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Christine Wagner: „Ich war ganz erstaunt, dass es jetzt einen Frauenpreis gibt“

David Ramaseder, 19.01.2022 16:40

PASCHING. Christine Wagner ist Geschäftsführerin der Alfred Wagner Stahl-Technik & Zuschnitt GmbH und führt damit bereits in dritter Generation die Tradition des Familienbetriebes fort. Als Pionierin in einer von Männern dominierten Branche wurde sie vergangenes Jahr mit dem ersten Frauenförderpreis des Landes OÖ ausgezeichnet. Tips hat sich mit der erfolgreichen Geschäftsfrau unterhalten.

Christine Wagner (2.v.r.) hat sich als Geschäftsführerin in einer von Männern dominierten Branche durchgesetzt. (Foto: Wagner Stahl)

„Ich habe mit 15 Jahren meine große Liebe entdeckt. Nur war das bei mir kein Mann, sondern es war die Firma“, weiß Christine Wagner noch genau, wann sie ihre Leidenschaft für die Metallbranche gepackt hat. Von da an war ihr klar, wohin sie ihr beruflicher Werdegang führen soll. Die damals junge Frau absolvierte ihre Matura und begann zu studieren. Seither ist sie nicht mehr aus der 1946 gegründeten Firma wegzubekommen, aber auch nicht wegzudenken.

Andere Zeiten als Frau

Am Anfang war Christine Wagner dort tätig, wofür man als Frau damals am ehesten eingesetzt wurde: in der Buchhaltung. „Damals vor gut 20 Jahren waren die Zeiten dann doch noch etwas anders“, erzählt die Geschäftsführerin von ihren Anfängen. „Die Männer in der Branche hätten das sicher nicht so einfach akzeptiert, wenn eine Frau sich hier so wichtiggemacht hätte“. Aufgeben war aber natürlich keine Devise, daher hat Christine Wagner einen anderen Weg eingeschlagen. Sie hat sämtliche Ausbildungen heimlich gemacht und sich das auch selbst finanziert. Beginnend vom Management-Training bis hin zu WIFI-Kursen wie Finanzbuchhaltung oder Kostenrechnung hat sie sich alles beigebracht. „Ich habe mir jemanden organisiert, der mir am Wochenende die ganzen Anlagen und Maschinen erklärt in der Firma. Ich habe mich immer dafür interessiert und habe es von der anderen Seite gemacht“, so Wagner heute stolz.

Alternativlose Entscheidung

Als es um die Übernahme des Unternehmens ging, war für Christine Wagner beschlossen, dass sie es machen und probieren wolle: „Als es meinen Vater knapp vor seinem 70. Lebensjahr dann nicht mehr so gefreut hat, war ihm schon klar, dass er mich nicht von meinen Plänen abbringen kann.“ So kam es – obwohl nie geplant – zur Übernahme. Und obwohl Christine Wagner alleinerziehende Mutter von zwei Söhnen war, hat es super funktioniert. „Dabei war mein Vater damit gar nicht so glücklich, dass er mir das ‚antut‘.“ Dennoch war für Christine Wagner immer klar, dass sie die Firma übernehmen möchte. Auch wenn es am Anfang nicht immer leicht war. „Es hat aus meiner Sicht keine Alternative dafür gegeben. Ich sage auch ganz ehrlich, für ein Familienunternehmen, da braucht es auch Liebe und Herzblut dafür.“

Das Persönliche ist wichtig 

„Bei uns rennen die Uhren schon manchmal anders“, weiß Wagner, die sich nur wenig Gedanken macht, was andere denken. „Mir geht es schon sehr um das Persönliche, also um den Mitarbeiter an sich. Ich mache Dinge nicht, weil es andere machen oder weil es werbewirksam ist. Das ist mir ehrlich gesagt egal. Wenn ich glaube, es passt zu uns, dann mache ich es. Wenn persönlich mein Herz daran hängt, dann wird das auch umgesetzt, weil ich es für wichtig empfinde.“ So kam sie auch fast unverhofft zum Frauenförderpreis. „Ich war ganz erstaunt, dass es jetzt einen Frauenpreis gibt für etwas, das eigentlich fast selbstverständlich sein sollte. Traurigerweise aber eben nicht ist“, so Wagner. Dennoch hat es auch bei ihr gedauert, bis sie Frauen eingestellt hat. „Zum Glück wird man älter und ändert auch einmal seine Einstellungen“, erzählt die Geschäftsführerin, die jetzt besonders von der Motivation ihrer weiblichen Mitarbeiter angetan ist.

Frauen in allen Bereichen

Das Miteinander und der Teamgedanke spielen bei Wagner Stahl eine wichtige Rolle – besteht die Belegschaft von rund 35 Mitarbeitern auch aus neun Nationalitäten. Selbst wenn es immer wieder einmal Fehlgriffe gibt, ist Christine Wagner mit dieser Entscheidung immer gut gefahren. „Die Leute müssen ein Team bilden. Das ist mir wichtig. Wo jemand herkommt, ist mir egal“. So gibt sie auch immer wieder Frauen eine Chance, die von (zu) vielen keine Möglichkeit auf eine Arbeit erhalten.

„Unser Lehrmädchen seit Sommer spricht perfektes Deutsch und macht eine super Arbeit. Trotz toller Zeugnisse hat sie 100 Bewerbungen abgeschickt und Telefonate geführt, doch niemand wollte sie einstellen“, ist Christine Wagner schockiert. Dennoch freut sie sich, dass sie ein weiteres Mal den richtigen Riecher bewiesen hat.


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