Umfrage bei den Kandidaten für das Amt: Hat der Linzer Bürgermeister zu viel Macht?
LINZ. Der Skandal, der zum Rücktritt des Linzer Bürgermeisters Klaus Luger geführt hat, wirft viele Fragen auf. Eine davon: Bringt das Amt des Bürgermeisters zu viel Macht mit sich? Tips hat die Linzer Kandidaten für den Posten um eine Antwort gebeten.
Als Linzer Bürgermeister war Klaus Luger alleiniger Eigentümervertreter für alle von der Stadt Linz ausgelagerten GmbHs mit Ausnahme der Linz AG. Luger konnte damit auch über die Dienstverträge der Brucknerhaus-Direktion entscheiden – also auch über jenen von Dietmar Kerschbaum. Luger war auch Vorsitzender in mehreren Aufsichtsräten, so auch in der Linzer Veranstaltungsgesellschaft (LIVA). Im Zuge des Brucknerhaus-Skandals gaben LIVA-Aufsichtsratsmitglieder an, dass Luger ihnen die Einsicht in Kerschbaums Dienstvertrag verwehrt habe. Luger selbst dementierte und sprach von einer „Unwahrheit“.
Nun haben manche Stadtpolitiker die umfassenden Kompetenzen des Linzer Stadtoberhaupts bereits in Frage gestellt – Tips wollte von allen sieben Bürgermeisterkandidaten wissen, ob der Posten zu viel Macht mit sich bringt und wie man eine „Causa Luger“ künftig verhindern könnte.
Vizebürgermeister Martin Hajart (ÖVP): „Es braucht mehr Kontrollrechte“
„Ich denke, in erster Linie geht es einmal um einen Anspruch, wie man ein Amt anlegt. Es braucht Ehrlichkeit und Redlichkeit. Machtmissbrauch kann grundsätzlich immer der Fall sein. Und zweitens, ja, man muss gewisse Aspekte der Macht auch hinterfragen. Etwa in Bezug auf die Eigentümerbefugnisse, die ein Bürgermeister hat. Und es braucht natürlich auch mehr Kontrollrechte, insbesondere in den ausgelagerten Gesellschaften sowie stärkere Berichtspflichten. Wenn nur eine Person informiert ist und nur eine Person entscheiden kann, ist das anfällig für Machtmissbrauch.“
Die Linzer VP kündigte zudem einen Gemeinderatsantrag auf „Abhaltung einer Aktuellen Stunde zum Thema ‚Machtmissbrauch in der Stadt Linz‘“ an.
Stadtrat Dietmar Prammer (SPÖ): „Geringe Alleinentscheidungsmacht im Vergleich zu Landesregierungsmitgliedern“
„Mit dem Amt des Bürgermeisters bzw. der Bürgermeisterin sind in allen Gemeinden Oberösterreich zahlreiche Funktionen und Aufgaben verbunden, die weitgehend vom Gesetzgeber so festgelegt wurden. Der Umstand, dass das Stadtoberhaupt als einzig direkt gewählter Repräsentant die Interessen der Gemeindebevölkerung in vielen Gremien und Unternehmen sowie gegenüber anderen Gebietskörperschaften vertritt, mag nach viel Macht aussehen. Tatsächlich sind die Zuständigkeiten des Gemeinderats und des Stadtsenats viel größer, ist trotz der hohen Verantwortung die Alleinentscheidungsmacht der Bürgermeister etwa auch im Vergleich zu einem Landesregierungsmitglied gering ausgeprägt. Ob und wie man in Zukunft menschliches Fehlverhalten gänzlich ausschließen kann, wird mit Experten diskutiert werden.“
Stadtrat Michael Raml (FPÖ): „Macht aufteilen und klar verteilen“
