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Ina Regen: "Mein Leben hat schon ein paar Purzelbäume geschlagen"

Karin Seyringer, 29.10.2019 09:39

LINZ/KREMSMÜNSTER/BRAUNAU. Ihr Song „Wie a Kind“ schlug vor zwei Jahren ein wie eine Bombe. Viel hat sich seitdem für Ina Regen verändert. Auf ihrer aktuellen Oberösterreich-Tour gastiert die Musikerin mit ihrer Band auch in Linz, Kremsmünster und Braunau. Tips hat sich mit der sympathischen und bodenständigen Oberösterreicherin unterhalten - und verlost 3x2 Konzertkarten.

Musikerin Ina Regen Foto: Nina Stiller
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Tips: Du bist praktisch über Nacht bekannt geworden. War das für dich schwierig, plötzlich so im Rampenlicht zu stehen?

Regen: Ja und nein. Ich habe einfach Tag für Tag versucht, zu bewältigen, was gerade auf mich zukommt. Mein Leben hat schon ein paar Purzelbäume geschlagen, zwischendurch war mir auch ganz schön schwindelig. Aber man muss das Leben vorwärts leben. Ich habe immer ein wenig Mut aus meinem Rucksack mitgebracht und mir gedacht: wird schon schiefgehen. Ich habe mehrmals im Jahr so kleine Inseln, wo es ein wenig ruhiger wird, im Sommer und um Weihnachten herum. Das sind so die Momente, wo ich zurückschaue und mir denke: Wow, was mir alles passiert ist! Das ist wie Silvester, man weiß gar nicht, welche Rakete man zuerst anschauen soll…

Tips: Dein Alltag wird sich auch sehr verändert haben…

Regen: Ja, aber jetzt wird es ganz angenehm, dass viele dieser Dinge normaler und selbstverständlicher werden. Sie sind deswegen nicht weniger wert, aber ich habe jetzt Vertrauen, das das geht. Jetzt beim zweiten Album weiß ich: Ich bin nicht mehr ganz so orientierungslos. Mein innerer Kompass ist schon besser kalibriert. Ich kalibriere ihn auch immer wieder nach – und das ist, glaube ich, auch die Arbeit, die man als Künstler machen muss. Die wirkliche Kunst ist, dass man an sich selbst arbeitet und sich relativ kompromisslos und gnadenlos mit sich selbst auseinandersetzt und Bilanz zieht.

Tips: Warum glaubst du hat deine Musik so eingeschlagen?

Regen: Ich glaube, wir leben in einer Zeit, in der alles gleichzeitig möglich und da ist. Wir leben in einer Zeit, in der die brutale Oberflächlichkeit genauso präsent ist, wie das, was ich mache. Ich habe mich meiner Wahrheit verpflichtet und weiß, dass es mir mit meiner Musik am besten geht, wenn ich ehrlich damit bin. Ich präsentiere keine Lösungen – ich weiß eigentlich nur, dass ich lebe und dass ich das gut finde. Vielleicht ist es die Einladung, die ich immer wieder ausspreche: dass man sich traut zu leben. Das tut manchmal scheißweh und manchmal ist es extrem schön. Du kannst das Glück nur kriegen, wenn du bereit bist, dass manchmal mit Schmerz zu bezahlen.

Tips: Sehr tiefgründig …

Regen: Ja! (lacht)

Tips: Im Dialekt zu singen war eine bewusste Entscheidung bei dir?

Regen: Im Vorhinein nicht, ich wollte lieber Englisch oder Deutsch machen. Es war eine Reise. Ich wollte ehrlich sein mit meiner Musik und auf dem Weg dahin war plötzlich der Dialekt die logische Konsequenz. In dem Moment, wo es dann passiert ist, war völlig klar: Es gibt kein zurück, alles andere hätte sich dann nach einer Lüge angefühlt oder nach einer Maske. Ab dem Moment, wo ich meine ersten Worte im Dialekt gesungen habe, war völlig klar, dass ich das machen will.

Tips: Auch nicht die Angst gehabt, dass man deine Musik vielleicht missbrauchen könnte. Stichwort Heimatbegriff ...

