Mobilitätserhebung 2022: Unterschiedliche Auslegung der Ergebnisse in Linz
LINZ. Die ersten Ergebnisse der Mobilitätserhebung 2022 des Landes Oberösterreich liefern wichtige Daten zum Mobilitätsverhalten, auch für Linz-Stadt. Interpretiert werden sie jedoch auf unterschiedliche Weise: die einen meinen, eine Trendwende zeichne sich ab, andere sehen dagegen dringenden Handlungsbedarf.
Die Erhebungen ergaben für Linz:
- eine Zunahme der Anteile der Wege zu Fuß von 21,8 Prozent auf 25,7 Prozent
- eine Zunahme der Anteile der Wege mit dem Rad von 7,2 Prozent auf 10,7 Prozent
- eine Abnahme der Anteile der Wege mit dem MIV von 49,1 Prozent auf 42,1 Prozent
- eine Abnahme der Wege mit dem ÖV von 21 Prozent auf 20,5 Prozent
Als Vergleich dienen die Zahlen der letzten Mobilitätserhebung aus dem Jahr 2012. MIV bedeutet motorisierter Individualverkehr und umfasst alle Kraftfahrzeuge zur individuellen Nutzung (Auto, Motorrad, Moped etc.).
Linzer Vizebürgermeister: „Zahlen zeigen in die richtige Richtung“
Diese Daten werden jedoch sehr unterschiedlich interpretiert. Der Linzer Mobilitätsreferent Vizebürgermeister Martin Hajart (VP) meint, die Zahlen würden in die richtige Richtung zeigen. Die Erhebung zeige eine allgemeine Trendwende im Hinblick auf Steigerungen bei der sanften Mobilität auf. „Jedes Auto weniger im Stau ist ein Beitrag zur Lösung unserer Verkehrsprobleme“, so Hajart. Der autolastige Pendlerverkehr müsse mit einem Park and Ride-Ring um Linz abgefangen werden. Luft nach oben bestehe beim Ausbau des Öffentlichen Verkehrs.
Grüne sehen noch keine Mobilitätswende
Die Grünen sehen in den Daten einen „klaren Auftrag für eine zeitgemäße Mobilitätspolitik“. „Nach wie vor werden mehr als vier von zehn Wegen in der Stadt mit dem Auto absolviert. Das ist ein Anfang aber noch längst nicht die dringend benötigte Mobilitätswende“, so Helge Langer, Klubobmann der Grünen Linz.
SPÖ sieht dringenden Handlungsbedarf beim Öffi-Ausbau
Der SPÖ-Linz-Verkehrssprecher Florian Koppler meint, die Zahlen würden „keine Trendwende, sondern vielmehr einen dringenden Handlungsauftrag beim Ausbau des öffentlichen Verkehrs“ zeigen. Koppler fordert rasche Lösungen für den Einpendelverkehr, „insbesondere die Umsetzung der neuen Buslinien 13/14, 47/48 sowie der Stadtbahn sind notwendig, um den steigenden Anforderungen gerecht zu werden. Der Finanzvereinbarung mit dem Land hat Vorrang, um eine rasche Umsetzung echter Lösungen für die Bevölkerung zu ermöglichen.“
Für Oberösterreich ergab die Mobilitätserhebung folgende Modal-Split-Anteile:
- Zunahme der Anteile der Wege „zu Fuß“ von 15,1 Prozent auf 16,3 Prozent
- Zunahme der Anteile der Wege mit dem Rad von 5,2 Prozent auf 6,7 Prozent
- Abnahme der Anteile der Wege mit dem MIV von 67,6 Prozent auf 65,5 Prozent
- Wege mit öffentlichen Verkehrsmitteln (ÖV) blieben annähernd gleich (von 10,2 Prozent auf 10,1 Prozent
Land OÖ: „Trendwende erreicht“
„Mit dem seit 2016 eingeschlagenen Kurs wurde eine nachhaltige Verlagerung und erstmals seit Beginn der Aufzeichnungen auch eine Trendwende erreicht. Diesen Trend wollen wir in Zukunft weiter verstärken. Das wichtigste Infrastrukturprojekt für die Zukunft ist das Projekt Regional-Stadtbahn-Linz, dass wir mit Entschlossenheit vorantreiben werden. Dabei braucht es eine gemeinsame Kraftanstrengung von allen Projektpartnern, um die Stadtbahn rasch auf Schiene zu bringen“, so Landeshauptmann Thomas Stelzer (VP) und Infrastruktur-Landesrat Günther Steinkellner (FP).
Die Linzer (siehe Zahlen oben) haben einen wesentlichen Anteil an der „Trendwende“. Vor allem beim Rückgang des MIVs und bei der Zunahme der Wege zu Fuße spielen die Zahlen aus Linz eine entscheidende Rolle.
NEOS OÖ: Potential bei Mikro-ÖV und Sharing-Konzepten
Die Mobilitätssprecherin der NEOS Oberösterreich, Julia Bammer, meint, in der Erhebung hätten auch die Beweggründe für die Wahl des Verkehrsmittels abgefragt werden sollen. „Neben den klassischen Forderungen nach mehr Radwegen und dem Ausbau von Bus und Bahn, sehen wir aber auch in Sachen Mikro-ÖV, betrieblicher Fahrgemeinschaften oder Sharing-Konzepten Bedarf und Potential, das es zu heben gilt. Solange weiterhin für viele Pendler das Auto eine Notwendigkeit darstellt, sind wir als Land noch nicht dort, wo wir sein müssten.“, so Bammer.
Radlobby OÖ: „Radverkehr auf Niveau von vor 25 Jahren“
Die Radlobby Oberösterreich zeigt sich gewohnt kritisch: „Wir waren beim Radverkehrsanteil im Jahr 2012 auch im Bundesländervergleich auf einem absoluten Tiefpunkt von nur 5,2 Prozent angelangt, tiefer konnte es angesichts des enormen Freizeitradlboom kaum noch runter gehen. Mit jetzt 6,7 Prozent Radverkehrsanteil befinden wir uns auf dem Niveau, welches wir vor 25 Jahren schon hatten.“ sagt Gerhard Fischer, Vorsitzender der Radlobby OÖ.
Im Jahr 2001 ergab die Mobilitätserhebung für Oberösterreich einen Radverkehrsanteil von 6,5 Prozent.
Thema Pendlerverkehr
Die Zahl der Wege nach Linz ist um 2,9 Prozent auf 201.553 gestiegen. Der Kfz-Anteil ist dabei von rund 72 Prozent auf rund 69 Prozent gesunken. Gestiegen ist der ÖV-Anteil um 2,7 Prozent, auf manchen Pendlerstrecken wie von Rohrbach um 20 Prozent, von Haselgraben um über 30 Prozent und auf der Donauuferbahn um über 44 Prozent.
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