MOLLN. “Kamera läuft!“ 100 Jahre nach den dramatischen Ereignissen wird das Wildererdrama von Molln erstmals filmisch aufgearbeitet. Gedreht wurden die Spielszenen an vier Tagen – wie soll es auch anders sein – in Molln und unter Mollner Beteiligung.
Die Nachstellung eines Original-Interviews mit dem Anführer der Wildererbande, August Popp, bildet die Rahmenhandlung des Films. Von dieser wird auf die Geschehnisse von 1919 geblickt.
Wildererbanden entstanden
Unter der allgegenwärtigen Not, des Hungers und des Untergangs des Kaiserhauses bildeten sich damals in Molln regelrechte Wildererbanden. Zurück von der Front des ersten Weltkrieges mussten die Männer feststellen, dass in der Heimat Not und Hunger noch größer sind. Angestachelt von der Weigerung des lokalen Grafen Lamberg, wie vorgeschrieben zur Versorgung der Bevölkerung 80 Prozent des Wildbestandes abschießen zu lassen, greifen sie zur Selbsthilfe. Immer öfter knallten in den Jahren 1918 und 1919 in den Mollner Wäldern die Büchsen der Wilderer, immer selbstbewusster wurden die jungen Bauernburschen, Holzknechte und Schmiedegesellen in ihrem Treiben als Wilderer.
Sozialrevolte im Steyrtal
Die ersten Toten sind die unweigerliche Folge. Am 17. Oktober 1918 stirbt der gräfliche Förster Johann Daxner durch einen Schuss aus nächster Nähe. Er hinterlässt zehn Kinder. Mitte Jänner 1919 wird der Wilderer Vinzenz Bloderer von hinten vom Forstadjunkten Friedrich Lugner erschossen. Aus einem lokalen Phänomen wird eine Sozialrevolte: die kleinen Leute gegen „die da oben“, neue gegen alte Ordnung. Die Lage schaukelt sich immer weiter auf – bis die Obrigkeit mit aller Härte zurückschlägt.
Trauriger Höhepunkt im Gasthaus Dolleschal
Am Abend des 14. März 1919 kommt es zur finalen Auseinandersetzung. Im Gasthaus Dolleschal geraten Wilderer und Gendarmen aneinander. Vier junge Männer sterben durch die Pistolenschüsse und Bajonettstiche der Gendarmen. Zur Beerdigung von Georg Unterbrunner, Johann Eder, Karl Zemsauer und Heinrich Huber – allesamt Kriegsheimkehrer – kommen rund 3000 Menschen. In den Tagen danach wurde in Betrieben in Molln die Arbeit niedergelegt, der Gemeinderat von Molln trat zurück, Arbeiter und Bauern legten sich gegen die Herrschaft quer. Die Wilderei geht auch danach weiter. Im Jahr 1932 wird Forstadjunkt Friedrich Lugner in Großraming von einem Wilderer erschossen. Er gilt als das letzte Todesopfer im Wildererdrama von Molln.
Hoisn Haus als Schauplatz
Der Film wurde ausschließlich im Steyrtal und der Pyhrn-Priel Region gedreht. Die Dreharbeiten für die Spielszenen fanden im Gasthaus Forsthub, im Museum im Dorf, im Hoisn Haus und in der Breitenau statt. Der Original Schauplatz, das Gasthaus Dolleschal, ist seit damals umgebaut worden und deshalb nicht mehr passend.
Rund 35 Darsteller aus Molln
Neben den drei Hauptdarstellern Martin Zauner (alter August Popp), Dominic Marcus Singer (junger August Popp) und Alexander Knaipp (Interviewer) kommen in den Spielszenen rund 35 Darsteller aus Molln zum Einsatz, die meisten Mitglieder des Theatervereines frei-wild.molln. Die Darsteller sämtlicher Wilderer sind – Ironie der Geschichte – selbst allesamt Jäger, darunter auch zwei Enkel des Wildererchefs August Popp. Auf Authentizität legt Regisseur Fritz Kalteis wert. „Die Wilderer werden von Jägern gespielt, damit sie das Gewehr auch richtig halten“, erklärt Produktionsleiterin Rosmarie Lackner.
Starke Frauen
Daneben verkörpern drei Frauen aus Molln auch drei starke Frauenfiguren, die die Geschichte prägen: Barbara Schmidberger als Berneckerin, Iris Egelseer als Wirtin Annalia Dolleschal und Miriam Russmann als Wirtstochter Katharina. „Aus ihrer Perspektive erleben wir das Drama, das sich im Gasthaus abgespielt hat“, erzählt die erst 14 Jahre alte und hochbegabte Jungschauspielerin. Zur Vorbereitung des Drehs wurden die Darsteller aus Molln von der Schauspielerin Martina Poel gecoacht, die derzeit wieder in „Vier Frauen und ein Todesfall“ im TV zu sehen ist.
„Halb Molln hat zusammengeholfen, um uns bei den Drehs zu unterstützen“, sagt Rosmarie Lackner begeistert, „von der Jägerschaft über die Feuerwehr bis hin zur Nationalparkverwaltung“.
Historische Waffen und Kostüme
Auch in Sachen Ausstattung kann das Filmteam auf lokales Know-How zurückgreifen: Viele der historischen Wildererwaffen und Kostüme, die bei den Dreharbeiten verwendet werden, stammen aus dem Fundus des Theatervereines frei-wild und dem Museum im Dorf, das dem Wildererdrama eine Sonderausstellung widmet. Zu sehen ist diese noch bis 2021. „Dass wir jetzt auch eine Filmdokumentation bekommen ist die Krönung für uns“, freut sich Obmann Fritz Kammerhuber.
Nutzungsrechte erhalten
Die Filmproduktion von ServusTV mit Beteiligung vom Museum im Dorf, dem Nationalpark Kalkalpen, der Gemeinde und dem Tourismus wird von der Filmförderung des Landes Oberösterreich unterstützt. Die Beteiligten erhalten Film-Nutzungsrechte für Präsentationen.
Nationalpark Kalkalpen und die Wilderer
„Bereits ein Wildererlied aus 1740 aus Molln deutet darauf hin, dass das Wild von den Adeligen überhegt wurde. Die Wilderer waren aus der Sicht des Nationalparks und für das Weltnaturerbe Buchenwald ein Segen, da sie das Wild dezimiert haben“, erklärt Franz Sieghartsleitner vom Nationalpark Kalkalpen und betont: „Was wir natürlich nicht wollen ist, dass die Wilderei verherrlicht wird. Die Wilderer von damals sind nicht mit denen von heute vergleichbar. Leute, die auf Luchse schießen sind keine Wilderer, das sind Kriminelle.“ Sieghartsleitner weiß auch um die Bedeutung des Filmes: „Er ist so bedeutend, weil wir diese Situation heute weltweit vorfinden, wenn beispielsweise Nomaden vertrieben werden. Die Bedeutung ist wichtig und dass man daraus etwas lernt, denn wenn reich und arm weit auseinander klafft, kann das wieder passieren.“
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