Regen: Doch. Das war mit ein Grund, warum der Dialekt überhaupt nicht aufgetaucht ist in meinen Möglichkeiten, weil er für mich so einer Lebensphilosophie anhaftet, einem Österreicher-Sein, dass für mich zu wenig lebendig ist, oder zu wenig zukunftsfähig - salopp gesagt. Ich habe dann aber bemerkt, dass ich da selbst an meinen eigenen Schubladen und an meinen eigenen Vorurteilen scheitere. Ich habe mir dann eigentlich gedacht, ich schaue jetzt mal, ob ich im Dialekt die Art von Poesie schreiben kann, und diese Gedanken zum Ausdruck bringen kann, die für mich und meine Lebensphilosophie stehen. 

Tips: Du kommst aus Gallspach im Bezirk Grieskirchen: Wie oft schaffst du es noch nachhause?

Regen: Wenn es nach meinen Eltern geht, viel zu wenig (lacht). Immer, wenn ich privat bin. Wenn ich heim fahre, dann als Tochter meiner Eltern. Und ja, es ist weniger, als es früher war, aber meine Lebensmenschen haben sich in ganz Österreich verteilt. Und meine Eltern sehen dafür jetzt viel von Österreich, weil die viel zu meinen Konzerten kommen (lacht). Das Privatleben leidet ein bissl – unter Anführungszeichen – unter dem, dass ich meinen Beruf so wahnsinnig gerne mag (lacht).

Tips: Das kann auch nicht jeder von sich sagen …

Regen: Ja, aber wir leben ja Gott sei Dank in einer Zeit, in der man mit Technologien recht gut verbunden sein kann. Ich habe mir mit meiner Familie Telefondates ausgemacht und das ist auch schon. Und meine Eltern sehen dafür jetzt auch viel von Österreich, weil die viel zu meinen Konzerten kommen (lacht).

Tips: Beim 'Aufsteirern' in Graz heuer hast du mit dem Grazer Philharmonie-Orchester gespielt. Wäre das für eine Tour für dich denkbar?

Regen: Meine eigenen Lieder mit einem 50-Leute-Orchester, das hat mich tief bewegt und das ist schon so wie ein kleines Krönchen, dass sie mir aufgesetzt haben. Und ja, aus der Kategorie 'Dream big' steht das sicher auf meiner Bucket list – aber da muss ich noch ein wenig reinwachsen.

Tips: Du kennst Auftritte vor zigtausenden Zuschauern, du kennst kleinere Locations. Was ist dir lieber: intim oder die große Masse?

Regen: Ich glaube, die große Herausforderung ist, dass es eigentlich egal ist, wie viele Leute da jetzt sind. Die Intimität – und das ist schon ein Anspruch von mir - die muss von mir ausgehen. Und ich glaube, wenn ich so zurückschaue, dass das auch immer ganz gut gelungen ist. Und die Rückmeldungen dich ich bekomme sind, dass es diese Intimität bis zu den letzten Zuschauerreihen schafft. Das würde ich mir wünschen, dass das weiterhin so sein kann.

Tips: Ein Anspruch, den du dir stellst?

Regen: Ja. Ich nehme, wenn es mir irgendwann geschenkt wird, auch ein großes Stadion. Ich war im Sommer auf einigen Konzerten – unter anderem bei Pink – und habe mir gedacht: Boa, das will ich auch irgendwann, das ist geil! (lacht). Man merkt es ja auch bei Pink, wenn die vorne steht und ihre berührenderen Konzertmomente hat, hast du trotzdem das Gefühl, du kannst jetzt eine Stecknadel fallen hören. Ich glaube, wenn Leute offen sein wollen für das was da gerade passiert, dann passiert das. Das hört dann nicht auf ab 2.000 Leuten…

Tips: Du arbeitest am zweiten Album. Kannst du schon etwas verraten?

Regen: Das zweite Album ist das schwierigste, wird immer gesagt. Ich bekomme schön langsam einen Eindruck, warum (lacht). Für das erste Album sammelt man Geschichten aus einem ganzen Leben, bei mir aus 33 Jahren. Und jetzt muss das in eineinhalb Jahren passieren. Das ist schon ein anderer Druck. Gar nicht so sehr, dass es wieder ein Nummer-Eins Album werden soll, sondern, weil sich mein Anspruch nicht verändert hat. Mein eigener Anspruch an: Was ist eine gute Geschichte? Was hat mich in den letzten zwei Jahren wirklich berührt, was aus der Bahn geworfen? Ich glaube, die Lieder, die ich bis jetzt geschrieben habe, sind mindestens so persönlich wie auf meinem ersten Album. Sie sind vielleicht einen Hauch erwachsener, straighter, geradliniger und trotzdem versöhnlich mit der Wirklichkeit. Also ja, ich glaube es ist wieder Ina Regen (lacht).

