Der flinke Hase, der coole Wal: So wird Gewaltprävention schon in der Volksschule gelebt
OÖ/LINZ. Gängeleien, Streitereien, Raufereien gehören zum Kindsein, zum Aufwachsen. Die Ausmaße seien in den letzten Jahren teils aber extremer geworden, wissen Experten. Um möglichst früh präventiv anzusetzen, wird das erfolgreiche Lebenskompetenz-Programm „zusammenwachsen“ des Instituts Suchtprävention der pro mente OÖ um das Modul „Gewaltprävention in der Volksschule“ erweitert.
„Wie die jüngste Health Behaviour In School-Aged Children-Studie zeigt, war jeder zweite Schüler der 5. Schulstufe im Schuljahr 2021/22 an einer Rauferei beteiligt. Etwa jeder/jede Achte wurde Mobbingopfer“, so Christoph Weger, HS-Professor für empirische Bildungsforschung. „Die Wurzeln von Gewalt und Mobbing finden sich aber nicht in der Sekundarstufe, sondern viel früher. Deswegen ist es wirklich wichtig, bei der Prävention früh anzusetzen, nicht erst dann, wenn Probleme sichtbar werden“, so der Experte.
Auch in Oberösterreich ist man sich dessen bewusst. Daher wurde das erfolgreich laufende Lebenskompetenz-Programms „zusammen.wachsen“ des Instituts Suchtprävention der pro mente OÖ im Auftrag des Landes OÖ erweitert, um das Extra-Modul „Gewaltprävention in der Volksschule.“ Nach einem erfolgreichen Test an der Pilotschule St. Martin im Mühlkreis ist das Zusatzmodul nun für alle Volksschulen in Oberösterreich verfügbar.
„Spielerisch, ohne erhobenen Zeigefinger“
„Wir möchten möglichst bald beginnen, den Kindern das notwendige Rüstzeug zu vermitteln. Wir wollen ganz bewusst in der Volksschule ansetzen, um auf sehr niederschwellig Art und Weise – oft spielerisch, ohne erhobenen Zeigerfinger – eine Handreiche anzubieten, wie Kinder mit Konflikten umgehen können“, so LH-Stellvertreterin, Bildungs-Landesrätin Christine Haberlander (ÖVP).
Sie verweist dabei auch auf die mittlerweile starke Nutzung von digitalen Medien schon in jungen Jahren, „wo oft ein falsches Verständnis im Umgang mit Konflikten besteht. Und daher ist es wichtig, dass wir gerade auch in der Schule entsprechend sensibilisieren, aufklären.“
Rainer Schmidbauer, Leiter des Instituts Suchtprävention von pro mente OO erläutert die Details, das Programm richtet sich an den Volksschulbereich von der 1. bis zur 4. Klasse.
„Im Wesentlichen wird auf zwei Aspekte eingegangen. Die Selbstwahrnehmung – dort geht es darum: wie erkenne ich und wie kann ich meinen Körper gut spüren, was tut mir gut, was nicht, was will ich, was nicht, wo sind meine Grenzen – auch wenn es um das Thema Nähe, Distanz und Berührung geht.“ Klar „Stopp“ sagen und kommunizieren zu können, gehört hier dazu“, so Schmidbauer.
Das zweite Thema umfasst das Thema „Respekt vor anderen, Fairness im Umgang mit anderen. Und ganz zentral: Wie kann ich miteinander Herausforderungen angehen, insbesondere auch im Klassenformat, wo es um das Miteinander und nicht um das Gegeneinander gehen soll.“
Die Gewaltspirale lösen
Das Thema Gewaltspirale sei in diesem Zusammenhang auch ein wichtiges: „Wenn man sich Gewalt genauer ansieht, sehen wir oft Kleinigkeiten, minimale Missverständnisse, die hoch eskalieren in massiver körperliche Gewalt. Man muss erkennen, wie diese Gewaltspirale aussieht, was man dagegen tun kann, welche Strategien zur Verfügung stehen.“
Der flinke Hase, der coole Wal
Die Kinder sollen hier spielerisch aufgeklärt werden, dementsprechend werden Reaktions-Strategien symbolisch mit zum Beispiel dem „flinken Hasen“ veranschaulicht. „Was nichts Anderes heißen soll, als dass es manchmal geschickt ist, einfach wegzulaufen“, erläutert Schmidbauer.
Weitere Beispiele: „Manchmal geht es darum, Missverständnisse aufzuklären, da bin ich dann beim klugen Raben, manchmal geht es ums Ignorieren von Dingen, dann bin ich beim coolen Wal, und manchmal heißt es wirklich kämpferisch zu sein, dann bist du beim kämpferischen Stachelschwein“, erklärt er das zugehörige Unterrichtsmaterial für die Kinder. Und: „Es gibt nicht eine richtige Strategie, es geht um mehrere Strategien, die man adäquat einsetzen kann.“ So sei dieses neue Modul auch aufgebaut.
„Immer wieder darüber reden“
Für Oberösterreichs Bildungsdirektor Alfred Klampfer ist Schule „an sich ist ein Lebenskompetenzprogramm“. Prävention ist für ihn das wichtigste: „Immer wieder aufklären, immer wieder darüber reden, nichts tabuisieren, sondern die Kinder hinführen. Wenn sie ein Problem haben, dann reden sie mit uns, dann schauen wir, wie wir helfen können. Ich danke für dieses neue Programm, das sicher wieder gut angenommen wird.“
Unterstützt wird das Projekt von der Österreichischen Gesundheitskasse, die das Projekt gemeinsam mit dem Land OÖ cofinanziert.
Generelle Infos zum Präventionsangebot gibt’s auf der Plattform Gewaltprävention.
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