Skispringer Markus Schiffner im Interview: „Eigentlich war bei uns eher meine Mama die Skisprung-Interessierte“
OBERKAPPEL. Mit seinem elften Platz in Bischofshofen hat sich Markus Schiffner erstmals den Top Ten im Skisprungweltcup genähert. Was er sich für die nächste Saison vorgenommen hat und wie er überhaupt zum Springen gekommen ist, hat er im Tips-Interview erzählt.
Tips: Oberkappel gilt nicht als Skisprung-Hochburg. Wie bist du trotzdem zum Springen gekommen?
Schiffner: Es war nicht so, dass ich gesagt hätte „Ich möchte Skispringer werden“. Witzigerweise war eher meine Mama die Skiprung-Interessierte, die das Ganze auch im Fernsehen verfolgt hat – wobei ich dann meistens umgeschaltet habe. Auf jeden Fall sind wir immer auf den Hochficht Skifahren gefahren und dabei in Breitenberg bei der Schanze in Rastbüchl vorbeigekommen. Dort haben wir einmal kurz zugeschaut und dann bin auch ich auf den Geschmack gekommen, weil es einfach nicht alltäglich ist. Zwei Wochen später sind wir mit der ganzen Familie zum Tag der offenen Tür. Ich war aber der Einzige, der es wirklich ausprobiert hat. Ich bin auch gleich richtig gesprungen und hab mit dem Training begonnen.
Ganzes Leben verändert
Ab wann war absehbar, dass du Skispringen zum Beruf machst?
Sehr bald, mit ungefähr 14. Nachdem ich vom Verein in Rastbüchl nach Hinzenbach gewechselt bin, hat der dortige Obmann gleich gesagt, dass ich ins Skigymnasium nach Stams oder Eisenerz gehen muss, weil das sonst nix wird. Und Stams hat da einfach einen außerordentlich guten Ruf. Mittlerweile ist es so, dass eigentlich jeder ÖSV Springer – egal in welchem Kader – dort zur Schule gegangen ist. Stams war natürlich ganz was anderes als die Hauptschule davor. Es gibt einen geregelten Tagesablauf – Vormittag Schule, Nachmittag Training – und der ganze Tag ist durchgeplant. Beim Wechsel nach Stams hat sich eigentlich mein ganzes Leben geändert.
„Irgendwann muss man schauen, ob es realistisch ist, dass es wirklich was wird oder ob es Zeitverschwendung ist“
Ich nehme an, dass auch in Stams nicht alle abschließen, die anfangen?
In Stams werden pro Sportart etwa sechs Leute aufgenommen. Wir haben mit 26 Schülern angefangen, abgeschlossen haben zehn. Davon haben aber drei oder vier schon gewusst, dass sie ihre Sportkarriere nach Stams nicht weiter verfolgen werden. Es werden zwar gleich am Anfang viele aussortiert, der Großteil hört aber eher gegen Ende der Schulzeit auf. Irgendwann muss man einfach schauen, ob es realistisch ist, dass es wirklich was wird oder ob es Zeitverschwendung ist. Das Ganze ist auch eine Geldfrage: das Internat kostet 600 Euro im Monat.
Erstes Jahr in Stams war nicht ohne
Hattest du jemals Phasen, in denen du das ganze Skispringen hinschmeißen wolltest?
Ich habe mich zwar im ersten Jahr in Stams durch den Schulwechsel relativ schwer getan – das war wirklich nicht ohne –aber das hat sich dann relativ schnell gebessert. Als die schulischen Leistungen wieder besser geworden sind, hab ich mich auch beim Springen wieder viel leichter getan. Ich war in meinem Jahrgang sicher nicht der beste Skispringer, hatte also einiges aufzuholen. Wieder aus Stams wegzugehen stand aber nie in Frage, weil ich nach der Eingewöhnungsphase allein im ersten Jahr schon so viele Fortschritte gemacht habe.
Die Entscheidung für Stams und damit eine Sportkarriere ist relativ bald zu treffen. Wie hat sich das für dich angefühlt?