Tips: Gibt's bei den kommenden Konzerten schon etwas zu hören?

Regen: Ja, wir spielen schon Lieder aus dem neuen Album – es wird ein paar Überraschungen geben...

Tips: Du bist neben deinen Einzelkonzerten auch mit Gergor Meyle in Deutschland und Österreich unterwegs…

Regen: Genau, im November und Dezember fahren wird insgesamt 16.000 Kilometer durch Deutschland und Österreich – ich bin Support von Gregor Meyle und auf das freue ich mich schon total, weil Gregor Meyle als Liedermacher und Songwriter immer schon eine große Inspiration für mich war. Und das wir uns jetzt diese Tour teilen bzw. ich die Konzertabende eröffnen darf, wird sicher sehr sehr besonders.

Tips: Wie gut kennt man dich schon in Deutschland?

Regen: Nicht so gut wie in Österreich natürlich, aber ich habe im Sommer von Zaz Support gespielt, oder letztes Jahr von Jamie Cullum. Was ich da so höre ist, dass es die Menschen sehr erfrischend finden. Die Deutschen sind totale Österreich-Sprachfans. Eine Rückmeldung fasst das gut zusammen: 'Ich habe nicht alles verstanden, was du in Worten gesagt hast, aber ich habe alles gefühlt, was du mit deiner Musik gesagt hast.' Das ist das schönste Kompliment. Die Musik und was wirklich wesentlich ist, steht ja eh immer zwischen den Zeilen. Wenn das trotzdem ankommt, kann ich ganz gut damit leben, wenn mal das ein oder andere Wort als exostisch abgespeichert wird (lacht). Aber ja, ich glaube sowieso dran, dass ich mit meiner Musik eher ein Live-Erlebnis bin, auch in Deutschland. Natürlich arbeite ich total gerne an einem Album und tüftle an Produktionen, aber das ist erst die Geburt – und dann muss man es erst erleben. Ich mag jede Etappe von so einem Kreativprozess. Ich mag das In-Mich-Hinein-fühlen und herausfinden, was sind die Geschichten, die ich erzählen will, das tüfteln im Studio, wie verpackt man das musikalisch. Und wenn es fertig ist, ist das wie Weihnachten: Man darf es auspacken und darf damit spielen. (lacht)

Tips: Gibt“s für dich ein spezielles Ritual vor einem Auftritt?

Regen: Es haben sich mehrere entwickelt. Für mich muss ich immer mit mir selber in Kontakt gehen und schauen, wie geht“s mir selber gerade. Dann gibt's ein Ritual mit meiner Band, wo wir blödeln und Fotos machen – das ist total lustig. Wir machen Fotostreifen und die sammle ich dann, die hängen zu Hause an einer Pinwand. Und dann stellen wir uns kurz bevor wir auf die Bühne gehen im Kreis zusammen und ich sage, worauf ich mich freue, was mich gerade bewegt und ich sage ganz oft Danke, weil ich meine Musiker extrem schätzte und für die Besten halte. Es ist mir extrem wichtig, das meine Band weiß, dass sie alle meine großen Brüder sind.

Tips: Am André Heller-Album bist du auch zu hören…

Regen: Richtig. André Heller hat mich bei einer Gala gehört – kurz darauf ist eine Anfrage gekommen, ob ich mir vorstellen kann, auf seinem neuen Album mitzuwirken. Das war sehr schön. Einem André Heller begegnen zu dürfen, ist ein sehr einprägsames Erlebnis und eine große Bereicherung. Der Mann ist eine Institution in Österreich.

