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Hattmannsdorfer zu Integration: „Das Ziel muss ein Wir-Gefühl, ein Aufstiegsversprechen sein“

Tips Logo Karin Seyringer, 12.02.2024 18:07

OÖ/ANTWERPEN/MECHELEN. Wie kann Integration gut gelingen, wie können Zugewanderte besser in den Arbeitsmarkt integriert werden? Eine Frage, die ganz Europa beschäftigt. Integrations-Landesrat Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) war zum Austausch auf Delegationsreise in den belgischen Städten Antwerpen und Mechelen zu Gast. 

  1 / 5   Zu Gast in der Integrations-Organisation Atlas, Antwerpen: Landesrat Wolfgang Hattmannsdorfer, Volkshilfe OÖ-Geschäftsführerin Jasmine Chansri (r.) und eine Atlas-Mitarbeiterin (Foto: Land OÖ/Albert)

Fast 55 Prozent der Bevölkerung in der 540.000-Einwohner-Stadt Antwerpen haben Migrationshintergrund, 175 verschiedene Nationalitäten leben dort. Um für ein gutes Zusammenleben zu sorgen, hat sich Antwerpen mit der Organisation „Atlas“ einen „One-Stop-Shop“ als beispielhafte Anlaufstelle für Migranten geschaffen. Zugewanderte aus nicht EU-Ländern sind verpflichtet, sich bei der städtischen Agentur zu registrieren und ein Integrationsprogramm zu absolvieren. Alle anderen sind willkommen, aber nicht verpflichtet. Die Kunden werden von einem persönlichen Berater, der auch die jeweilige Muttersprache spricht, begleitet.

Hilfe zur Selbsthilfe

Werte und Normen, Sprachkurse, ein Wegweiser in den Arbeitsmarkt und soziale, ehrenamtliche Teilhabe an Aktivitäten – verpflichtend 40 Stunden – sind Teil des Programms, „um aus der eigenen Blase zu kommen, Leute kennenzulernen“, so Geschäftsführerin Sandy Peeters. „Wenn man nur eine Person kennt, die hier lebt, verdoppelt sich die Quote bei Integration etwa am Arbeitsmarkt“, erzählt sie. Das Credo: Hilfe zur Selbsthilfe. „Wir wollen nicht die Probleme lösen, sondern helfen, dass Neuankommende das selbst tun können.“

Wird der Teilnahme am Programm allerdings nicht nachgekommen, wird sanktioniert. Oberösterreich versuche hier einen ähnlichen Weg zu gehen, mit der Einführung der Deutschpflicht, „alle Zahlen bestätigen, dass wir richtig liegen.“

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Gerade dem verpflichtenden sozialen Engagement für Zugewanderte kann Landesrat Hattmannsdorfer einiges abgewinnen: „Das ist spannend: Ich halte es für absolut richtig, dass Neuankömmlinge auch einen Beitrag leisten zum Gelingen der Gesellschaft.“ Es müsse aber auch immer die Hand gereicht werden: „Jene, die eine Perspektive haben, bleiben zu können, müssen wir möglichst gut begleiten, da haben wir Herausforderungen, das können wir aus Belgien mitnehmen.“

Mechelen: „Akzeptieren keine Diskriminierung und keinen Rassismus, aber auch kein kriminelles Verhalten“

Teil der Delegationsreise war auch die Teilnahme an der Konferenz der europäischen Integrationsminister, ausgerichtet von Mechelen mit Bürgermeister Bart Somers. Mechelen hat sich von der verrufenen Problemstadt zum Integrationsvorzeigebeispiel entwickelt. Die Linie: konsequentes Vorgehen bei Regelverstößen, gleichzeitig präventive Integrationsangebote. Schon 2023 war Hattmannsdorfer bei Bart Somers zu Gast, um sich über dortige Projekte zu informieren.

Jugendliche, die sich nicht an die Regeln halten wollten, wurden zum Beispiel genau kontrolliert, auch bestraft, „wenn nur ein Autoscheinwerfer nicht ordentlich eingestellt war oder er schräg statt über den Zebrastreifen über die Straße gelaufen ist. Nach einer Woche haben sie es eingesehen, sind zu uns gekommen und wollten einen Neustart“, erzählt Somers. Für ihn ist aber klar: „Wir sind stolz auf unsere Diversität, wir sind keine Stadt der Communitys, sondern eine Stadt für alle Bewohner. Wir akzeptieren keine Diskriminierung und keinen Rassismus, aber auch kein kriminelles Verhalten.“

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Anregungen von damals sind in Linz in Umsetzung: „Die Neugestaltung Volksgarten ist eine Idee, die in Mechelen praktiziert wird: Nicht nur über Randgruppen reden, sondern sie in die Gestaltung des öffentlichen Lebens einbinden.“

EU-Integrationsfonds für regionale Projekte gewünscht

Hattmannsdorfer, eingeladen bei der Konferenz am Podium zum Thema „Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt“ zu diskutieren, forderte dabei, dass das Thema Integration ganz nach oben auf der Agenda der EU wandern müsse. Die Diskussion dürfe nicht auf Migration beschränkte werden, sondern müsse auf Integration erweitert werden.

Um die einzelnen Regionen in der Integration mit Sprachvermittlung und Arbeitsmarktqualifizierung zu unterstützen, schlägt er einen eigenen Europäischen Integrationsfonds für lokale Integrationsprojekte vor. Der schon bestehende Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) ist nicht direkt für Regionen und Gemeinden zugänglich.

Bestärkt fühlt er sich nach dem Austausch mit Amtskollegen, darunter Schwedens Arbeits- und Integrationsminister Johan Pehrson und Sofia Voultepsi, Deputy Minister für Mitgration und Asyl Griechenland, auch in seinem Zugang: „Wir müssen klar kommunizieren, dass unsere Regeln und Gesetze keine Empfehlungen sind, dass wir Deutsch, Arbeit und Respekt einfordern. Gleichzeitig müssen wir Angebot schaffen und Perspektive geben, dass mit Fleiß und Engagement bei uns alle Wege offenstehen.“ Das Ziel der Integrationspolitik müsse ein „Wir-Gefühl, ein gemeinsames Verständnis von Gesellschaft und ein Aufstiegsversprechen“ sein.


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