Mir war das damals gar nicht so bewusst. Ich hab erst im Nachhinein gemerkt, dass das schwerwiegende Entscheidungen waren. Insofern war es vielleicht ganz gut, dass ich als 14 jähriger nicht viel darüber nachgedacht habe, ob das mit der Skisprungkarriere klappt oder nicht.
Große Entwicklung
Wie hat sich deine Karriere dann weiterentwickelt?
Nach dem ersten Jahr in Stams habe ich es bereits in den C-Kader geschafft. Das ist das Traumziel eines jeden Stams Erstklassler. Da darf man dann zur Einkleidung und ist in dieser Kader Trainingsgruppe, was natürlich schon einen gewissen Status hat. Ein Jahr darauf war ich dann auch schon im B-Kader. Dann hat auch keiner mehr überlegt, dass die Entscheidung fürs Skispringen nicht richtig gewesen wäre, weil ich auch einer derjenigen war, die die größte Entwicklung durchgemacht haben, während andere eher stagniert sind.
Die letzte Saison ist mit einem elften Platz in Bischofshofen und dem Sieg im Teamspringen am Holmenkollen ganz gut gelaufen. Wie zufrieden bist du selbst?
Natürlich erhofft und erwartet man sich immer mehr, weil man das eigene Potential kennt, aber so einen richtig perfekten Wettkampf hat man einfach ganz selten. In der letzten Saison hat schon sehr viel zusammengepasst, aber es gibt noch sehr, sehr viel Arbeit.
„Man denkt nicht nach, sondern springt einfach“
Im Skispringen gibt es auffallend viele Sportler, die, wie zum Beispiel Thomas Diethart (Vierschanzentournee-Sieger 2014 aus Niederösterreich), plötzlich in der Versenkung verschwinden. Wie kannst du dir dieses Phänomen erklären?
Das ist im Skispringen sicher extrem, ja. Solche Sachen kann man auch nicht wirklich erklären – auch Diddl selbst nicht. Genauso wenig weiß er aber, was er bei seinem Sieg der Vierschanzentournee so besonderes gemacht hat. Während der gesamten Tournee ist man in so einem Flow, da denkt man nicht nach und springt einfach. Bei Diddl kommt natürlich noch dazu, dass er zweimal wirklich heftig gestürzt ist. Grundsätzlich müssen solche Erfolgsläufe aber einfach passieren.
Einmal ein Weltcupspringen gewinnen
Die nächste Saison beginnt im November, ist also nicht mehr allzu weit weg. Was hast du dir vorgenommen?
Ich möchte einfach im Weltcup gut springen und mich etablieren. Nur dabei zu sein ist definitiv zu wenig. Ich orientiere mich Richtung Top Ten und will ein paar Mal gut anschreiben. Das allgemeine Ziel ist es auf jeden Fall, einmal ein Weltcupspringen zu gewinnen.
zur Person:
Der Oberkappler Markus Schiffner, geboren am 5. Juni 1992, springt als Mitglied des A-Kaders des ÖSV regelmäßig im Weltcup. 2011 wurde er mit dem Team in Estland Juniorenweltmeister und 2012 im Teambewerb Staatsmeister. Im Continental Cup war er 2013 in Lillehammer und 2014 in Frenstadt im Einzel siegreich. Seine besten Ergebnise im Weltcup erzielte er beide in der vergangenen Saison: einen elften Platz in Bischofshofen und einen Sieg im Teamspringen am Holmenkollen.
Wer ihn live erleben will, hat dazu am 1. Oktober beim Sommergrandprix in Hinzenbach Gelegenheit. Die Gesunden Gemeinden Neustift, Oberkappel, Hofkirchen und Pfarrkirchen sowie der Elternverein der NMS Hofkirchen organisieren eine Busfahrt. Infos und Anmeldung: Tel. 0660/718 5670 (Wolfgang Weiß). Außerdem ist Markus Schiffner am Montag, 30. Oktober, um 20 Uhr für einen Vortrag zu Gast im Gasthaus Froschauer in Hofkirchen (Eintritt: 5 Euro).
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