Firmenpleiten in Oberösterreich: Höhere Schäden für Gläubiger, deutlicher Anstieg bei Privatinsolvenzen
OÖ/LINZ. Die Zahl der Firmen-Insolvenzeröffnungen steigt zwar, befindet sich aber immer noch unter dem Vorkrisenniveau aus dem Jahr 2019. Laut aktueller Hochrechnung*) des Kreditschutzverbandes (KSV) 1870 für das erste Halbjahr 2023 haben sich aber die vorläufigen Passiva um 175 Prozent auf 143 Millionen Euro erhöht. Die Privatinsolvenzen sind hingegen gleich um 14 Prozent gestiegen.
Wie die Zahlen des KSV1870 zeigen, sind im ersten Halbjahr 2023 in Oberösterreich 255 Unternehmen (minus 1,2 Prozent gegenüber 2022) von einer Insolvenz betroffen. Im Vorkrisenjahr 2019 wurden 305 Insolvenzen in Oberösterreich verzeichnet. Die bislang größte Firmenpleite in Oberösterreich betrifft den Linzer Anlagenbauer Hitzinger Electric Power GmbH - Tips hat berichtet - mit geschätzten Passiva von 29,7 Millionen Euro.
Schäden für die Gläubiger um 175 Prozent gestiegen
Mit 143 Millionen Euro Passiva* liegen die Auswirkungen der Insolvenzen des heurigen Jahres deutlich über dem Vergleichswert des Vorjahres von 52 Millionen Euro. Das bedeutet ein Plus von 175 Prozent. „Die Insolvenzen sind nun nicht mehr so kleinteilig wie zuletzt. Es bestehen höhere Verbindlichkeiten und auch die Anzahl der betroffenen Dienstnehmer ist gestiegen“ so Wögerbauer.
Insolvenztreiber: Handel, Bauwirtschaft und Tourismus/Gastronomie
Jene Branchen, in denen sich im ersten Halbjahr 2023 in OÖ die meisten Insolvenzen ereignet haben, sind
- Handel (58 Fälle)
- Instandhaltung und Reparatur von Fahrzeugen (58 Fälle)
- Bauwirtschaft (39)
- Tourismus/Gastronomie (36)
„Hohe Kosten und fehlendes Personal bilden einen gefährlichen Mix, der für viele Betriebe über einen längeren Zeitraum nicht zu stemmen ist. Die Insolvenzanmeldung ist oft der einzige Ausweg“, erklärt Wögerbauer.
Ausblick: Mehr Pleiten bis Jahresende erwartet
Beim KSV1870 geht man davon aus, dass sich die aktuellen Insolvenzentwicklungen fortführen. Abhängig sei diese jedoch auch weiterhin von den äußeren wirtschaftlichen Umständen und Herausforderungen, die die Betriebe gravierend belasten. „Mit Blickrichtung Jahresende liegen in Oberösterreich 530 Firmenpleiten im Bereich des Möglichen“, so die Einschätzung.
Privatinsolvenzen: Plus von 14 Prozent
Auch die Privatinsolvenzen hat der KSV1870 hochgerechnet: Im ersten Halbjahr 2023 wurden in Oberösterreich 686 private Pleiten gezählt – das entspricht einem Anstieg von 14,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Bei den vorläufigen Passiva* zeigt sich ein Anstieg der Verbindlichkeiten* um 23,5 Prozent auf 63 Millionen Euro. Das bedeutet durchschnittlich rund 92.000 Euro pro Schuldner. Zum selben Zeitpunkt des Vorjahres waren es 85.000 Euro.
„Es ist leider damit zu rechnen, dass sich die finanziell angespannte Lage für viele in Oberösterreich lebenden Menschen in den nächsten Monaten kaum bis gar nicht entspannen wird. Insofern müssen wir mit einer Zunahme bei den Privatkonkursen rechnen“, so Wögerbauer. Halte die Entwicklung bei den Privatinsolvenzen über einen längeren Zeitraum weiter an, erwartet der KSV1870 mit Blick Richtung Jahresende in Oberösterreich ein Ergebnis, das in etwa bei 1.500 eröffneten Privatinsolvenzen zum Liegen kommen könnte. Damit würden gegenüber dem Vorjahr um knapp 350 Fälle mehr zu Buche stehen und würde dies auch ein Allzeithoch in den seit 1995 eigens für Privatpersonen geschaffenen Konkurs- und Entschuldungsreglungen bedeuten.
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