Vergangenheit und Gegenwart: der Kampf um Kinderbetreuung in Linz
LINZ. 1918 eröffnete die Tabakfabrik für ihre vielen Arbeiterinnen eine Krabbelstube. 1998 wurde in der Voest eine Krabbelstube eingerichtet. 2018 brennt das Thema noch immer vielen Frauen und jungen Familien unter den Nägeln, wie eine aktuelle Umfrage der AK zeigt.
Die Belegschaft der Tabakfabrik bestand schon vor über 100 Jahren zum Großteil aus Arbeiterinnen. Um 1900 waren 90 Prozent der Beschäftigten Frauen. Daher war auch schon damals die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein großes Thema. Diesem trug man auch Rechnung.
Professionelle Betreuung
Bereits Ende des 19. Jahrhunderts hatten die Arbeiterinnen Anrecht auf einen Monat Mutterschutz. Bis 1912 wurde dieser auf acht Wochen ausgedehnt. Viele Mütter nahmen danach ihre Säuglinge einfach mit in die Arbeit und deponierten diese unter den Werkstischen. Um dem entgegenzuwirken, wurden 1918 eine Stillstube und eine sogenannte „Kinderbewahranstalt“ eröffnet. Rund 20 Jahre später wurde daraus sogar eine ganze Kinderbaracke, in der eine Kindergärtnerin und sieben Helferinnen rund 50 Kinder – vom Säugling bis zum 6-Jährigen – betreuten. 1952 eröffnete dann schließlich ein kostenloser Betriebskindergarten.
Auch in anderen Linzer Leitbetrieben wurde dem Bedürfnis nach Kinderbetreuungseinrichtungen Rechnung getragen. So wurde in der voestalpine 1994 auf Betreiben der Betriebsrätinnen der Verein „Betriebskindergarten der voestalpine“ gegründet. 1995 nimmt der Kindergarten mit sieben Kindern seinen Betrieb auf. Vor genau 20 Jahren, 1998, wurde der Service durch eine Krabbelstubengruppe erweitert. Aktuell stehen 109 Kindergarten- und Krabbelstubenplätze in 3 Kindergarten- (69 Kinder) und 4 Krabbelstubengruppen (40 Kinder) zur Verfügung.
Rund 7630 Kindergarten- und Krabbelstubenplätze
Doch nicht nur auf betrieblicher Ebene ist das Thema Kinderbetreuung wichtig für Frauen und junge Familien. Aktuell stehen in Linz circa 6560 Kindergartenplätze und 1070 Plätze in Krabbelstuben zur Verfügung. Davon werden insgesamt 874 Krabbelstubenplätze an 36 Standorten sowie 4528 Plätze in Kindergärten an 55 Standorten von den städtischen Kinder- und Jugend-Services (KJS) geführt. Auch eine aktuelle Umfrage der AK zeigt, wie sehr das Thema Frauen und junge Eltern beschäftigt. Anlass für die Befragung, an der rund 1650 Personen teilnahmen, waren unter anderem viele Anfragen und Beschwerden durch Eltern von vorwiegend kleinen Kindern.
Mängel bei Planbarkeit
Kritikpunkte der Befragten sind unter anderem zu kurze Öffnungszeiten, Unsicherheit bei der Platzsuche und lange Wartelisten. „In Ballungszentren habe ich ein besseres Angebot“, berichtet AK OÖ-Präsident Johann Kalliauer hinsichtlich der Linzer Öffnungszeiten. „Wo große Städte wie Linz auch Mankos haben, ist bei der Planbarkeit.“ Dies bereitet Müttern nach der Karenz oft Schwierigkeiten beim beruflichen Wiedereinstieg. „Ich finde es nicht sehr toll, wenn mein Kind plötzlich aus der Kinderbetreuung hinausgeschmissen wird, weil ich als Mutter wieder schwanger bin“, zitiert die Studie eine Mutter. Auch Arbeitslosigkeit kann einen Rausschmiss zur Folge haben, ein Wiedereinstieg ohne Betreuung: schwierig. „Die Eltern beschreiben sich auch oft als Bittsteller“, kritisiert Erika Rippatha, Leiterin des AK-Frauenbüros, zudem.
Teilzeit steigt
Der Anteil der Teilzeitbeschäftigten an den unselbständig Erwerbstätigen hat sich in Österreich von 1996 bis 2016 mehr als verdoppelt. Dabei ist Kinderbetreuung der häufigste Beweggrund. Für mehr als die Hälfte der Befragten – zum Großteil Frauen – ist das ein (sehr) wichtiges Motiv. Auffallend ist, dass in Oberösterreich 65 Prozent dieses Motiv als sehr und eher wichtig nennen, in Wien aber nur 41 Prozent. Befragte, die sich wegen der Kinderbetreuung für Teilzeit entschieden haben, betrachten ihren Teilzeitstatus tendenziell als zeitlich befristet.
Betreuung mit Qualität
Sie betont jedoch auch die positiven Ergebnisse, was die Qualität der Betreuung anbelangt: „Das, was auch herausgekommen ist, ist, dass die Eltern mit der Qualität der Betreuung und mit der Arbeit der Pädagogen vor Ort sehr zufrieden sind. Im Gegensatz zu den frühen Krabbelstuben sind die modernen Einrichtungen schließlich keine „Kinderbewahranstalten“ mehr.“
Kommentare sind nur für eingeloggte User verfügbar.
Jetzt anmelden