Verfassungsgerichtshof: Lockdown für Ungeimpfte und 2G-Regel rechtens
WIEN/OÖ/NÖ. Der erste „Lockdown für Ungeimpfte“ vom 15. bis zum 21. November 2021 im Rahmen der 5. Covid-19-Schutzmaßnahmenverordnung, sowie die 2G-Regel für bestimmte Orte, waren gesetzes- und verfassungskonform. Das stellte der Verfassungsgerichtshof (VfGH) in seiner März-Session fest. In der Gesamtbetrachtung seien die Ausgangsbeschränkungen verhältnismäßig gewesen, heißt es.
Eine Wienerin hatte die Sache vor den VfGH gebracht. Ihrer Meinung nach seien Lockdown für Ungeimpfte und 2G-Regel im Handel und in der Gastro sachlich nicht gerechtfertigt gewesen, da sich auch vollständige Geimpfte infizieren und andere anstecken können. Die Tatsache, dass getestete Personen Handel und Gastro nicht betreten durften, verstoße zudem gegen den Gleichheitsgrundsatz, so die Begründung der Wienerin.
Der VfGH sieht das anders: „Der Verordnungsakt dokumentiert die epidemiologische Lage und wissenschaftliche Erkenntnisse insbesondere über die damals vorherrschende Delta-Variante von Covid-19 bzw. über deren Inzidenz.“ Der damalige Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein habe Mitte November 2021 „vertretbarerweise annehmen“ können, „dass nicht immunisierte Personen sowohl ein deutlich erhöhtes Ansteckungs- und Übertragungsrisiko als auch ein deutlich erhöhtes Risiko eines schweren Krankheitsverlaufes haben, und die Ausgangsbeschränkung für nicht immunisierte Personen zur Verhinderung der Verbreitung von Covid-19 und der Überlastung des Gesundheitssystems geeignet war.“
Gerade im Hinblick auf das Grundrecht auf Privat- und Familienleben seien zudem zahlreiche Ausnahmen von der Ausgangsregelung vorgesehen; „die Ausgangsregelung war daher in einer Gesamtbetrachtung verhältnismäßig.“
Die Unterscheidung zwischen Geimpften und Genesenen einerseits und Personen ohne 2G-Nachweis – also etwa Getestete – andererseits habe auch nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen. “Das Covid-19-Maßnahmengesetz sieht vor, dass eine solche Ungleichbehandlung auf wissenschaftlich vertretbaren Annahmen über wesentliche Unterschiede in Bezug auf die Weiterverbreitung von Covid-19 beruhen muss. Dies war im Fall der 5. Covid-19-Schutzmaßnahmenverordnung nachvollziehbar gegeben. Der Gesundheitsminister handelte auch nicht unsachlich, wenn er die Durchführung von Tests für sich allein als nicht geeignet ansah, um die prognostizierte systemkritische Belastung des Gesundheitssystems abzuwenden.“
Nachtgastronomie: PCR-Testpflicht für Genesene war sachlich gerechtfertigt
Abgewiesen hat der VfGH auch einen im August 2021 eingebrachten Antrag, der gegen die Zugangsregelung für die Nachtgastro von 22. Juli bis 15. September 2021 galten, gerichtet war. Der Gesundheitsminister habe, so der VfGH, nachvollziehbar dargelegt, dass „innerhalb von Betriebsstätten der Nachtgastronomie aufgrund der anzunehmenden vermehrten Durchmischung eines vor allem jungen Publikums mit einer niedrigen Durchimpfungsrate epidemiologisch besonders ungünstige Verhältnisse herrschen.“
Weitere Beratung im April
Eine weitere Beratung im April wird es geben, dann zu Anträgen gegen die 6. Covid-19-Schutzmaßnahmenverordnung. Diesse sah einen längern Lockdown für Ungeimpfte und die 2G-Regel vor - von 12. Dezember 2021 bis 30. Jänner 2022.
FPÖ: „Krasse Fehlentscheidungen“
Scharfe Kritik an den Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs übte die freiheitliche Klubobmann-Stellvertreterin und FPÖ-Verfassungssprecherin NAbg. Susanne Fürst. „Für mich handelt es sich hier um mutmaßlich parteipolitisch motivierte Gefälligkeitsentscheidungen, um die Regierung vor den Folgen ihrer maßlosen, übergriffigen und grundrechtsfeindlichen Corona-Politik zu schützen“, so die Linzerin.
„Wenn sich der VfGH künftig bei der Prüfung der Verfassungskonformität von Gesetzen und Verordnungen auf eine pauschale Vertretbarkeitsprüfung zurückzieht, dann kapituliert er als höchste richterliche Instanz vor einer übergriffigen Regierung und läutet das Ende des Rechts- und Verfassungsstaats Österreich ein“, so Fürst.
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