Neue Erkenntnisse in der Liva-Affäre: Mündlicher "Sideletter" zwischen Kerschbaum und Luger
LINZ. In der Liva-Affäre rund um den ehemaligen Brucknerhaus-Intendanten Dietmar Kerschbaum und Ex-Bürgermeister Klaus Luger wurden in der Sitzung des Liva-Aufsichtsrates am 13. Dezember neue Erkenntnisse präsentiert. Etwa ging es um die Vergabe der Brucknerhaus-Orgel und von Tischlerarbeiten für das Service-Center sowie die erste Informationsaufnahme von Kerschbaum. Die Ausschreibung für die beiden Geschäftsführungspositionen soll noch vor Weihnachten starten.
Folgende Erkenntnisse wurden zu den einzelnen Themen in der Aufsichtsratssitzung präsentiert:
Beschaffung der Orgel nicht geklärt
Im Jahr 2018 wurde der Neubau der Brucknerhaus Orgel neu in Auftrag gegeben - die Vergabe war umstritten. Dazu sprach der Aufsichtsratsvorsitzende Meinhard Lukas nun mit Experten und sichtete alle verfügbaren Unterlagen. „Die Orgel ist nach Einschätzung aller befragten Experten von höchster künstlerischer und handwerklicher Qualität und den Orgeln in anderen internationalen Konzerthäusern mindestens ebenbürtig“, betont Lukas in der heutigen Sitzung des Aufsichtsrates.
Auch wenn man stolz auf die Brucknerhaus-Orgel sein könne, sei der Beschaffungsvorgang differenziert zu betrachten. In der Ausschreibung sei eine recht kurze Lieferfrist angegeben worden (Ausschreibung 27. Dezember 2017, Liefertermin Anfang September 2018), weshalb sich wohl nur zwei Bieter am Vergabeverfahren beteiligten. „Unterlagen und Aussagen von Mitarbeitern im Haus legen eine deutliche Präferenz für den späteren Gewinner der Ausschreibung schon vor deren Veröffentlichung nahe. Auffällig ist auch, dass die denkmalrechtliche Bewilligung für den Ausbau der alten Orgel erst eingeholt wurde, als der Zuschlag für den Neubau schon erteilt und verbindlich war“, so Lukas, der die Beschaffung nicht als geklärt ansieht.
Auftragsvergabe an Tischlerei
Auch um die Vergabe von Tischlerarbeiten an das Unternehmen „Maylan“ und deren Beteiligung von Stadträtin und Liva-Aufsichtsrätin Doris Lang-Mayerhofer rankten sich Gerüchte. Bei der Neuerrichtung des Servicecenters im Brucknerhaus, sei vom damaligen Planungsbüro empfohlen worden, das Unternehmen beizuziehen. Die Abwicklung sei unter hohem Zeitdruck erfolgt: Der Auftrag wurde durch eine Direktvergabe am 29. März 2019 erteilt und musste vor dem 26. April 2019 fertiggestellt werden, weil an diesem Tag die Eröffnung fixiert war. Das Entgelt von 56.130 Euro sei marktüblich, wie nun geprüft wurde.
Aufgrund der Beteiligung von Stadträtin Lang-Mayerhofer hätte die Auftragsvergabe im Aufsichtsrat genehmigt werden müssen. Da eine solche Genehmigung auch für die Gültigkeit des Geschäfts von Bedeutung sein könnte, wurde die Genehmigung für die nächste Aufsichtsratssitzung in Aussicht genommen.
Keine weiteren Erkenntnisse zu USA-Reise
Um das Brucknerfest 2024 zu bewerben, wurde 2024 eine USA-Reise organisiert. Auch diese wurde nun geprüft - dabei gab es keine weitergehenden Erkenntnisse, als bereits im Sonderprüfbericht des Kontrollamts festgestellt wurde. Die Gesamtkosten beliefen sich auf 42.630 Euro.
„Ausführliches Gespräch mit Kerschbaum“
Im Rahmen der Aufklärungsarbeit wurde gemeinsam mit den Liva-Anwälten und Meinhard Lukas am 18. November 2024 ein Gespräch mit Kerschbaum und dessen Rechtsanwalt geführt. Kerschbaum legte dabei die Kopie eines bisher noch unbekannten Chatverlaufs zwischen ihm und Klaus Luger vor. Die Erkenntnis daraus sei, dass es neben dem Anstellungsvertrag von Kerschbaum von 2017 auch einen „Sideletter“ gegeben haben soll - also eine Vereinbarung, neben dem Hauptvertrag. Was dieser genau beinhaltet, darüber sagt der Chatverlauf jedoch nichts aus.
Kerschbaum bestreitet, dass es einen schriftlichen „Sideletter“ gegeben hätte - es habe sich um eine mündliche Nebenabsprache gehandelt. Ob der von Kerschbaum behauptete Inhalt stimme, konnte seitens der Liva vorerst nicht nachgeprüft werden. Aus rechtlichen Gründen können die Aussagen Kerschbaums nicht veröffentlicht werden.
Wenige Tage nach dem gemeinsamen Gespräch habe Kerschbaum dann seine arbeitsrechtliche Klage gegen die Liva eingebracht.
Ausschreibung für Geschäftsführer noch vor Weihnachten
Weitere Themen in der Aufsichtsratssitzung waren die Klage Kerschbaums, die laufende Programmplanung des Brucknerhauses sowie der Wirtschaftsplan für 2025. Außerdem wurden Empfehlungen des Aufsichtsrates für die beiden Geschäftsführungspositionen der Liva an die zuständigen Organe, also ihre Eigentümervertreter, ausgesprochen.
Die Ausschreibung soll noch vor Weihnachten erfolgen. Über die Details wollen der geschäftsführende Vizebürgermeister Dietmar Prammer (SP) und der Aufsichtsratsvorsitzende Meinhard Lukas die Öffentlichkeit nächste Woche informieren.
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