Tips: Das sind so die Momente, die man sich merkt und sich denkt: Dass ich das erleben darf…

Regen: Ja, wenn ich jetzt so zurück denke und sage OK, jetzt bin ich seit fast zwei Jahren eine Person des öffentlichen Lebens – da sind mir viele Dinge passiert, die hat mir das Leben geschenkt. So empfinde ich das auch und dafür bin ich sehr dankbar und darauf auch irgendwie stolz, dass ich ein Leben führen darf, indem diese Zufälle mir zufallen (lacht). Das ist schön.

Tips: Wiener Konzerthaus – Internationaler Frauentag!

Regen: Ja! Mir ist das Thema sehr wichtig und ich habe das Gefühl dass es auch immer wichtiger wird in der öffentlichen Wahrnehmung. Ich habe aus meiner persönlichen Erfahrung gemerkt, dass mir oft diese Frage gestellt wird: 'Aber du als Frau, im Rampenlicht….' Ich finde: Was hat mein Geschlecht damit zu tun, dass ich meinen Beruf gut mache. Oder, wie ich am Donauinselfest gespielt habe, hat mich ein Reporter gefragt, wie es sich anfühlt, die Quotenfrau zu sein im Line-Up. Und ich habe gedacht: Moment, da stimmt irgendetwas nicht. Da stimmt im Weltbild etwas nicht, da muss man etwas tun. Die Idee ist ja nicht neu, dass es am Weltfrauentag verschiedene Konzepte gibt. Meines ist, dass ich Künstlerinnen eingeladen habe, die ich musikalisch sowohl privat als auch beruflich kennen lernen durfte – und dass ich die herzeige und die wiederum Gäste einladen, die sie herzeigen wollen. Ich glaube ganz fest an Synergien, an Gemeinsamkeiten und an Gleichberechtigung – und ich glaube auch nicht, dass das Frauen alleine machen können, sondern ich glaube, dass wir als Gesellschaft entscheiden müssen, wie wir mit Geschlechterfragen umgehen wollen und ob wir das Trennende vor das Gemeinsame stellen wollen. Ich glaube das nicht. Eigentlich ist dieser Abend ein Versuch, zu zeigen, wieviel an uns gemeinsam ist und wie ungewöhnlich und selbstverständlich das ist. Der Untertitel ist ja 'ungewöhnlich selbstverständlich'. Und ja, es ist ein kleines Experiment und ich freue mich total darauf. Ich freue mich darauf, dass das im Wiener Konzerthaus stattfinden kann, weil das ein wahnsinnig schöner Rahmen ist und ich glaube, dass diese Bühne erwürdig ist für dieses Thema. Ich freue mich, dass so viele Leute so begeistert zugesagt haben – von einer Marianne Mendt über Yasmo und dass da soviele einmalige Kooperationen passieren werden, die nicht auf jedem Konzert stattfinden. Es wird eine große Überraschung weiblicher Kunst. Ich glaube es wird ganz großartig.

Tips: Bist du generell ein politisch interessierter Mensch?

Regen: Ich glaube, dass man als Mensch überhaupt keine Entscheidung hat, ob man politisch ist oder nicht. Durch die Tatsache, dass wir existieren, sind wir politisch. Jede Entscheidung, jeder Einkaufszettel, jeder Dialog ist politisch, ist ein Ausdruck dessen, wer wir sind und sobald wir mehr als einer sind – also zwei – sind wir schon eine Gesellschaft und sind schon in der Herausforderung, dass wir unterschiedlich sind, aber als Gesellschaft nur konsensorientiert funktionieren, das man miteinander eine Zukunft gestalten wollen oder müssen, die lebenswert ist. Und ich glaube, wenn man einmal verstanden hat, dass jeder Mensch mit der Verantwortung geboren wird, dass er Zukunft gestalten muss – wir haben überhaupt keine Wahl, wir sind Zkunft – ab dem Moment, muss man in diese Verantwortung gehen und diese annehmen und dann ist man schon politisch.

Gewinnen

Tips verlost 3x2 Freikarten für das Konzert im Musiktheater Linz.

Ina Regen & Band - „Klee“

Samstag, 2. November 2019: Bezirkssporthalle Kremsmünster

Sonntag, 3. November 2019 – VAZ Braunau

Donnerstag, 5. Dezember 2019 Großer Saal Musiktheater Linz

Karten: Ö-Ticket, alle bekannten Kartenbüros, www.landestheater-linz.at


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