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Teach for Austria: Besonderes Engagement für gleiche Bildungschancen

Steiner Christoph, 14.07.2025 17:39

LINZ. Man müsse stressresistent sein und natürlich auch die entsprechende Motivation mitbringen – mit dieser klaren Umschreibung erklärt Christiane Steinlechner im Gespräch mit den Tips die Grundvoraussetzungen, um im Programm „Teach for Austria“ aufgenommen zu werden. Teach for Austria hat es sich zum Ziel gesetzt, allen Kindern gleiche Bildungschancen zu bieten und schickt dafür Akademiker als Quereinsteiger für zwei Jahre als Lehrer in das, was man landläufig Brennpunktschulen nennt.

  1 / 3   Symbolfoto – Teach for Austria setzt sich für gleiche Bildungschancen für alle ein. (Foto: CarlosBarquero/stock.adobe.com)

Christiane Steinlechner leitet das Programm in Oberösterreich und begrüßt aktuell 67 engagierte Hochschulabsolventen in Linz, die hier auf ihre neue Aufgabe als sogenannte Fellower vorbereitet werden. In der Landeshauptstadt verbringen sie nach einer bereits absolvierten Onlinephase die dreiwöchige Präsenzphase der Sommerakademie. Von Montag bis Freitag arbeiten die Fellows dabei an ihrer persönlichen und professionellen Entwicklung, absolvieren intensive Technik-Trainings und Workshops zu Methodik und Didaktik.

Rigoroses Auswahlverfahren

Dass sich 67 Fellows finden, die sich trotz eines Hochschulabschlusses in einem anderen Gebiet dazu entscheiden, sich nach einem Crashkurs über den Sommer vor eine Klasse in einem schwierigen Umfeld zu stellen, mag auf den ersten Blick viel anmuten. Ist es aber mitnichten.

800 Bewerber hat es für den heurigen Fellow-Jahrgang gegeben, es wurden also wirklich nur die Geeignetsten genommen. „Es braucht Leadership, Reflexionsfähigkeit und die entsprechende Vision hinter dem Vorhaben“, so Steinlechner.

Gut bezahlten Job aufgegeben

Einer derjenigen, die den Aufnahmeprozess gemeistert haben, ist Martin. Der 28-Jährige aus St. Martin im Mühlkreis hat Wirtschaft studiert und hatte eigentlich einen guten Job in einer namhaften Wirtschaftsprüfungskanzlei. Doch dann stellte sich für ihn die Sinnfrage in diesem Bereich und er schaute sich nach Alternativen um, erzählt er. So kam er auf Teach for Austria und entschied sich für diesen neuen Weg.

Mittlerweile weiß er auch, wo er ihn hinführen wird. Er wird ab September in einer Mittelschule in Kleinmünchen unterrichten. Neben dem Hauptfach Mathematik auch noch Sport, Deutsch als Förderunterricht und Musik. Der Enthusiasmus ist ihm anzumerken, die ersten Ausbildungsschritte hätten ihm schon viel Spaß gemacht, erzählt Martin von den bisherigen Erfahrungen.

Von der Lehrerin zur Trainerin

Für die Ausbildung zuständig ist unter anderem Fatlinda Ibraimi. Die Linzerin mit Migrationshintergrund war vier Jahre lang als Lehrerin tätig, ehe sie sich entschloss, dem Teach for Austria-Programm anzuschließen. Sie ist neben Trainerin auch als Begleiterin für die Fellows verantwortlich.

„Ich betreue neun Personen in Oberösterreich. Das bedeutet, dass ich an den Schulen vorbeischaue, ihren Unterricht hospitiere und nach jeder Stunde gibt es dann ein sogenanntes Analysegespräch, in dem wir den Unterricht reflektieren. Ich gebe ihnen Feedback, was haben sie gut gemacht, was hat gut funktioniert und wo gibt es noch ein Durchbruchspotenzial“, umschreibt sie ihre Tätigkeit.

