach Abschluss meines Trauerlehrgangs an der Diözese Linz war es mir wichtig, ins Tun zu kommen, etwas zu gestalten. Recht zufällig fanden wir uns daraufhin zu sechst zusammen und arbeiteten diese Gedenk- und Begräbnisstätte aus“, erzählt sie.

Symbole der Hoffnung

Im Bezirk Kirchdorf gibt es erst wenige solcher Gedenkorte für Sternenkinder: Auf den Friedhöfen in Kirchdorf und Wartberg, im Pyhrn-Eisenwurzen Klinikum und seit einem Jahr nun auch am Friedhof in Molln. „Dabei sind Orte, Symbole und Rituale sehr wichtig in der Trauerbewältigung“, erzählt die Mollnerin – mittlerweile bei einer Tasse Kaffee im Café Illecker – weiter. „Trauer ist eines der stärksten Gefühle die es gibt. Ein Umgang mit dieser Emotion braucht etwas Aktives: darüber sprechen, eine Kerze anzünden, schreiben.“ Darum gibt es am Mollner Gedenkort auch ein Notizbuch, in dem die Betroffenen ihre Gedanken schreiben können. Und die Bank? „Trauer braucht auch einen Platz, wo ich innehalten und dem Gefühl Raum geben kann“, erklärt Agnes Brandl.

Schmetterlinge fliegen lassen

Im Pyhrn-Eisenwurzen Klinikum Kirchdorf ist der Gedenkort in der Krankenhauskapelle eingerichtet. „Hier gibt es ein Erinnerungsbuch und das Ritual, einen Schmetterling als Symbol für das Kind aufzuhängen. Dieser Ort kann jederzeit besucht werden“, erklärt Gabriele Hohensinn. Als Krankenhaus-Seelsorgerin ist sie Teil des multiprofessionellen Teams der Arbeitsgruppe Stille Geburt. Schätzungen dieser Arbeitsgruppe zufolge werden jährlich rund 75 bis 100 Sternenkinder und deren Familien im Kirchdorfer Klinikum betreut. Valide Daten dazu gibt es allerdings keine, denn Mütter mit Sternenkindern werden je nach Schwangerschaftswoche und Diagnose ganz unterschiedlich im System aufgenommen. Rund zwei Fälle pro Woche seien der Arbeitsgruppe zufolge aber realistisch.

Auch wie eine stille Geburt – also Geburten, bei denen ein Kind ohne erkennbare Lebenszeichen geboren wird – verläuft und medizinisch begleitet wird, ist individuell. „Meist ist es nach der traurigen Nachricht möglich, mehrere Tage zuzuwarten bis die Geburt eingeleitet wird – eine Zeit, die wertvoll sein kann für ein erstes Abschiednehmen. Dies ist jedoch immer eine Entscheidung der Mediziner“, erklärt die Krankenhaus-Seelsorgerin.

Achtsam sein, Hilfe annehmen

Im Lauf der Jahre hat sich, wie bei vielen Behandlungen, die Verweildauer im Krankenhaus verkürzt, daher sind auch die Familien mit Sternenkindern meist kürzer in Betreuung. Für die Teams der Krankenhausseelsorge und der Klinischen Psychologie ist es dadurch schwieriger geworden, die Betroffenen zu begleiten – denn ein großer Teil des seelischen Erlebens wird erst nach der Zeit im Krankenhaus erfahrbar. Für die Seelsorgerin ist es deshalb umso wichtiger zu vermitteln, achtsam zu sein und Hilfe in Anspruch zu nehmen, „entweder ambulant bei uns oder bei anderen Stellen“.

Trauer erfordert Mut

„Es ist ein mutiges Zeichen, sich für die Trauer Zeit zu nehmen“, sagt Agnes Brandl nach kurzem Überlegen. „Und auch wenn es im ersten Moment unmöglich scheint: Es hilft, sich mit dem Verlust auseinanderzusetzen. Es wird besser.“ Der Kaffee ist mittlerweile ausgetrunken, draußen regnet es leicht. Kurz wandern die Gedanken zum zuvor besuchten Rastplatz am Friedhof, zu den brennenden Kerzen in der Lichterwanne, dem Trauerbuch und den Geschichten darin – und zu den vielen kleinen Sternen.

Hilfsangebote für Familien mit Sternenkindern
Verein Pusteblume in Wels: www.-verein-pusteblume.at
Familienberatungsstelle Kirchdorf: www.beziehungleben.at
Unabhängige Suchilfe: www.mein-sternenkind.net

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