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Lese-Rechtschreibstörung bei Kindern: „Legasthenie hat nichts mit Intelligenz zu tun“

Nora Heindl, 04.10.2023 11:55

LINZ. Bis zu 15 Prozent unserer Bevölkerung sind von einer Lese-Rechtschreibstörung betroffen. Wobei Buben zwei- bis dreimal häufiger an Legasthenie leiden als Mädchen. Sandra Klepp-Reinthaller ist Diagnostikerin im Kinderhilfswerk Linz und erklärt, wann Eltern und Lehrer genauer hinhören sollten.

 (Foto: Julia/stock.adobe.com)
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Schon vor der Schule kann es Anzeichen geben. „In der Sprachentwicklung merkt man etwa, dass die Kinder keine Reime erkennen oder generell eine undeutliche Aussprache haben. Das muss aber nicht gleich was heißen“, betont die Klinische- und Gesundheitspsychologin. Entscheidend wird es in der Schule.

Hellhörig werden sollten Lehrer und Eltern, wenn das Zusammenlauten nicht funktioniert. „Also wenn das Kind Buchstabe für Buchstabe liest und das für sehr lange Zeit. Oder dass der gelesene Buchstabe gar nicht zu dem Laut passt. Später sind die Wörter dann zwar meist lauttreu, aber werden komplett falsch geschrieben. Dass Kinder Fehler machen, ist in der Volksschule normal, es kommt halt auf die Häufung an.“

Quatschwörter liefern Hinweis

Einen wichtigen Hinweis liefern die Pseudowörter, „also unsinnige Wörter, die es gar nicht gibt. Diese können Kinder normalerweise am Ende der ersten Klasse lesen. Legastheniker schaffen das aber nur schwer“, so die 49-jährige Linzerin und erklärt: „Wir überprüfen zwei Arten von Wörter. Bei den gängigen wie Haus oder Blume greifen wir auf unseren Wortbildspeicher zurück. Indem wir das Wort sehen, wissen wir welches es ist. Und dann gibt es Fantasiewörter, von den Kindern gern Quatschwörter genannt, für die man eben nicht auf diesen Speicher zurückgreifen kann. Bei diesen geht's um die Technik des Zusammenlautens, und die Schnelligkeit. Denn manche Kinder können das Wort zwar lesen, aber halt sehr langsam. Was bei einem Satz die Gefahr birgt, dass sie am Ende nicht mehr wissen, um was es anfangs ging. Fehlt aber das Leseverständnis, wirkt sich das wiederum auf andere Fächer aus.“

Selbstwert hochhalten

Besteht ein Verdacht, können sich Eltern an das Kinderhilfswerk Linz oder andere Stellen wenden. „Meistens melden sich Eltern, weil der Lehrer was gesagt hat.“ Eine wirkliche Diagnose stellt sie Ende der zweiten Schulklasse, „alles davor ist ein Verdacht“.

Besonders wichtig ist Sandra Klepp-Reinthaller, dass die Kinder positiv aus der Diagnostik herausgehen. „Ich finde immer etwas, wo ich sagen kann, da warst du wirklich super. Auch sage ich jedem Kind, dass Legasthenie nichts mit Intelligenz zu tun hat. Das ist ganz wichtig, denn viele kommen mit, ,die anderen sagen, dass ich dumm bin‘. Eigentlich sollte heutzutage jeder wissen, dass Legasthenie nichts mit Intelligenz zu tun hat.“

Ist der Selbstwert eines Kindes gemindert, kann sich das bis zur Schulangst auswachsen.

Üben, üben, üben

Nach der Diagnose ist eine Legastenietherapie die optimale Lösung. „Auch wenn eine Therapeutin nicht gleich einen Platz hat, sollte man sich unbedingt einen Beratungstermin machen. Denn es gibt viele Materialien, die man sich Zuhause schon vornehmen kann.“ Wichtig ist nur zu wissen, wo genau das Problem liegt, um das Training maßgeschneidert zusammenstellen zu können. Und dann heißt es üben, üben, üben.

Im Hinblick auf die Schule gilt es, wenn möglich, Überforderung zu vermeiden. „Etwa, dass nicht genau dieses Kind ständig vor der Klasse vorlesen muss. Zum Glück gibt es immer mehr Lehrer, die sich auskennen.“

Heilbar ist Legasthenie nicht. „Auch wenn die Therapie super greift, wird das Kind immer mehr Aufwand betreiben müssen als andere. Aber man kann Legasthenie gut in den Griff bekommen. Das Wichtigste ist das sinnerfassende Lesen, denn das braucht man sein ganzes Leben lang. In Sachen Rechtschreibung kann man sich heutzutage gut mit den Computerprogrammen behelfen“, so die Linzerin.

www.kinderhilfswerk.at

Kontakt: Verein Kinderhilfswerk
Beratungs- und Therapiezentrum Linz
linz@kinderhilfswerk.at, 0732 791617

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