Leadership Coaching

Neben diesen Terminen, die öfters im Jahr stattfinden, ist sie auch für Coachings zuständig. „Wir nennen das Leadership Coaching. Dabei geht es um ihre persönliche Entwicklung. Das heißt, welche Ziele haben sie sich gesteckt für ihre Arbeit an den Schulen, wo stehen sie gerade, was gibt es für Hürden, Hindernisse und wie kann ich sie dabei unterstützen, diese Hürden und Hindernisse zu überwinden“, beschreibt sie eine ihrer Aufgaben. Dazu fungiert sie vor allem auch als Kontaktperson für die Neu-Einsteiger, um in schwierigen Situationen weiterzuhelfen.

Eigener Migrationshintergrund

Ihr eigener Migrationshintergrund habe für sie insofern eine Rolle für die Entscheidung für Teach for Austria gespielt, als sie selbst Diskriminierung im Bildungswesen erfahren hat. „Mit diesem Thema habe ich mich auch sehr in meiner Masterarbeit beschäftigt. Da habe ich gemerkt, ich will etwas in diese Richtung machen“, so die studierte Sozialarbeiterin. „Als Lehrerin man schon viel machen, aber ich möchte noch mehr machen“, brennt sie für ihre Aufgabe.

„Bei Teach for Austria kann ich die zukünftigen Lehrkräfte dahingehend sensibilisieren, mit Kindern auf Augenhöhe zu kommunizieren, sie abzuholen, woher sie kommen, diese Lebenswelten zu berücksichtigen. Das will ich weitergeben“, so Ibraimi.

Von den USA nach Linz-Ebelsberg

Ihre zwei Jahre bereits hinter sich hat Gina, die sich nach zwei Bachelorstudien in den USA für Teach for Austria entschieden hat. Der Ansatz „Bildung für alle“ war für sie ausschlaggebend. „Bildung hat für mich seit jeher einen hohen Stellenwert. Ich weiß, wie wichtig sie sein kann, aber auch wie viel man ruinieren kann, wenn es hier Defizite gibt“, so die 29-Jährige. Sie unterrichtete im Rahmen des Fellowship-Programms zwei Jahre an einer Mittelschule in Linz-Ebelsberg, im vergangenen Jahr auch als Klassenvorstand. Von den bisherigen zwei Jahren in der Schule, in der der überwiegende Teil der Schüler Migrationshintergrund hat, hat sie auch für sich viel mitgenommen. „Man lernt auch andere kulturelle Welten, Religionen kennen.“

Beziehungsarbeit und Ersatz-Mama

Dass andere Kulturen auch Herausforderungen mit sich bringen, musste aber auch sie feststellen. Dies betrifft nicht nur sprachliche Verständigungsprobleme, sondern auch kulturelle Unterschiede im Zusammenhang mit der Rolle der Frau in der gesellschaftlichen Wertschätzung.Umso wichtiger sei es, eine Beziehung zu den Schülern aufzubauen. „Da sehe ich mich manchmal auch als zweite Mama, Schüler und Schülerinnen kommen mit Problemen zu mir, die sie vielleicht zu Hause nicht besprechen können.“

Respekt und soziale Kompetenzen

Als eine ihrer Hauptaufgaben in vergangenen zwei Jahren sah sie auch die Vermittlung von Respekt, Selbstständigkeit und sozialen Kompetenzen. „Das ist teilweise wichtiger, als im Englischen Verben richtig konjugieren zu können“, so Gina, die hier doch einiges an Aufholbedarf ortet.

Nach den absolvierten, vor allem auch in der Vorbereitung sehr intensiven zwei Jahren zieht sie positives Fazit. Die Tätigkeit an der Schule stellt für sie eine wesentliche Erfahrung dar, die sie nicht missen möchte. Sie würde jederzeit wieder an dem Fellowship-Programm teilnehmen und bleibt ihrer Klasse, die sie als Klassenvorstand führt, auch treu. Dies auch deshalb, weil es ihr ein Anliegen ist, dass alle in Österreich lebenden Kinder, gleich welcher Herkunft oder sozialen Schicht, die gleichen Chancen haben sollen. Dies gelte auch für Menschen mit besonderen Bedürfnissen.

Das Programm Teaching for Austria setzt sich für faire Bildungschancen unabhängig von Herkunft, sozialem oder finanziellem Hintergrund ein. In Oberösterreich sind derzeit 33 aktive Fellows und Teaching Alumni in 15 Mittelschulen in Linz, Linz Land, Wels, Steyr und Enns aktiv.

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