„Mit einer Impfung schützen wir auch unsere Mitmenschen“
LINZ/OÖ. Fragen rund ums Impfen beantwortete Kinder- und Jugendfachärztin Kornelia Schwendtner am Tips-Telefon. Dabei hat sich gezeigt, vor allem Eltern machen sich viele Gedanken über den Schutz ihrer Kinder.
„In meiner langjährigen Tätigkeit als Ärztin, 20 Jahre davon in der Kinderheilkunde, wurde ich mehrfach mit Krankheiten und Todesfällen konfrontiert, die durch Impfungen vermeidbar gewesen wären. Ich bin überzeugt, dass Schutzimpfungen zu den wichtigsten, wirksamen und sichersten präventiven Maßnahmen in der Medizin gehören“, erzählt Schwendtner, die seit 2009 eine Kassenpraxis für Kinder- und Jugendheilkunde in der Freistädter Straße in Linz führt und auch Mitglied im Impfreferat der Ärztekammer für OÖ ist.
Impfen ab dem Säuglingsalter
Es sei wichtig bereits sehr früh mit dem Impfen zu beginnen. „Im ersten Lebenshalbjahr haben die Kleinen noch einen sogenannten Nestschutz. Das heißt, alles was die Mama selbst geimpft wurde oder durchgemacht hat, gibt sie ihrem Baby in der Schwangerschaft mit“, erklärt die Fachärztin.
Zwischen der sechsten und zwölften Lebenswoche wird mit der Rotavirus-Impfung, einer Schluckimpfung gegen eine hochansteckende Durchfallserkrankung, begonnen.
Ab dem dritten Lebensmonat erfolgt die Sechsfachimpfung (Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten, Kinderlähmung, Hämophilus und Hepatitis B). „Je moderner ein Impfstoff ist, desto besser verträglicher ist eine Impfung“, beruhigt die Spezialistin.
Zum gleichen Zeitpunkt wird die Impfung gegen Pneumokokken geimpft, Bakterien, die zu Gehirnhaut-, Lungen- und Mittelohrentzündungen führen. Die Impfung ist schon lange bei Risikokindern im Einsatz, aber erst seit 2011 für alle Kinder gratis. „Ein hoher Anteil aller Mittelohrentzündungen bei Kindern werden von Pneumokokken verursacht. Für die Kleinsten ist vor allem auch die Gehirnhautentzündung mit ihren Spätfolgen sehr gefährlich“, warnt die Kinderfachärztin, „außerdem seit wir die Kinder impfen, nehmen auch bei den Großeltern die Lungenentzündungen ab.“
Erst 2014 in Österreich eingeführt wurde die Impfung gegen Meningokokken B. „Für manche Eltern stellt sich natürlich die Frage, warum soll ich mein Kind gegen eine Krankheit impfen lassen, die nur 30 bis 40 Mal im Jahr in Österreich auftritt“, erzählt die Ärztin. Meningokokken verursachen eine schwere Gehirnhautentzündung und Blutvergiftung, die innerhalb von wenigen Stunden zum Tod führen kann. „Wir haben Antibiotika, die ihre Zeit brauchen bis sie wirken, und das kann für die Betroffenen zu lange sein. Auch können die Spätfolgen sehr schlimm sein.“ Für die Fachärztin macht es Sinn den Stamm B als Säugling zu impfen, die Stämme ACWY dann mit einem Jahr. Die Jugendlichen werden dann in der Schule bereits gratis geimpft. „Die Hälfte aller Kinder, die Meningokokkeninfektionen haben, sind zwischen dem fünften und sieben Lebensmonat.Rund zehn Prozent der Patienten sterben, 20 Prozent tragen schwere Schäden davon. Die Impfung ist noch immer der beste Schutz“.
Ab dem zehnten Lebensmonat steht die Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln am Programm.
Empfehlungen für weitere Impfungen
Eine weitere Impfung, die die Kinderärztin empfiehlt, ist die gegen Windpocken. „ Diese Krankheit ist ja meistens keine schwere, aber hochansteckend, die Blaserl jucken und die Narben bleiben ein Leben lang.“
Auch die Grippeimpfung legt sie Eltern nahe: „Für Kinder gibt es diese heuer in Form eines Nasensprays gratis. Er tut nicht weh, hat eine sehr gute Wirkung und ist sehr gut verträglich.“
Eine Impfung, die bei vielen Eltern noch Fragen aufwirft, ist die HPV-Impfung, die gratis in der Schule zwischen neuntem und zwölften Lebensjahr geimpft wird. „Vielen ist die Impfung immer noch als Gebärmutterhalskrebsimpfung bekannt,. Auch verstehen sie nicht, warum die Buben auch geimpft werden. Ich sage dann gerne, dass Michael Douglas ja auch keine Gebärmutter hatte, sondern ein Kehlkopfkarzinom aufgrund einer HPV Infektion. Die Impfung schützt die Jungen aber auch vor Peniskarzinomen“, so Frau Dr. Schwendtner. Ein weiterer Stolperstein ist das Alter in dem geimpft wird. „Geimpft wird zu einem Zeitpunkt, wo sich noch keine Mutter vorstellen will, dass ihr Kind einmal sexuell aktiv wird. In diesem Alter haben wir aber ein sehr gutes Ansprechen auf die Impfung und wir erwischen die Kinder noch bevor sie die ersten sexuellen Kontakte haben.“
Aufklärung statt Impfplicht
Das Thema Impfen ist Kornelia Schwendtner generell sehr wichtig. Trotzdem ist auch sie gegenüber neuen Impfstoffen zunächst kritisch. „Ich habe im ersten Jahr keine Meningokokken B geimpft. Erst als die Daten eine Stammabdeckung über 80 Prozent und eine hohe Sicherheit zeigten, habe ich begonnen meine kleinen Patienten zu impfen.“
Das wichtigste ist und bleibt ihr aber die Aufklärung. „Ich kann sicher sagen, dass geimpfte Kinder manche Krankheiten gegen die wir nicht impfen nicht häufiger haben als nicht geimpfte. Wenn ich eine Gruppe von 1.000 Leuten hernehme, dann haben wir in der geimpften Gruppe den gleichen Prozentsatz von etwa Neurodermitis wie in der umgeimpften Gruppe.“
Impfskeptikern sagt sie folgendes: „Mit einer Impfung schützen wir nicht nur den Einzelnen, sondern auch unsere Mitmenschen. Ich sehe aber selbst, was im Internet geschrieben wird und verstehe, dass viele Eltern und Patienten verunsichert sind und nicht wissen, was sie glauben können.“ Von einer Impfpflicht hält sie aber nichts, jemandem etwas aufzuzwingen wird nicht funktionieren, man müsse überzeugen.
Der künftigen Impfung gegen Covid-19 steht sie aufgeschlossen gegenüber. „Ich werde mich sicher impfen lassen.“
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