„Ich glaube Linz hat jetzt wirklich eine ganz große und seltene Chance für einen Neuanfang. Und es (die LIVA-Affäre, Anm.) zeigt aber auch auf, dass wir jede alte Struktur in der Verwaltung und auch in der Unternehmensgruppe kritisch hinterfragen müssen. Es hat sich herauskristallisiert, dass in der Stadt Linz die Macht des Bürgermeisters eine sehr, sehr große ist. Das oberste Organ ist aber der Gemeinderat aus 61 verschiedenen Volksvertretern. Damit sich so etwas nicht wiederholen kann, ist es mein Ziel, dass der Gemeinderat wieder mehr Kontrollmöglichkeiten, aber auch mehr Lenkungsmöglichkeiten bekommt, auch was die Unternehmensgruppe der Stadt Linz betrifft. Wenn man die Macht aufteilt oder klar verteilt, dann ist dies das beste Präventionsmittel für so etwas.“
Stadträtin Eva Schobesberger (Grüne): „Strukturen durchleuchten“
Stadträtin Eva Schobesberger hat einen Antrag im Gemeinderat angekündigt, mit dem Ziel, städtische Holdingstrukturen zu durchleuchten: „Dieses Konstrukt gibt einer Person sehr viel Macht – nämlich dem Eigentümervertreter, also dem Stadtoberhaupt“, so Schobesberger. Dieser Umstand habe etwa die Causa Luger erst ermöglicht. Man müsse sich die Holdingstruktur anschauen, und „bei jedem Unternehmen einzeln überprüfen, ob eine Gesellschaft dafür Sinn macht“.
Gemeinderat Georg Redlhammer (NEOS): „Dem Gemeinderat wurden die Zähne der Kontrolle gezogen“
„Der Fall Luger hat gezeigt, dass ein Bürgermeister seine Macht missbrauchen kann. Dem Gemeinderat wurden durch die Holdingstruktur die Zähne der Kontrolle gezogen. Es muss zudem auch der Bürgermeister kontrolliert werden dürfen. Wir stehen am Beginn der Aufklärung und der Arbeit an Reformen. Aus dem Chaos wird etwas Neues, Besseres entstehen.“
Gemeinderat Lorenz Potocnik (LinzPlus): „Gemeinderat braucht mehr Kontrollmöglichkeiten“
„Ich denke, es ist umgekehrt. Dem Gemeinderat – immerhin das offiziell höchste Gremium – wurde unter dem Vorwand des steuerschonenden Vorgehens viel Macht und Entscheidungskraft entzogen. Über die Holding und die ausgegliederten Gesellschaften werden die Milliarden umgesetzt. Dort passiert es. Nur die Stadtsenatsparteien entsenden ihre Aufsichtsräte. Was man von diesen halten kann, zeigt sich regelmäßig. Die Opposition hat hier nicht einmal ein Anfragerecht. Da ist anzusetzen. Die Holding ist wie ein Paralleluniversum. Hier bedarf es mehr Kontrollmöglichkeiten des Gemeinderats.
Dann braucht es einen vollwertigen Stadtrechnungshof. Das Kontrollamt ist zu nah dran an allem, ist mehr Beratung und Hilfe zur Organisationsentwicklung. Die Berichte gehören alle öffentlich gemacht, so wie beim Landesrechnungshof auch. Und dann braucht es auch Integrität.“
Gemeinderätin Gerlinde Grünn (KPÖ): „Die Machtkonzentration braucht Kontrolle“
Gemeinderätin Gerlinde Grünn (KPÖ): „Die KPÖ tritt schon lange für eine Aufwertung des Gemeinderats ein. Die Machtkonzentration bei Entscheidungsträgern braucht Kontrolle um Eigenmächtigkeiten und Geheimniskrämereien vorzubeugen. Das trifft auf das Bürgermeisteramt, aber auch auf Aufsichtsratsvorsitzende besonders zu. Die Kontrollrechte des Gemeinderats müssen auf die Gesellschaften der Stadt ausgeweitet werden und die Kontrollamtsberichte öffentlich einsehbar sein.“
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